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Siri für alle, Abos im Appstore: was Apple plant

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Letzte Woche fand in San Francisco mit der WWDC die jährliche Entwicklerkonferenz von Apple statt. Stets werden dort die aktuellen Neuigkeiten aus der Produktwelt vorgestellt und die Weichen für das nächste Jahr der Software-Entwicklung gestellt. Was erwartet Nutzer und Kunden des Apple-Ökosystems? Auf welche Innovationen können sich App-Entwickler und Content-Anbieter einstellen? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Trends der WWDC:

Traditionell beginnt die WWDC stets mit einer längeren Keynote, in der quasi im Schnelldurchlauf alle News für die mittlerweile vier Betriebssystem-Plattformen von Apple vorgestellt werden. Im Vorfeld lief natürlich die Gerüchteküche heiß und selbstverständlich brannte das Produktmanagement 2 Stunden lang ein Feuerwerk von großen und kleinen Innovation ab. Im Fokus stand vor allem das im Herbst erscheinende iOS 10, aber auch die anderen Plattformen für Desktop, Smartwatch und Fernseher kamen nicht zu kurz. Für eine schiere Aufzählung der neuen Features und Funktionen möchte ich gerne auf die hervorragende Zusammenfassung von Wired verweisen – im Nachgang erscheinen mir die grundlegenden Trends der Entwicklung bei Apple spannender:

Vernetzung der Hardware-Plattformen

In der Präsentation wird sehr viel deutlicher als sonst, wie sich Apple mit iOS, dem frisch neu gelabelten macOS, watchOS und tvOS mittlerweile als Anbieter von vier parallelen Betriebssystem-Plattformen mit jeweils eigenen Appstores und eigener Entwicklungsstrategie versteht. Und sehr viel mehr als früher werden die verschiedenen Geräte nun auch per Software miteinander verzahnt:

Das beginnt bei relativ einfachen und naheliegenden Möglichkeiten wie der Verwendung des iPhone als Fernbedienung für tvOS-Apps (natürlich mit entsprechenden Companion-Apps für iOS und Siri für die Sprachsteuerung des ganzen), geht über geräteübergreifendes Copy & Paste zwischen macOS/iOS und reicht bis zur komplexen Integration mit der Verwendung von Apple Pay zum Bezahlen im Netz am Desktop, bei dem die Authentifizierung dann aber wieder über TouchID auf dem iPhone erfolgt.

Natürlich werden nur reinrassige Apple-User an diesen Features ihre Freude haben, aber wenn man die Fallbeispiele aus der WWDC-Keynote weiter denkt, sind hier viele nützliche Use Cases vorstellbar. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist wie immer: Noch mehr Daten in einem einzigen Ökosystem, noch mehr Lockin-Effekt für den Kunden – und dass auch die Apple-Ingenieure diese Systeme wirklich so sicher halten können, wie man sich das wünscht, will man am Ende auch nicht immer so recht glauben.

Und so schön die „Continuity“ genannte Integration von macOS und iOS in der Praxis auch sein mag: iCloud-Drive dafür de facto zum Standard der Datenspeicherung zu machen (inklusive automatischer „intelligenter“ Löschfunktion), ist für jeden ein Angst-Szenario, der schon einmal mit Apples bekannter Unfähigkeit konfrontiert war, halbwegs verlässliche Sync-Algorithmen zu programmieren…

 

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Bezahlen im Internet über Apple Pay am Notebook, Authentifizierung am iPhone über TouchID: so stellt sich Apple geräteübergreifende Synergien vor. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Vernetzung der Apple-Anwendungen und Dienste

Was ebenfalls an vielen Stellen des Apple-Universums auffällt, ist die immer stärkere Vernetzung der eigenen Anwendungen und Dienste untereinander: Nahezu an allen Stellen, an denen etwas bezahlt werden könnte, liegt ApplePay als Bezahlsystem darunter. Die Siri-Engine beherrscht mittlerweile sehr viel mehr als nur Sprachsteuerung und dient mittlerweile auch zur Kontexterkennung in vielen anderen Apps, bei denen sie für intelligentere Nutzerführung eingesetzt wird, zum Beispiel für Antwort- und Phrasen-Vorschläge in Messenger-Apps. Egal ob es um Kontakte/Termine, Messaging, Mails, die Maps-Anwendung oder die Foto-App geht: an fast allen Stellen wird über versteckte KI versucht, dem Nutzer genau die Informationen zur Anwendung zu geben, die er wahrscheinlich braucht.

Gelegentlich nimmt das auch etwas erschreckende Züge an: Die Foto-App beherrscht zukünftig auch Gesichtserkennung und ist auf dieser Basis zusammen mit Geotagging, Bild-Metadaten und Transaktions-Analyse in der Lage, nicht nur Bilder nach Personen, Orten und Bildinhalten zu ordnen, sondern auch zu sogenannten „Memories“ zu vernetzen – die natürlich direkt auf der sozialen Vernetzung des Benutzers basieren.

Hoffen wir nur, dass die persönlichen Daten dazu dann auch wirklich auf dem Gerät bleiben. Aber die gezeigten Fallbeispiele wie Buchungsmöglichkeit für Restaurants und Uber-Chauffeure direkt aus der Maps-App heraus machen natürlich so augenfällig Sinn, dass sich mit Sicherheit große Teile der Nutzer für Convenience und gegen Datenschutz entscheiden werden.

 

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Vernetzung galore: die Messenger-Apps bekommen eine gemeinsame Schnittstelle. Damit behandelt iOS in Zukunft Telefonanrufe und Nachrichten der Messenger auf Systemebene gleich – wie hier auf dem Lockscreen. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

iOS als Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen

Mit iOS 10 wird Apple auch immer mehr zur Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen: Begonnen hat diese Entwicklung mit HealthKit als zentraler Anwendung und API für Fitness- und Gesundheits-Apps. Und die logische Fortsetzung folgt nun mit HomeKit – damit stellt Apple eine ähnliche Plattform für die Steuerung von Smart-Home-Geräten vor. HomeKit ist sozusagen die vollintegrierte Fernbedienung für das gesamte smarte Haus – Siri zur Steuerung mal wieder inbegriffen.

Ähnlich intelligent ist die Einbindung der diversen verbreitetenden Messenger-Anwendungen auf System-Ebene gehalten: Über eine einheitliche Schnittstelle ist iOS nun in der Lage, z.B. einen Anruf per Telefon und einen Skype-Call für Funktionen wie die Lockscreen-UI identisch zu behandeln und erst beim Abnehmen in die eigentliche App durchzustellen. In dieselbe Richtung geht die Tatsache, dass die meisten zentralen System-Apps und Siri nun auch als Entwicklungsumgebung für Drittanbieter-Dienste und Apps genutzt werden können: Überall da, wo Konkurrenz nicht einzudämmen ist (und Apps wie der iOS-Messenger trotz noch so viel Weiterentwicklung einfach von kaum jemandem genutzt werden), baut Apple sozusagen die Integrationplattform drum herum auf. Der Vorteil: Die Kundenbindung bleibt damit bei Apple.

 

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Mit HomeKit wird iOS zu Universal-Fernbedienung für das smarte Heim. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Das Medien-Echo

Die einschlägigen Tech-Blogs kommentierten die News von iOS 10 bisher zurückhaltend bis enttäuscht, denn klar ist: die ganz großen Überraschungen und Sensationen hatte die WWDC nicht zu bieten. Aber die Bewertung von The Verge mit „renovation over innovation“ trifft es ganz gut: Anstelle von großen Innovationen betreibt Apple Produktpflege im Detail, verfolgt aber auch konsequent einen Ökosystem-Ansatz, bei dem das Ganze eben mehr ist als die Summe seiner Teile. Und in den heutigen Zeiten macht dieser Ansatz ausgesprochen Sinn.

Aber ein Wunsch aus der Entwickler-Community wird wohl vorerst unerfüllt bleiben:

 

Appstore 2.0? Was sich für Entwickler und Content-Anbieter tut:

Eine große Neuerung wurde bereits im Vorfeld der WWDC kommuniziert, auf der Keynote dann aber mit keinem Wort erwähnt: Nach 8 Jahren Appstore wird mit den nun möglichen Abos ein neues Geschäftsmodell weiträumig ausgerollt. Entwickler haben nun in allen App-Kategorien die Möglichkeit, ihre Kunden langfristig durch Abonnements zu binden und Apps so ganz anders zu monetarisieren. Dazu kommt, dass bei Laufzeit über einem Jahr Apple auf einen Teil seines Erlöses verzichtet und dem Entwickler danach 85% der Umsätze überlässt – damit kommt der aus dem Zeitschriften-Bereich bekannte Faktor der Abo-Haltbarkeit zu neuen Ehren.

Zusammen mit geplanten Verbesserungen bei der Prüfung von Apps und bei Suche/Kategorisierung im Appstore – beides dringend nötige Veränderungen – soll das Geschäft im Appstore so neuen Schwung bekommen. Und das tut not, denn trotz der präsentierten Umsatzzahlen im Appstore kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass hier aktuell eher Katerstimmung angesagt ist: Den wesentlichen Teil dieser Umsätze machen wenige Anbieter aus dem Spielebereich – und wer nicht Uber oder Snapchat heisst, hat es schwer im Appstore.

Aber auch für Content-Anbieter tut sich etwas: Auch bei Apple News gibt es in Zukunft konsequenterweise Abo-Modelle – und der hausinterne Kanal für News-Anbieter wird zusätzlich über eigene Push-Notifications für „breaking news“ inklusive Video-Feed aufgewertet und mit Apple Pay als Bezahlweg unterfüttert. Nach dem eher daneben gegangenen Versuch mit dem Newsstand versucht Apple damit also, Zeitungs- und Zeitschriften-Anbieter weiter im Boot zu halten.

Für Entwickler inbesondere interessant dürften die vielen neuen Schnittstellen sein, die Apple mit iOS 10 einführt: von der Verwendung der Siri-API bis zu den vielen Apple-Apps, die nun Drittanbieter-Plugins zulassen, bis hin zu den zentralen Hubs für Gesundheits-, Smart-Home- und Messenger-Apps – hier kommen viele wirklich attraktive Funktionen neu ins System.

 

Fazit

Apple hat mit iOS 10 wahrlich keinen revolutionären Neuentwurf vorgelegt – aber eben doch mehr als nur Produktpflege im Detail: Mit der auf vielen Ebenen umgesetzten Vernetzung von Content und Funktionen und mit der Interoperabilität seiner vielen eigenen Dienste liegt das Unternehmen genau im Trend der Zeit. Denn erst wenn es nicht nur viele Angebote gibt, sondern diese auch alle untereinander nahtlos kommunizieren können, ergibt sich die Dynamik, durch die das Ganze mehr wird als die Summe seiner Teile.

 

 


Nutzerverhalten – was die digital facts der AGOF aufzeigen

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Die AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung) hat mit ihren digital facts 2016-2 wieder den aktuellen Stand veröffentlicht zur Nutzung digitaler Medien. In wesentlichen Teilen werden hier die Trends der letzten Jahre bestätigt. Und es ist eine Bestätigung für alle, die crossmediale Angebote entwickeln, mobile first denken und die Sichtbarkeit ihrer Produkte im Netz durch ein Bündel an Maßnahmen zu verbessern suchen. Zusammenfassend lässt sich das Folgende festhalten.

  • Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen.
  • Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen der Grund sein, denn ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher.
  • Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (ab wann leistet man sich mehrere Geräte).  Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten.
  • e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten.
  • Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.
  • Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden.
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Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen. Signifikant ist, dass eine ausschließliche Nutzung nur stationärer oder nur mobiler Geräte kaum eine Rolle spielt und dass stationäre Angebote für die Bevölkerung ab 50 nach wie vor sehr wichtig sind.

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Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen (ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher). In absoluten Zahlen holt die Zielgruppe 50+ jedoch deutlich auf und ist auch im Netz der Jugend überlegen.

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Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (man leistet erst ab einem gewissen Einkommen mehrere Geräte). Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten. Auch hier zeigen sich die Effekte der Bevölkerungspyramide: Viele ältere Bürger bewegen sich nicht mehr ins Netz und Randgruppen der Gesellschaft ohne Einbindung in die Aus- und Weiterbildung sind überdurchschnittlich weniger im Netz.

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e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten. Früher undenkbar: Auch hochsensible Daten werden online verwaltet, wie am Beispiel Banking deutlich wird. Dass Filme ansehen und der Austausch in den sozialen Netzwerken wichtig ist, versteht sich von selbst.

agof 2016 nutzung nach alter

Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.

agof 2016 gesuchte produkte

Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden. Amazon hat bewiesen, dass Bücher wichtig sind im eigenen Portfolio und der Ausgangspunkt für viele weitere Angebote.

 

 

 

 

Mobile Publishing: Update Juni 2016

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Von eBooks bis zu den Methoden der Zusammenarbeit bei Facebook – die Bandbreite der Themen ist wieder groß in diesem Update. Und die Debatten um die Zukunft der Medien reißen nicht ab. Das ist gut so und wichtig. Die Tech-Giganten setzen auf den Bildungsbereich und das heißt in anderen Worten: Wie wollen wir die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten, von den Schulen bis zu den Universitäten, vom „lebenslangen Lernen“ bis zur Weiterbildung in Unternehmen? Das geht uns alle an, unabhängig von Geschäftsmodellen aus dem Silicon Valley. Lassen Sie uns dranbleiben.

Das richtige Produkt entwickeln

Innovation im eBook-Bereich? Nach einigen Jahren der hochdynamischen Diskussion stehen die Zeichen bei der Produktentwicklung für eBooks eher auf Stagnation. Warum es gar nicht so einfach ist, innovative Produkte zu entwickeln und welche Rolle die großen Ökosysteme dabei spielen, zeigt Teleread in einem aktuellen Beitrag. Und doch lohnt auch ein Blick auf die unermüdliche Vordenker wie Joe Wikert, die solche Themen weiterdenken, zum Beispiel in seinen Artikel über die Aufwertung von eBooks mit Indizes, Verzeichnissen und Suchmöglichkeiten. Ute Nöth gibt dazu in ihrem Interview „New narrative forms in the digital age“ einen hervorragenden Überblick, zeigt aber auch auf, dass es neue Formen wahrlich nicht leicht im Markt haben.

Mit Kundendaten Produkte entwickeln: Auch wenn der Ansatz erst langsam in der Buchbranche ankommt – in allen Bereich der Online-Ökonomie hat sich gezeigt, dass Kundendaten bares Geld wert sind, wenn sie in der Produktentwicklung nutzbar sind. Justo Hidalgo von 24symbols bricht dazu bei TISP smart book eine Lanze für den Einsatz von Data Science in der Buchbranche. Den Ansatz von Jellybooks zur Nutzung von Analytics im eBook hatten wir bereits vor einiger Zeit in einem Artikel vorgestellt. Und auch beim Kauf von Pronoun durch Macmillan dürften die hier aggregierten Kundendaten und ihre Nutzung nicht die geringste Rolle gespielt haben.

 

So entwickelt sich der Markt

Buch- und eBook-Markt – hier und anderswo: Von Nielsen Book Research kommen aktuelle Zahlen zum Buchmarkt in den USA und UK – wie stets mit Trends, die sich natürlich nicht 1:1 auf unseren Markt übertragen lassen, die einem an einigen Stellen aber doch zu denken geben sollten. Jane Friedman steigt dazu noch tiefer in die Materie ein und entlarvt aktuelle, populäre Mythen – zum Beispiel den von der Renaissance des Print im englischsprachigen Markt. Ergänzend dazu nimmt sich Vearsa der Frage an, warum gerade Apple und Google so relativ unerfolgreich im eBook-Markt agieren.

Spezialist für den weltweiten Marktvergleich ist Rüdiger Wischenbart – bei der Frankfurter Buchmesse gibt es sein Whitepaper „The Business of Books 2016“ zum kostenlosen Download, mit vielen Insights zu internationalen Buch- und eBook-Märkten. Und unsere eigene Einschätzung zum eBook-Markt in Deutschland, zum Digitalen Lesen und zu Selfpublishing haben wir aktuell in Überblicksartikeln zusammengefasst.

 

Internet Trends 2016: Jedes Jahr gibt die Analystin Mary Meeker von der VC-Agentur KPCB eine stets lesenwerte Zusammenfassung ihrer Sicht auf die Marktentwicklung im Online-Business. Die „Internet Trends 2016“ sind ein 213-Slides-Schwergewicht, randvoll mit Zahlen, Trends, Analysen:

 

 

Die Technologien zur Umsetzung

Web-Typografie für alle: Seit den Frühzeiten des Web hat sich auch der handwerklich gute Einsatz von Schrift für Produkte deutlich weiterentwickelt – Web-Typografie ist mittlerweile zur eigenständigen Gestaltungs-Disziplin geworden, und so müssen eBooks, Apps und Web-Anwendungen auch nicht mehr mit der Ästhetik stalinistischer Plattenbauten daher kommen. Die Web-Plattform „Typography Handbook“ gibt zu diesem Thema einen breiten Einstieg für alle Web-Designer, die sich schnell das wichtigste Handwerkszeug aneignen wollen.

Der Longread „Typography for User Interfaces“ des finnischen Designers  Viljami Salminen nimmt sich der Schnittstelle von Gestaltung und Usability in der Anwendungs-Entwicklung an und zeigt Best Practise in diesem Bereich. Und von Monotype kommt als kostenloses eBook-PDF ein Ratgeber zum Font-Einsatz in Mobile-Apps.

Apple, Apps und kein Ende: Auch wenn Apple gerne markige Umsatzzahlen seines App-Store verkündet, in letzter Zeit ist die Katerstimmung unter den App-Anbietern nicht zu übersehen. Zwar sind die Rufe vom „Tod der Apps“ wohl doch etwas übertrieben, aber klar ist dennoch, dass die Marktplätze der mobilen Ökosysteme große strukturelle Probleme haben. Mit iOS 10, das auf der aktuellen WWDC-Konferenz von Apple vorgestellt wurde, soll sich hier vieles ändern:

Wie wir auch in unserer Zusammenfassung gezeigt haben, soll vor allem das Abo-Modell großflächig ausgerollt werden und die Trendwende für einen App-Store im Umbruch bringen. Die Reaktionen aus dem Markt sind gemischt: Während das Fortune Magazine sich etwa extrem skeptisch zeigt, sieht Tech.pinions iOS gar immer noch als die „Laufzeitumgebung für Innovation“ und als Schrittmacher der technischen Entwicklung im Mobilbereich insgesamt. Analyst Benedict Evans dagegen sieht die Künstliche-Intelligenz-Forschung als den zentralen Bereich, in dem sich der Wettbewerb von Google und Apple in der nächsten Zeit entscheidet – man darf gespannt bleiben.

 

Das ist die Zielgruppe

Wie verhalten sich die Menschen online? Obwohl wir mittlerweile soviel mehr Analyse-Tools für Tracking, Datenerfassung und Analytics besitzen, kommen doch ständig neue Studien zum sich wandelnden Kundenverhalten heraus. Die Trendstudie „Mediennutzung und Kommunikation in Deutschland 2016“ des Marktforschungsinstituts Heute und Morgen wird aktuell bei Mobile Zeitgeist zusammengefasst. Die stets lesenswerten „Digital facts“ der Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung haben wir jüngst in einem eigenen Artikel vorgestellt. Und von der Digital-Agentur Global Media Insight kommen regelmäßig aktuelle Nutzer- und Nutzungszahlen für die sozialen Netzwerke – hier direkt beim Anbieter als englische Infografik oder in der deutschen Zusammenfassung beim Look@IT-Blog der Wirtschaftswoche.

 

Die Umsetzung

Responsivität weiter gedacht: Eine der großen Vordenkerinnen im Bereich Responsive Design und Content-Strategien ist Karen McGrane. Im Interview bei Mobile Zeitgeist zeigt sie ihre aktuelle Sicht auf Content-Design, Produktentwicklung und Online-Strategie – immer wieder eine Lektüre wert.

Teamwork im 21. Jahrhundert: Wie könnte man das Teamwork der vielen Leistungsträger und High Potentials im Unternehmen optimieren, das hat sich Google gefragt. Und hat in einem zweijährigen, interdisziplinären Projekt eine Vielzahl von Spezialisten, aber auch das ganze Big-Data-Arsenal der Firma auf dieses Thema losgelassen. Der Longread „What Google Learned From Its Quest to Build the Perfect Team“ aus der New York Times zeigt das Ergebnis: Die genaue personelle Team-Zusammensetzung spielt für die Teamleistung fast keine Rolle – erfolgsentscheidend sind dagegen gleichberechtigte Team-Kommunikation auf Augenhöhe und emphatische Kommunikation der Beteiligten. Eigentlich sehr schön, dass sich diese klassischen zwischenmenschlichen Faktoren auch empirisch bestätigen lassen.

Wie Facebook Produkte macht: Man kann gegen Facebook sagen, was man will – aber ohne Zweifel wird hier Online-Produktentwicklung auf allerhöchstem Niveau betrieben. Mit welchem methodischen Framework Facebook dabei arbeitet, zeigt Julie Zhuo, Vice President of Product Design, in einem Artikel auf Medium: In Checklisten-artiger Form stellt sie dar, wie Rahmenbedingungen, operative Ausführung, Erfolgsmessung und Teamdynamik gehandhabt werden – eine schöne Vorlage, die man im Business Development gerne einmal mit dem eigenen Produktentwicklungs-Prozess vergleichen kann.

Die Zukunft wartet nicht: Weit über den Rahmen der Medienbranche hinaus dagegen weist der außerordentlich lesenswerte Essay „Digitaler Wandel: Kampf der Skeptiker gegen Visionäre“ in der SZ: Er stellt zu recht fest, dass die aktuelle Diskussion über Digitalisierung „zwischen Ideologie und Ratlosigkeit feststeckt“ und rät stattdessen zu Offenheit und breiter Auseinandersetzung mit den Zukunftsthemen. Denn:

Es geht dabei nicht um die Frage: Hältst du das Internet für gut oder schlecht? Sondern darum: Wie sollte unsere Gesellschaft aussehen, wenn wir die Digitalisierung als unumkehrbar akzeptieren? Die Einfallslosigkeit, mit der nach Antworten gesucht wird, spiegelt sich bislang in der Digitaldebatte wieder. Es ist an der Zeit, das zu ändern: Die Zukunft wartet nicht.

In diesem Sinne wünschen wir wie immer eine anregende Lektüre!

 

Können Frauen überhaupt programmieren?

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Bildung möglichst vielen zu ermöglichen, das gehört zu den großen Errungenschaften unserer Zeit. Frauen über Bildung einen Zugang zur Gesellschaft zu geben ist ein wichtiges Gut, das noch gar nicht so lange mehrheitsfähig ist. Selbst volkswirtschaftliche Gründe sprechen dafür, denn in einer Informationsgesellschaft sind kommunikative Fähigkeiten entscheidend, viel wichtiger als Kraft und Stärke. Dazu gehören Empathie genauso wie semantische Analyse, das Verständnis von Kontext ebenso wie die Interpretation von Content. Verständlich, dass im Durchschnitt die Frauen die besten Noten haben an den Schulen und ihre Chance ergreifen. Aber in der Techbranche, dem Motor unserer Zeit, im Silicon Valley, sind Frauen und Farbige kaum vertreten. Warum?

Ein schönes Beispiel dafür ist „Girls who code“ – eine Kampagne für mehr Frauen in der IT-Wirtschaft: Sie spielt mit den Vorurteilen gegenüber Frauen als Programmiererinnen – und zwar so direkt, als ob man pubertierende Jungs ansprechen müsste. Wahrscheinlich ist das auch oft der Fall.

 

 

Am Thema Frauen als Führungskräfte (hier eine Studie von Fernwick über Frauen im Silicon Valley) dürfte die Branche noch so lange zu knabbern haben wie alle anderen auch: Sexismus und Seilschaften, geringere Bezahlung und Geschlechterrollen, das lässt sich nicht schnell ändern. Um das Thema Technologie und Programmieren kümmern sich die Firmen mittlerweile.

Sie haben erkannt, dass man das Potenzial von Frauen nutzen sollte, will man im Kampf um die besten Programmierer nicht immer nur die Konkurrenz abwerben. Und Firmen mit einer heterogenen Belegschaft können erwiesenermaßen flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen. Dazu gehört auch, dass Programmieren aus der Höhle der Nerds, der Pizzas mit Bier und zotigen Witzen gezerrt wird. Informatik ist mehr und dann auch für Frauen interessant, aber das muss man auch in früher Jugend schon vermitteln.

Spannend an dieser Entwicklung ist dabei auch, dass die IT-Kultur noch nicht immer so stark männlich dominiert war: Ganz im Gegenteil, am Anfang der Informatik gab es sogar relativ viele bekannte Frauen in der Software-Entwicklung, die an vielen Stellen die Grundlagenarbeit geleistet haben. Der Umbau der Soziodemographie in der IT erfolgte letztlich erst im Laufe der 80er Jahre, als sich die Tech-Industrie mit ihrem breiten Erfolg auch ökonomisch stark veränderte.

Insofern ist es gut und hilfreich, dass sich immer mehr Initiativen nicht mehr mit dem verbreiteten Narrativ vom männlichen Tech-Nerd als einziger Evolutionsstufe in der Software-Entwicklung abfinden wollen. Fiona Krakenbürger hat dazu auf der diesjährigen Direttissima-Konferenz einen viel beachteten Talk gehalten:

 

 

Und so schwierig ist es letztlich auch inhaltlich nicht, Programmierung so zu vermitteln, dass das Thema für alle Bevölkerungsgruppen, Geschlechter und Subkulturen relevant wird: Wird das Programmieren als Sprache verstanden, als Sprache mit eigenen Regeln und greifbaren Ergebnissen, dann lassen sich auch Lateinschülerinnen, Linguisten und Kommunikationswissenschaftler begeistern. Und ein Verständnis für die Basis von Softwarefirmen zu haben, das kann nie schaden.

 

programmieren apple

Programmieren wird sexy. Mit Swift Playgrounds versucht sich Apple an einer gefälligen, intuitiven Bedienung mit einer Oberfläche, die auch all die anspricht, die mit sonst nicht so viel am Hut haben. Jugendliche können so besser angesprochen werden und die Möglichkeiten des Programmierens erkunden. Dass Apple hier handfeste eigene Interessen verfolgt und Programmierer für die eigenen Sprachen ausbilden will, ist das eine. Und deshalb sind derartige Initiativen nur begrenzt sinnvoll für die Ausbildung. Dass Apple aber mit derartigen Programmen auch Standards für die Vermittlung an Jugendliche setzt, die bald von vielen anderen auch aufgegriffen werden, das ist der positive Effekt.

 

Apples iTunes U ist schon lange bemüht, die Apple Hardware in die Schulen zu bringen, mit Hilfe von iBooks author und anderen kostenlosen Diensten im Schlepptau. Mit Swift Playgrounds sollen die Kinder sogar spielerisch zum Programmieren gebracht werden, um auch für genügend Nachwuchs zu sorgen und auch junge Frauen zum Programmieren zu bringen. Einziges Hemmnis hier ist die stark besetzte Marke von Apple im hochpreisigen Segment, so dass der Slogan „Bildung für alle“ nicht mit Apple verbunden werden kann.

Mit Google Docs und YouTube ist Google schon lange bei den Lernenden präsent. Aber ähnlich wie Apple scheint sich auch Google Sorgen zu machen um den Programmier-Nachwuchs und bietet mit Project Bloks eine Plattform für Jugendliche, die Hardware und Software verknüpft. Programmierung wird im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. So wie auch ein Stift die Lichter zum Glühen bringen können.

 

google coding

Project Bloks ist eine Initiative von Google, die Programmierung haptisch spürbar macht. Es ist eine einfach gestaltete „Werkzeugumgebung“. Einmal damit vertraut gemacht, können die Kinder selbständig Lösungen entwickeln. Sie erkennen die Zusammenhänge von Soft- und Hardware und wo sie was verändern können. Hatten Generationen vor ihnen die Jugendlichen noch gelernt, wie man einen Ölwechsel am Auto macht oder einen Platten am Fahrrad repariert, wachsen hier die Spezialisten des Google Cars heran.

 

Ähnliches wird im Programm Open Roberta vom Fraunhofer Institut mit der Förderung des BMBF versucht, Initiativen der BITKOM (hier geht es zu einer umfassenden Broschüre zu MINT-Studiengängen für Frauen) oder bei den Digital Media Women. Der Nachwuchs wird umworben. Und das ist auch bitter nötig. Solange es eine Meldung wert ist, dass mehr Frauen programmieren, ist das schlecht und weit weg von Normalität.

 

 

 

Digital Publishing Trends 2016

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Zur jeder Buchmesse gehört die Trend-Schau. Und natürlich spielen die Bücher die Hauptrolle – aber die Zukunft verlangt nach einem Blick auf die digitale Welt. Wie bereits im letzten Jahr haben wir für einen Vortrag bei unserem Partner SilkCode die Trends des Jahres ausgewählt – die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016. Wir möchten Ihnen die Erkenntnisse in Form eines Artikels nicht vorenthalten, denn die Trends gehören nicht nur auf die Messe – sondern ins alltägliche Arbeiten mit den digitalen Medien:

eBook-Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf

Während der deutsche eBook-Markt sich nach aktuellen Studien aktuell in seiner ersten ausgedehnten Plateau-Phase befindet, sind nicht nur je nach Genre / Warengruppe erhebliche Unterschiede in der digitalen Durchdringung zu erkennen. Auch innerhalb derselben Genres geht die Schere beim eBook-Umsatz-Anteil je nach Verlag von niedrigen einstelligen Zahlen bis zu deutlich über 20% auf. Der Grund aus unserer Sicht: der ebenso unterschiedliche Grad, in dem moderne Online-Marketing-Tools beherrscht und eingesetzt werden.

Schon im US-Markt hat sich z.B. in der letzten Author-Earnings-Studie gezeigt, dass bereits relativ kleine Anpassungen im eMail-Marketing von Amazon sichtbare Verschiebungen von Teilmärkten zur Folge haben können. Neben den klassischen Mechanismen des eMail- und Social-Media-Marketing werden aber auch vermehrt neue Vermarktungstools eingesetzt: Eigenanzeigen und Inbook-Marketing lassen sich inzwischen dynamisch und automatisiert in eBook-Titel einbinden und sorgen für verbesserte Content-Empfehlungen. Dynamisches Pricing und optimierte Preisaktionen sorgen für Umsatz- und Reichweiten-Steigerung. Und über automatisiertes eBook-Bundling lassen sich schnell attraktive neue Produkte für spezielle Zielgruppen erstellen.

Natürlich sind alle diese Mechanismen nur über hochautomatisierte Steuerungstools sinnvoll einsetzbar und auswertbar – aber darin wird einer der Schlüssel zum Erfolg in einem Markt liegen, der hochgradig von der Sichtbarkeit und Vermarktungsstrategie abhängt.

 

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Von der Beeinflussung des Selfpublishing-Marktes durch das Email-Marketing von Amazon bis zu automatisiertem Content-Bundeling im deutschen Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf im eBook-Markt! (Quelle/Copyright: www.authorearnings.com / www.readbox.net)

 

Apps: Bots, Assistenten, Integrationsplattformen

Während beim Massenmarkt der Consumer-Apps aktuell eher Katerstimmung zu verzeichnen ist, da sich die App-Nutzung zwar intensiviert, aber auch auf relativ wenige, bekannte Apps konzentriert und die Retention-Rates nach oben gehen, boomt ein anderes Genre von Apps: die im Hintergrund arbeitenden Bots und virtuellen Assistenten, die ohne echte Bedienungsoberfläche im verborgenen arbeiten, um für Prozess-Automatisierung, Content-Empfehlungen und intelligente App-Verknüpfungen zu sorgen.

Daneben werden die Apps der sozialen Netzwerke und insbesondere die Messenger-Apps zunehmend zu einer Art zentraler Integrationsplattform. Selbst Apple hat mit iOS 10 seinen Startbildschirm mit so vielen Funktionen ausgerüstet, dass er fast schon als eigenständige Betriebssystem-Oberfläche gelten kann. Und die populären Messenger erhalten – insbesondere im asiatischen Markt – integrierte Schnittstellen zu Payment-Anwendungen, Kundenservice-Tools, Fahrdiensten, Essen-Lieferdiensten. Die Nutzer können zunehmend mehr Funktionen wahrnehmen, ohne ihre zentrale Applikation jemals wirklich verlassen zu müssen. Und auch für Content-Anbieter wird es nötig sein, hier ihren Platz zu finden, wie das folgende Fallbeispiel aus den Kleiner Perkins 2016 Internet Trends zeigt, in dem eine komplette Customer Journey in nur zwei Apps abgewickelt wird:

 

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Integrierte Mobile-Experience: der Nutzer beginnt seine Suche in einem Instagram-Shop, wechselt von dort aus in Line (einem in Asien verbreiteten Messenger), wo Kundenservice und Austausch der Zahlungsbedingungen abgewickelt wird. Der Kunde bezahlt direkt im Messenger und kann anschließend die Sendung über den Messenger verfolgen, bis sie bei ihm angekommen ist. (Quelle/Copyright: http://www.kpcb.com/internet-trends)

 

Blended Learning: „MOOCs on steroids“

In den letzten Jahren boomen die MOOC-Modelle wie Udemy, Coursera, Khan Academy und Lynda – zu Recht, denn mit sehr viel geringeren Zugangshürden können hier auch anspruchsvolle Fähigkeiten durch reines Online-Training erworben werden. Doch bei allem Erfolg darf nicht verschwiegen werden, dass diese Lernform durchaus nicht geringe didaktische Probleme mit sich bringt: Regelmäßigkeit des Lernens und Lernkontrolle lässt sich durch den Dozenten kaum verlässlich sicherstellen und durch den fehlenden persönlichen Kontakt ist die Nachhaltigkeit der Maßnahme zumindest fragwürdig.

Ein Weg zur Kombination des besten aus beiden Welten kann dabei die Lernform „Blended Learning“ sein: Online-Trainings-Einheiten werden hier mit Präsenz-Seminaren und Workshops zu einem integrierten Lernkonzept verknüpft. Persönliche Erfahrungen damit durfen wir in unserem eigenen Blended-Learning-Projekt zum Digitalen Publizieren machen, das wir für das Goethe-Institut dieses Jahr zum zweiten Mal in Indien und aktuell zum ersten Mal in Ägypten durchführen.

Der Kurs wird jeweils von einem Start- und einem Abschluss-Workshop vor Ort eingerahmt. Bei Start-Workshop geben wir in kurzen Impulsvorträgen einen Einstieg in die jeweiligen Themen, daneben besteht etwa die Hälfte der Zeit in der Bildung von Projektgruppen und der Konzeption von Muster-Projekten, die während der Kurslaufzeit dazu dienen, die Themen prototypisch in der Praxis durchzuspielen.

Für die sechsmonatige Online-Trainings-Phase verwenden wir die Lernplattform Moodle, die beim Goethe-Institut gehostet und dort vor allem für den Deutsch-Unterricht eingesetzt werden. Die Themen des Kurses werden dort mit einer Mischung aus vorproduzierten Lernvideos, vertiefender Literatur und praktischen Aufgaben zu den Muster-Projekten der Teilnehmer vermittelt. Zu den passiven Lernformen kommen interaktive Elemente wie Kursaufgaben mit Forums-Diskussion, individuelles Feedback zu den praktischen Aufgaben sowie die Möglichkeit zum Live-Chat hinzu. Im Abschluss-Workshop präsentieren die Teilnehmer dann die Ausarbeitungen ihrer Projekte und arbeiten zusammen mit uns drei Tage lang an den Details, bis am Ende ein Produktkonzept steht, das man konkret realisieren könnte. Aus unserer Erfahrung glauben wir: ein Lernformat mit sehr viel Zukunft!

 

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Fachlichen Input erhalten, das Gelernte anwenden, in der Präsentation Feedback bekommen: Online-Kurse funktionieren am besten, wenn sie intelligent mit Präsenz-Veranstaltungen kombiniert werden.

 

Augmented Reality & Virtual Reality

Im Bereich Virtual Reality erwartet uns dieses und nächstes Jahre eine komplette Generation neuer Geräte, die von allen großen Plattform-Anbietern der Welt auf den Markt kommen. Und bei den enormen Entwicklungs-Budgets, die hier investiert werden, wäre es ein Wunder, wenn die Technologien dazu nicht einen großen Sprung nach vorne machen würden. Noch komplett offen ist zwar die Frage des gesellschaftlichen Umgang mit der Technologie – so spektakulär die Anwendungen aussehen, wenn man in der virtuellen Realität wandelt – von aussen wirkt man für seine Mitmenschen doch noch sehr merkwürdig. Und für Verlage und Medienhäuser wird die Frage sein, wo man als eher textorientierte Branche seinen Platz in dieser Welt findet.

Um Augmented Reality ist es wieder etwas still geworden in letzter Zeit – was aber nicht darüber hinweg täuschen sollte, dass bereits viele produktive Anwendungen in Branchen wie Luft- und Raumfahrt-Technik, Automobil- und Anlagenbau, Rüstungsindustrie im Einsatz sind. Und neben dem diesjährigen Hype um Pokemon Go zeigt ein Anwendungsbeispiel wie Land Rover, das in seinem Spitzenmodellen aktuell quasi die Windschutzscheibe zum Head-Up-Display macht, um darin Verkehrinformationen einzublenden, wann die Schwelle zur Durchsetzung einer Technologie erreicht ist: Wenn sie vom Kunden gar nicht mehr als eigenständige Technologie wahrgenommen wird, weil sie einfach selbstverständlich in Konsumgüter eingebaut ist.

 

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Von der Oculus Rift bis zum Schutzscheiben-HUD bei Land Rover: AR/VR steht auf der Schwelle zur allgegenwärtigen Consumer-Technologie (Quelle/Copyright: www.oculus.com / www.landrover.com)

 

Content im IoT: Alexa, Google Now, Siri & Co.

Mit Geräten wie Amazons Alexa-Plattform oder virtuellen Assistenten wie Google Now oder Siri verbindet sich ein weiterer Trend, der noch weitgehend verborgen den Umgang mit Content im Internet of Things beeinflussen wird: nicht nur arbeiten dieses Assistenzen stets im Hintergrund und ohne eigenständige Bedienungsoberfläche – damit verbunden ist auch ein grundlegender Paradigmen-Wechsel in der verwendeten Suchtechnologie. Natürlich wird es auch weiterhin einen Google-Algorithmus geben, der da im Hintergrund arbeitet. Aber bei Geräten und Apps, bei denen sowohl die Sucheingabe als auch die Ausgabe der Ergebnisse per Sprache erfolgt, arbeiten die Entwickler an einer stillen Revolution der Suche:

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Abschaffung der Trefferliste. Bei der Suche per Sprache stellt der Nutzer eine Frage, und er erhält eine Antwort – und zwar genau eine. Dieses Prinzip wird die Suchmaschinen-Optimierung bei Durchsetzung grundlegend verändern. Denn in dieser Welt kann Sichtbarkeit nur noch über einen Mechanismus hergestellt werden: Wenn der eigene Content eine direkte Antwort auf eine relevante Fragestellung der eigenen Zielgruppe ist.

 

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Mit Geräten wie Alexa und digitalen Assistenten wie Google Now werden neue Paradigmen geschaffen: sowohl Sucheingabe als auch Informationsausgabe erfolgen nur noch über Sprache. (Quelle/Copyright: www.amazon.com/www.samsung.com)

 

Der zweite Teil unserer Trendschau erscheint in der nächsten Woche – bis dahin wünschen wir eine angenehme Lektüre!

 

Digital Publishing Trends 2016, Teil 2

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Der digitale Markt dreht sich jedes Jahr eine weitere Runde. Und Themen, die 2015 noch fest gesetzt waren, sind kaum noch von Bedeutung, dafür haben sich andere Herausforderungen in den Vordergrund gedrängt. Auch im zweiten Teil unserer Trendschau wollen wir Ihnen die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016 zusammenfassen und kommentieren:

Sichtbarkeit – die harte Währung der Netzökonomie

Discoverability, was so mühsam über die Lippen kommt, lässt sich nicht mehr wegdenken. Die schönen Grafiken und Statistiken von DOMO oder anderen verdeutlichen den exponenziellen Anstieg von Informationseinheiten. „Data never sleeps“ ist die Umschreibung einer globalen Produktion, die zwar jeden zum Autor macht, aber jeden Autor auch schwer auffindbar. Für alle Medienanbieter gilt deshalb, noch stärker vom Marketing her zu denken. Und das heißt auch, dass Gemischtwarenläden keine Konjunktur mehr haben.

Data is exploding faster than our ability to put our arms around it, so you’re going to have to adapt. The right answer on Monday is never going to be the right answer on Tuesday. (Stanley McCrystal)

 

Auch 2016 gilt: Data never sleeps. (Quelle/Copyright: www.domo.com)

 

Metadaten – ohne Daten kein Vertrieb

Der Data Summit letzte Woche in Frankfurt hat gezeigt, dass Metadaten nicht nur ein Anhängsel für Bibliothekare sind. Wenn man sie richtig steuert, kann effektiv mehr verkauft werden. Dass das auch eine Auswirkung auf Prozesse hat und Lektoren wie PR-Spezialisten gleichermaßen gefragt sind, das liegt auf der Hand. Das Treffen hat auch gezeigt, wie wichtig der Austausch der Verlage untereinander ist. Denn keiner hat eine Musterlösung in der Schublade und man kommt nur voran, wenn alle schnell voneinander lernen können.

Insbesondere für die Fachverlags-Perspektive relevant – die Präsentation „Metadata and Discoverability“ von Catherine Giffy (Wiley):

 

Inforgs und cognitive computing

Luciano Floridi nennt uns inforgs, Wesen, die aus Informationen bestehen und diese heute anders organisieren als früher. Wir sind nicht nur unser digitales Spiegelbild, aber wir sind auch das. Das hat Auswirkungen auf die Diskussion um die Privatspäre und unser Selbstverständnis als denkende Wesen. Ich denke, also bin ich. Diese Aussage wird durch cognitive computing anders interpretiert. Denn wenn uns Softwareprogramme übertreffen in vielen Analysen, dann heißt das noch nicht, dass Computer die Herrschaft übernehmen.

Aber es heißt, dass wir besser verstehen müssen, wo künstliche und wo menschliche Intelligenz gefragt sind. Eine Reihe von digitalen Diensten wird die Medienbranche verändern. Dies heißt immer, dass Jobs in der bisherigen Form verändert werden oder wegfallen. Und andere entstehen an anderer Stelle. Es macht Sinn, sich damit auseinanderzusetzen. (Über eine Reihe von Diensten hatten wir im Zusammenhang von smart data berichtet.)

 

Blockchain

Im Rahmen von CONTENTshift hatten wir vor der Buchmesse auf das Start-up SatoshiPay hingewiesen. Hier spielt schon das Thema eine große Rolle, das jetzt in aller Munde ist: Blockchain. Es geht womöglich um die nächste Revolution, weil der „middleman“ einmal mehr abgelöst werden kann. Jeder, der als Makler oder Notar, als verlässliche Institution fungierte, die Sicherheiten gewährt und bei Streitigkeiten als Anlaufstelle funktioniert, kann theoretisch ersetzt werden.

Das Prinzip ist einfach: Es gibt viel mehr Rechner als bisher und diese sind vernetzt. Wenn jeder ein wenig von seiner Rechenleistung zur Verfügung stellt und es dann ein pfiffiges Verschlüsselungssystem dazu gibt (Erfinder ist Satoshi), dann können Daten besser vor Fälschungen gesichert werden als bisher. Denn eine Bank kann leichter ausgeraubt werden oder bankrott gehen. Das nächste Eldorado öffnet gerade seine Pforten und wartet auf disruptive Geschäftsmodelle.

Zu Blockchain sei insbesondere empfohlen dieser hervorragende TED-Talk zum Thema:

 

Der Appmarkt: Rückblick 2016 und Ausblick 2017

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Der jährliche Rückblick des App-Analytics-Anbieters App Annie auf das Jahr 2016 in den großen App-Stores bestätigt einige Tendenzen und korrigiert andere Annahmen. Der Markt boomt nach wie vor und erhält durch die größeren Vernetzung der Apps untereinander eine neue Qualität. Er bleibt deshalb wichtig für Medienanbieter – ob sie hier Produkte anbieten oder darüber die Vermarktung anderer Inhalte steuern. Wie im Artikel vom letzten Jahr gelten die drei zentralen Fragen: Könnten meine Angebote durch besser gemachte Apps ersetzt werden? Wie kann ich den Appmarkt  zur Vermarktung und Kundengewinnung nutzen? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich für mich als Anbieter? Wer nicht mehr bis zu unseren Seminaren zur App-Entwicklung und zu digitalen Geschäftsmodellen im Frühling warten will, für den folgt hier schon einmal ein Vorgeschmack:

Die App-Stores als Wachstumsmarkt

Obwohl vielerorts zu lesen ist, dass der „Goldrausch bei den Mobile-Apps vorbei“ ist – noch gibt der globale Markt durchaus an vielen Stellen Wachstum her.

Die Anzahl der durchschnittlich verwendeten Apps pro Nutzer schwankt je nach Land zwischen 30 und 40. Das sind mehr als die von Nielsen errechneten Menge der App-Nutzung – die sich allerdings nur auf die USA bezieht, wo sich die Zahl der Apps knapp unter 30 eingependelt hat. Aber durch die Bewegungen in den sozialen Netzen und neue Spiele wie Pókemon Go ist das verständlich. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Die Zuwächse bei den Apps kommen nicht nur aus China, sondern verteilen sich global auf viele Märkte – wenn auch mit deutlichem Schwerpunkt auf den Wachstumsmärkten in Asien. Dabei profitieren IOS und Android gleichermaßen, mit höheren Wachstumsraten im Google Play Store. Bei den Themen erkennt man die Unterschiede im Reifegrad der Märkte: Je länger der Markt schon besteht, desto spezieller werden die Wünsche, während in neuen Märkten die wichtigsten Apps zur Kommunikation und dem Nutzen von Medien die erste Wahl sind.

 

Trotz der Fülle der Apps ist der Markt alles andere als gesättigt. In Deutschland sind bei gleichbleibend hohem Downloadvolumen auch die Steigerungsraten bei der Nutzungsdauer und den Umsätzen hoch. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Welche Apps profitieren von den Trends?

Spiele sind nach wie vor für den Löwenanteil der Umsätze verantwortlich. Aber in den meisten Segmenten sind Zuwächse für Medienanbieter zu beobachten. Streaming-Dienste haben einen großen Zuwachs und während YouTube bei den Nutzerzahlen vorne liegt, kann Netflix bei den Erlösen punkten. Auch Sportübertragungen spielen eine immer größere Rolle.

 

Bei den Umsätzen machen natürlich die Spiele insgesamt den meisten Umsatz. Interessant sind jedoch die Zuwächse bei den Streamingdienste wie Spotify, Netflix oder Pandora. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Dass das Bewegtbild an Bedeutung gewonnen hat, zeigen die Adaptionen der Apps wie Twitter, Instagram, Snapchat oder Facebook (live), bei denen der Videoanteil immer bedeutender wird. Neben den hier gezeigten Zahlen zeigen auch die Auswertungen des App-Annie-Konkurrenten Flurry, dass Soziale Netzwerke und Messaging-Anbieter insgesamt zu den großen Gewinnern zählen, was die App-Nutzung angeht.

Die Nutzer verbringen mehr Zeit mit ihren Apps. Dabei spielen vor allem die sozialen Netzwerke und die persönlichen Begleiter bei Sport und Finanzen eine Rolle, während vor allem die „Personalization“, Spiele und auch Magazine an Boden verloren haben. Bei den Nachrichten spielt die Verlagerung des Nachrichtenkonsums in die soziale Netzwerke eine Rolle. (Quelle: Flurry Analytics)

Und auch hier ist der Apple-Store immer noch der attraktivere Partner, wenn es darum geht, dass Kunden auch etwas zahlen – hier bestätigt sich die Erkenntnis der letzten Jahre, dass der Android App-Store für die Reichweite notwendig ist, aber man den Apple-Store fürs Geld verdienen braucht.

 

Bücher tauchen nur im Apple-Store auf bei den Erlösen und fallen auch dort zurück. Dieses Bild dürfte beispielhaft sein für die Herausforderung der Branche. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Nutzungsmuster der App-Kunden

Die Auswertungen zur Nutzungsdauer und zu den durchschnittlichen Sitzungen pro Nutzer bestätigen die Studien anderer Anbieter in zwei parallel verlaufenden Trends: Die App-Nutzung intensiviert sich insofern, als die Nutzungsdauer insgesamt kontinuierlich steigt – gleichzeitig verengt sich die Nutzung, weil Kunden diese Zeit in zunehmend weniger Apps verbringen (und dabei oft bei Apps bleiben, die sie ohnehin schon kennen). „Retention“ lautet deshalb eines der Schlagwörter der Branche: Wie bekomme ich meine Kunden dazu, auch regelmäßig die App zu nutzen, damit sie nicht mit der Zeit gelöscht wird, weil man sie die letzten Monate nicht genutzt hat. Benjamin Günther hat auf mobibranche.de mit schönen Beispielen die Herausforderungen dargelegt.
Und neben der direkten Monetarisierung durch Einzelverkauf oder In-App-Käufe fällt auch in der App-Annie-Studie auf, dass die indirekte Monetarisierung durch eCommerce-Erlöse boomt:

 

Die Nutzungsdauer ist auch bei den Shop-Apps gestiegen. Dabei fällt auf, dass die „digital-first“-Anbieter höhere Zuwächse verbuchen konnten (blauer Kreis), während die Anbieter mit einem hohen Ladenanteil viel langsamer wuchsen. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Die Trends liegen für den Appmarkt auch auf der Hand. Folgt man Jan Wolter auf mobilbranche.de, so sind diese für 2017 künstliche Intelligenz (Stichwort Chatbots), augmented reality (Stichwort Pókemon Go), mobile payment (Stichworte Apple Pay, Blockchain), Internet der Dinge (Stichworte Smart home, Connected car) und m-commerce (Stichworte click&collect, conversational search).

 

Die Erlöse: wie monetarisiere ich eine App?

Die Erlösmodelle im Appmarkt sind für Medienanbieter nicht einfach. Deshalb ist eine Gesamtbetrachtung der Geschäftsmodelle und crossmedialer Effekte immer sinnvoll. Dabei gibt es Sondereffekte wie z.B. den, dass nach der Wahl von Trump die NYT, die Washington Post und andere Qualitätsmedien deutlich an Zuwachs gewinnen konnten – sowohl digital und im Print. Trotzdem bleibt der Markt schwierig.

Snapchat zeigt deutlich, dass Umsatz und Rendite nicht gleichzeitig zu den Zielen zählen dürfen. Wer wirklich groß werden will, muss anfangs auf die Reichweite achten und braucht dafür viel Geld und geduldige Investoren. Und die sind in der Regel in den USA zu finden. (Quelle: statista)

Sonst sieht man im Zeitungsmarkt beispielsweise wenige Freemium-Modelle, die sonst üblich sind – und bei Fachinformationen noch weniger. Das führt zu niedrigeren Nutzungsraten. Ist Reichweite jedoch das Ziel, kommt man an Freemium-Angeboten nicht vorbei. Und bei der Monetarisierung durch Werbung muss man sich bewusst sein, dass dies eine Disziplin für Experten geworden ist. Benchmark ist hier sicherlich die Spieleindustrie, die auch nach der Studie von App-Annie den größten Bereich darstellt. Wer sich selber in die Tiefen des Themas einarbeiten will, dem sei z.B. das Advertorial zum Thema Mediation bei der Monetarisierung von Werbeerlösen empfohlen. Spezialisierte Dienstleister können hier wie an der Börse die besten Preise herausholen.

 

Die Kostenseite: was kostet mich ein App-Projekt?

Und das bietet auch eine gute Überleitung zu den Kosten einer App. Das eine sind die Entwicklungskosten. Fritz Ramisch hat die Ergebnisse einer Studie von iBusiness zusammengefasst, die die üblichen Preise für die Appentwicklung in Deutschland aufführt. Dazu kommen aber immer noch Wartung, Weiterentwicklung, Systemintegration etc. Die klassische Regel bei der Softwareentwicklung gilt auch hier: Zwei Drittel der Kosten sollte man für die Maintenance planen.

 

Die Vermarktung von Mobile-Apps

Noch bedeutender sind jedoch die Marketingkosten. Und diese können je nach Zielgruppe nochmals denselben Betrag wie die Entwicklung verschlingen. Um keine „Zombie-App“ zu haben, die nur über die direkte Suche im Store mehr schlecht als recht auffindbar ist, muss man so viele Touchpoints zum Kunden bedienen. So rechnen Marketingspezialisten wie Melina Ex z.B. im b2c-Bereich mit einem Verhältnis von 1:2,5 bei organischen und bezahlten Installationen. Das macht bei 0,80 € für incentivierte Installationen und 2,50 € bei organischen Installationen je nach Ziel eben auch immer schon ein Sümmchen aus. Und neben den von anderen Produktformen gewohnten Mechanismen des Online- und Social-Media-Marketing hat sich nicht ohne Grund die „App-Store-Optimization“ als eigenständige Marketing-Disziplin entwickelt.

Unser Klassiker „Wie vermarktet man Apps?“ ist auch nach vier Jahren noch in allen Punkten gültig. Als Ergänzung bieten sich Sean Bowens sechs Empfehlungen an, die ebenfalls die Konzeption und Vermarktung zusammen denken:

  1. Performance ist alles, denn die Kunden wollen nicht warten.
    Vergiss dieses Handwerk nicht, auch wenn es lästig ist.
  2. Mach es einfach.
    Die Welt ist kompliziert genug und weniger ist mehr.
  3. Gib dem Kunden ein Erlebnis, egal ob auf dem Tablet, Phablet oder Smartphone.
    Verwirre ihn nicht mit unterschiedlichen Funktionen, nur weil die Geräte andere sind.
  4. Sei kein Vampir.
    Deine App soll sparsam sein bei Strom und Daten.
  5. Gib dem Kunden auch das, was ihm wirklich wichtig ist.
    Denn sonst beschwert er sich und ist weg.
  6. Spiel mit den anderen Apps.
    Und lass den Kunden deren Funktionen nutzen, wenn er will.

 

 

Zehn Jahre iPhone – das Jahrzehnt der Ökosystem-Devices

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Vor ziemlich genau zehn Jahren, am 9. Januar 2007, wurde auf einer mittlerweile legendären Apple-Präsentation das erste iPhone vorgestellt. Das seitdem vergangene Jahrzehnt ist gekennzeichnet vom beispiellosen Siegeszug des Smartphone als Gerätetyp – aber auch von einem neuen Angebotsmodell: den mobilen Ökosystemen. Beides ist untrennbar verbunden und wird auch in den nächsten Jahren die Medienwelt bestimmen:


Mobile is the new scale – und die Ökosysteme dominieren

Wie sehr die mobilen Ökosysteme mittlerweile Alltagsleben und Wirtschaft dominieren, zeigen die Kennzahlen: egal ob man die Anzahl der verkauften Smartphones heranzieht, Nutzungszeit, Page Impressions oder Download-Volumen – weltweit ist mobile Nutzung mittlerweile bei weit über der Hälfte der digitalen Nutzung angekommen. Oder, wie Marc Andreessen es in seinen Präsentationen durch den Vergleich zur PC-Welt stets deutlich macht – „mobile is the new scale“:

 

Wie Mobilgeräte mittlerweile jeden Skaleneffekt aus dem Desktop- und PC-Bereich weit hinter sich gelassen haben. (Quelle/Copyright: Adreessen & Horwitz)

 

Dass dieser Trend so überragend und dominant werden konnte, liegt aus unserer Sicht bei weitem nicht nur an dem Geschick von Apple bei Hardware-Design und Markenaufbau – sondern vor allem daran, dass selbst das erste iPhone eben weit mehr war als nur ein Gerät als solitäres Angebot:

Schon von Anfang an war im Apple-Modell ein ganzes Ökosystem angelegt, das erst in seiner Gesamtheit seinen vollen Wert für den Kunden entfaltet. Zu der bereits exzellenten Hardware kommt eine perfekt angepasste Software in Form des Betriebssystems iOS hinzu, dazu ein nahezu unübersehbares Portfolio von Drittanbieter-Apps im App-Store. Das Content-Angebot mit Musik, Video und eBooks wird von Partnern zugeliefert. Und auf der Basis von Software und Hardware sind neuartige Dienste wie lokalisierte Apps (Google Maps, Uber, MyTaxi) oder Personalisierung (Apple Pay, Apple Health) auf einem Level möglich, das ohne diese Voraussetzungen völlig undenkbar gewesen wäre.

 

Die zentralen Komponenten eines Ökosystems: Hardware, Software, Content und Mehrwert-Dienste. Nicht alles muss dabei von einem Anbieter stammen – solange die tiefe Integration der Komponenten zu einem stimmigen Angebot gegeben ist.

 

Das Apple-Ökosystem: beim Marktstart alles andere als perfekt

Auch wenn der Siegeszug von iPhone und iOS zehn Jahre später unübersehbar ist, so war diese Entwicklung beim Marktstart alles andere als zwangsläufig. Besonders die Vertreter von konkurrierenden Ansätzen hatten für das iPhone kaum mehr als Spott übrig – besonders prägnant dazu ist ein Zitat des damaligen Microsoft-CEO Steve Ballmer zum Marktstart:

There’s no chance that the iPhone is going to get any significant market share. No chance.

Vor allem vergisst man im Nachhinein gerne, dass einige ganz zentrale Eckpfeiler des Apple-Ökosystems zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht vorhanden waren: Im Content-Bereich gab es zwar bereits den iTunes Store mit Musik- und Video-Angebot, aber erst mit dem parallel zur iPad-Einführung präsentierten iBookstore für eBooks und dem nachmalig eher unerfolgreichen Newsstand für Zeitschriften war dieses Segment wirklich komplett.

Und inbesondere der App-Store – das über die Umsatzbeteiligung letztlich profitabelste Segment neben der Hardware – wurde erst später ins Ökosystem integriert, nachdem Steve Jobs noch geglaubt hatte, die Kunden würden mit einigen leichtgewichtigen Web-Apps bereits zufrieden sein. Erst die Entwicklergemeinde überzeugte Jobs, hier nachzurüsten – mit immensem Erfolg, wie die daraus entstandene App-Ökonomie später gezeigt hat.

 

Amazon Kindle – das erste eBook-Ökosystem

Im selben Jahr wie das erste iPhone, wenn auch erste im Herbst 2007, erschien ein weiteres bahnbrechendes Gerät: der erste Amazon Kindle. Und trotz des zunächst durchaus innovativen Hardware-Designs durch Integration von eInk-Displays waren auch hier die zentralen Erfolgfaktoren andere: Ein umfangreiches eBook-Angebot, die Speicherung der gekauften Titel in einer Cloud-Bibliothek, kostenlose Wifi-Verbindung zum Laden der Titel und exzellente Usability bei Kauf und Handling der Inhalte machen das Amazon-Ökosystem bis heute für den Kunden attraktiv. Und den Verlagen wurde mit dem Modell letztlich eine komplette digitale Distributions-Infrastruktur quasi schlüsselfertig vor die Haustür gesetzt.

 

Der erste Amazon Kindle: Bei diesem aus heutiger Sicht klobigen und unhandlichen Gerät ist der Erfolg sicher nicht alleine aus der Hardware heraus zu erklären. (Quelle/Copyright: Amazon)

 

Auch im Fall des Amazon Kindle kamen zentrale Komponenten und Dienste erst später hinzu: das Selfpublishing-Programm, die Lese-Community Goodreads, die tiefe Integration mit anderen Teilen des eCommerce-Angebots. Aber der wesentliche Erfolgsfaktor liegt eben auch beim Kindle nicht im Gerät alleine begründet, sondern im damit ausgelieferten Ökosystem.

 

Google und Android – das Hardware-lose Ökosystem

Auch für Google und Android ist das Jahr 2007 ein zentraler Meilenstein: zwar wurde die Firma Android bereits 2005 aufgekauft und erst Ende 2008 die erste marktfähige Verson des Mobilbetriebssystems veröffentlich – aber 2007 erfolgte die Gründung der Open Handset Alliance. In diesem Industriekonsortium wurde Android zusammen mit über 30 Partnern entwickelt und dann auf einer Vielzahl von Geräten verteilt – denn Markt-Dominanz über den Hebel eigener Hardware war nie die Strategie von Google.

Zwar entwickelte auch Google immer wieder eigene Hardware, aber das Angebot an Software und Cloud-Diensten ist klarer Fokus dieses Ökosystems. Mit Erfolg: der weltweite Marktanteil von deutlich über 80% von Android auf Mobilgeräten wäre Google als Hardware-Unternehmen so sicher nicht möglich gewesen.

 

Der Markt zehn Jahre später

Die Entwicklung der zehn Jahre seit dem ersten iPhone hat insofern vor allem eins gezeigt: es ist nahezu unmöglich geworden, neue Geräte und Hardware auf den Markt zu bringen und über längere Zeit gewinnbringend zu verkaufen, ohne dass diese mit einem Ökosystem vernetzt ist – am besten mit einem, das zur selben Wertschöpfungskette gehört. Das zeigen bereits die aktuellen Zahlen aus dem Smartphone-Markt: Es gibt mittlerweile unzählige Smartphone-Hersteller auf der Welt gibt, insbesondere in China und Südostasien blühen Unternehmen wie Huawei und Xiaomi mit ihren Android-Smartphones für den Massenmarkt, wie einschlägige Statistiken zeigen. Von der Verbreitung beim Kunden und vom Umsatzanteil her ist das Bild sehr vielfältig, dennoch macht Apple den überwiegenden Teil des Gewinns – und außer Apple und Samsung ist kaum ein Hersteller überhaupt in der Lage, dieses Geschäft mit nennenswertem Profit zu bestreiten.

Auch Beispiele wie das mittlerweile wieder aufgegebene eReadern-Angebot von Sony oder das eBook-Angebot von Samsung zeigen, dass solche solitären Modelle nicht nachhaltig zu betreiben sind, wenn Hardware, Software und Content nicht parallel auf dieselbe Wertschöpfungskette einzahlen. Und wahrscheinlich wird es auch in Zukunft für die Bewertung von Technologien und Geräten wie Wearables, Connected Cars oder die Augmented/Virtual-Reality-Devices entscheidend sein, wie gut diese Hardware in ein Ökosystem mit komplementärem Software-, Content- und Service-Angebot eingebunden ist – optimalerweise in eines, das bereits genug Kunden besitzt.

 

Die Herausforderungen für Verlage und Medienhäuser

Die Herausforderungen für Content-Anbieter werden auch mittelfristig ähnliche bleiben wie in den letzten zehn Jahren der Ökosystem-Entwicklung: im Zentrum steht die Frage, wie man unter diesen Rahmenbedingungen seine eigene Wertschöpfung gestaltet – mit Partnern, für die Content zwar notwendig ist, aber eben auch nur ein Teil des Angebotes unter vielen ist (und bei weitem nicht unbedingt der erfolgskritische).

Auch wird die Frage, in welchem Teil des Angebotsportfolios man sich positioniert, nicht kleiner werden: das Beispiel der weitgehend unerfolgreichen Newsstand-Anwendungen und Digitalmagazine haben die letzten zehn Jahre auch gezeigt, dass für Verlage naheliegende Ansätze noch lange nicht das sein müssen, was der Kunde braucht. Sicher ist nur eins: die Ökosystem-Devices werden so schnell weder aussterben noch weniger werden.

 


App-Entwicklung: Nativ, Web oder Hybrid? Teil 1: Native Entwicklung

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Das Jahr 2017 begann mit dem 10-jährigen Jubiläum des ersten iPhone – und für Konsumenten wie Anbieter sind die Möglichkeiten des Publizierens in den Ökosystemen von Apple, Google und Co. zur alltäglichen Selbstverständlichkeit geworden. Dennoch ist in nahezu jedem größeren Projekt zum Mobile Publishing die wesentliche technische Frage zum Projektstart dieselbe geblieben: Welches ist die geeignete Produktform? Soll es eine native App oder eine Web-App werden? Oder ist ein hybrider Ansatz doch sinnvoller? Bereits vor fünf Jahren haben wir in einer Artikelserie hier auf smart digits versucht, Licht ins Dunkel zu bringen und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Produktformen für Kunden und Anbieter zu charakterisieren. Nach der Vielzahl an technischen Neuerungen in den letzten Jahren ist es Zeit für ein Update:

Mobile-Apps – etwas ganz Besonderes? Oder Business as usual?

Mobile-Apps wurden in den Anfangsjahren der Entwicklung stellenweise als grundlegend neue Form von Software missverstanden – dabei handelt es sich technisch gesehen zunächst einmal um nichts anderes als selbständig lauffähige Applikationen wie Software auf dem Desktop, nur eben entwickelt für Mobilbetriebssysteme wie iOS oder Android bzw. optimiert für die Verwendung auf Mobilgeräten wie Smartphones und Tablets. Dabei haben Mobile-Apps folgende Besonderheiten gegenüber der Desktop-Entwicklung:

  • Der begrenzte Platz auf den Displays von Mobilgeräten zwingt zu funktionaler Reduktion und Beschränkung auf das Wesentliche für den jeweiligen Anwendungsfall. Im Gegenzug können Mobile-Apps alle Sensoren und integrierten Geräte der Mobilgeräte nutzen – im Gegensatz zum Desktop gilt das insbesondere für GPS, Lagesensor, Kamera, Mikrophon und andere Hardware, die Funktionen wie z.B. exakte Geolokalisierung innerhalb der Anwendung möglich machen. Beispielsweise wären Apps wie myTaxi ohne diese Geolokalisierung völlig undenkbar.
  • In der Regel sind moderne Mobile-Apps hoch optimiert für das Zusammenspiel mit dem umgebenden Mobilbetriebssystem, um dem Nutzer bestmögliche Usability und Funktionalität zur Verfügung zu stellen. Die letzten Jahre der Mobile-Entwicklung haben die Latte dabei für neue Anbieter bereits sehr hoch gehängt, was die Kundenerwartungen an die mobile Bedienung angeht.
  • Beide Aspekte zusammen sollten dazu führen, dass mobile Nutzungssituationen  und Anwendungsfälle des Kunden möglichst optimal unterstützt werden. Die Erfahrung hat hier gezeigt, dass sich die Software-Bedienung am Arbeitsplatz von der zu Hause oft unterscheiden und dabei ganz andere Herausforderungen auftreten. Dazu ist in den letzten 10 Jahren eine Generation „mündiger Nutzer“ sozialisiert worden, für die Apps mit exzellenter Usability selbstverständlich sind – und die alles andere links liegen lassen.

Native Mobile-App – der hochoptimierte Ansatz

Native Apps zeichnen sich technisch vor allem dadurch aus, dass sie jeweils zu 100% in den jeweiligen Systemsprachen der Mobilbetriebssysteme (Java für Android, Objective-C oder Swift für iOS) entwickelt und für diese Umgebungen optimiert sind. Der Entwickler kann im Projekt alle Hardware der Geräte und alle Systemschnittstellen und Dienste nutzen, die Android bzw. iOS dafür zur Verfügung stellen. Auch sind der Phantasie bei den Funktionen für den Nutzer keine Grenzen gesetzt: Alles, was algorithmisch implementierbar ist, kann so auch realisiert werden. Bei der Projektumsetzung sieht man sich dabei allerdings vor die Herausforderung gestellt, dass diese unbegrenzten Möglichkeiten eben auch mit nach oben offenen Entwicklungsbudgets korrespondieren – auch wenn native Entwicklung meist das Optimum an Nutzererfahrung garantiert.

Die technische Umsetzung nativer Apps

  • Sowohl Bedienungsoberfläche als auch die zugrundeliegende Business-Logik muss voll in den jeweiligen Entwicklungsumgebungen von iOS und Android implementiert werden. Im Gegensatz zur Desktop-Entwicklung bedeutet das in der Konsequenz faktisch immer schon „zwei Projekte in einem“, falls eine Anwendung für beide Systeme gestaltet werden soll (was in den meisten Fällen notwendig ist).
  • Neben der separaten Entwicklung der Codebasis verwenden iOS und Android z.T. sehr unterschiedliche Bedienkonzepte – und im Grunde identische Apps müssen so oft zumindest von der Usability her noch einmal neu gedacht werden. Dazu machen beide App-Plattformen zahlreiche Detail-Vorgaben für die Gestaltung von Oberflächen, die Usability und die Umsetzung von Funktionen, z.B. was Themen wie Datenspeicherung, Rechte-Verwaltung und Nutzung von System-Bibliotheken angeht.
  • Beide großen Mobile-Plattformen iOS und Android befinden sich in ständiger Weiterentwicklung; es muss mit jeweils einer neuen Betriebssystem-Generation pro Jahr gerechnet werden. Eine einmal im Markt gelaunchte App muss deswegen immer wieder aktualisiert werden, auch wenn sich an den Funktionen eigentlich nichts geändert hat – das muss natürlich auch in Bezug auf Projekt-Ressourcen entsprechend eingeplant werden. Und der Blick auf länger nicht mehr aktualisierte Apps zeigt, dass dieser Anwendungstyp ausgesprochen schlecht altert.

Daneben hat diese Entscheidung natürlich auch budgetäre Konsequenzen: Gute Mobile-Entwickler sind in Deutschland rar und teuer – nach einer neuen Studie von Stack Overflow sind nur etwa 5% der deutschen Programmierer dezidiert auf Mobile-Entwicklung spezialisiert. Für native App-Projekte muss insofern mit höheren Tagessätzen gerechnet werden als in der Desktop- oder Web-Entwicklung.

native-app

Native Apps im Überblick: die vom Nutzer ausgeführte Anwendung wird unter iOS oder Android installiert, sowohl das User-Interface als auch die zugrundeliegende Business-Logik ist voll in den Systemsprachen der Mobilbetriebssysteme programmiert.

 

Der Vertrieb von nativen Apps

Daneben hat die Wahl des nativen Entwicklungsmodells auch direkte vertriebliche Implikationen (siehe hierzu auch unseren „Klassiker“ zur Appvermarktung):

  • Vertrieb und Verkauf der App ist nur über die App-Stores der großen Mobilanbieter und auf den von ihnen angebotenen Monetarisierungswegen möglich. Ob man die Präsenz im App-Store nach den Markterfahrungen der letzten Jahre dabei eher als Vorteil oder als Nachteil ansieht, sei dabei zunächst einmal dahingestellt.
  • Die übliche Vertriebs-Provision von 30% Umsatzbeteiligung auf den Endkundenpreis für Einzelverkauf und In-App-Kauf ist de facto nicht zu umgehen und muss in der Business-Kalkulation berücksichtigt werden.
  • Anders herum ist die App-Store-Präsenz bei der Nutzung von In-App-Käufen als Geschäftsmodell oder insbesondere bei den seit 2016 von Apple eingeführten Abo-Modellen gar nicht zu vermeiden. In den sauren Apfel der Umsatzbeteiligung muss man in diesem Fall schlicht beißen.
  • Consumer-Apps können in der Regel recht gut nach diesem Modell vertrieben werden – sinnvolle und handhabbare Modelle für den B2B-Bereich sind beim Vertrieb über App-Stores dagegen nur begrenzt bis gar nicht realisierbar (vor allem, wenn die Hoheit über Kundendaten und Kundenkontakt beim App-Anbieter bleiben soll).
  • Bei allen App-Store-Angeboten sollte bedacht werden, dass Shop-internes Marketing nur sehr bedingt möglich ist: Zwar kann man ein Stück weit mit App-Store-Optimization weiterhelfen, aber bei der mittlerweile großen Zahl an nicht mehr gepflegten und kaum verkauften „Zombie Apps“ in den Appstores ist die Sichtbarkeit des Angebots eines der größten Probleme im App-Vertrieb. Ohne ein professionelles Online-Marketing drum herum (das natürlich mit entsprechenden Budgets einkalkuliert werden will) ist hier nichts zu machen.

Was spricht für die native App-Entwicklung?

Auch wenn Native-Apps ihre vertrieblichen Nachteile haben, kommt man oft um dieses Modell gar nicht herum, wenn man optimale Funktionalität für den Nutzer erreichen will. Insbesondere gilt dies für folgende Bereiche von Funktionen:

  • Usablity: Eine App soll sich für den Nutzer passgenau in die Nutzungskonventionen der Mobilbetriebssysteme einfügen und dabei die gewohnte Bedienung und das Look & Feel von iOS/Android bieten.
  • Performance: Eine App beinhaltet größere Mengen performancekritischer Funktionen, etwa bei einem hohen Anteil hinterlegter Business-Logik, bei der Abbildung komplexer Prozesse oder der Notwendigkeit zu aufwändigen Berechnungen.

Hausaufgaben-Unterstützung durch native Apps: Mit seiner Kombination einer ausgefeilten Mathematik-Engine realisiert Math42 das schrittweise Lösen algebraischer Probleme aus der Oberstufen-Mathematik; aufwändige Graphen-Visualisierungen gehören hier fast selbstverständlich zum Funktionsumfang dazu. (Quelle/Copyright: math-42.de)

 

  • Grafik und Visualisierung: Die App stellt hohe Anforderungen im Bereich dynamischer Visualisierung, etwa mit 3D-Grafiken, hochperformanter Interaktivität, Multimedia-Funktionen oder Augmented/Virtual Reality. Insbesondere gilt dies für die allermeisten Gaming-Apps.

Typische Beispiele nativer Apps: Die Musik-App „GarageBand“ nutzt quasi alles aus, was iOS an Klangerzeugern zu bieten hat und realisiert aufwändige Touch-Steuerung für die Instrumenten-Controller. Und auch Spiele-Apps wie Pokemon Go mit integrierten 3D-Visualisierungen und AR-Funktionen wird man nicht ohne weiteres ohne native Funktionen implementieren können. (Quelle/Copyright: apple.com, niantic.com)

 

  • Geräte-Schnittstellen: Für den Anwendungsfall ist der Zugriff auf Sensoren oder Hardware der Geräte wesentlich, z.B. Kamera, Mikrofon, GPS, Bewegungs- und Lagesensor.
  • Personalisierung und Individualisierung: Viele Entwickler setzen inzwischen auf eine hochgradige Personalisierung ihrer App, um die Nutzererfahrung zu verbessern und durch enge Bindung des Kunden an die App die Retention-Rate zu verbessern. Auch hier wird man für die Entwicklung der entsprechenden Funktionen eine native App wählen.
  • Betriebssystem-Schnittstellen: Für den Anwendungsfall sind System-APIs notwendig, wie z.B. In-App-Kauf, Push-Notifications, Schnittstellen zwischen Apps wie bei den iOS-Share-Funktionen, Zugriff auf das Dateisystem oder zentrale Dienste wie iCloud, Apple Pay oder Apple Health unter iOS.

 

Die „Panama“-App von Mixtvision: Die App glänzt nicht nur durch aufwändige Animationen und 3D-Navigation in nativer Implementierung, sondern hat auch die Herausforderung des App-Marketing gemeistert – insgesamt ein Benchmark für deutschsprachige Kindermedien-Apps. (Quelle/Copyright: mixtvision.de)

 

Sie wollen mehr wissen?

Unsere Artikelserie wird in den nächsten Wochen hier bei smart digits fortgesetzt. Wenn Sie Bedarf an weiterem Know-How für Ihre App-Projekte haben, sehen Sie sich gerne unsere Seminare im Programm der Akademie der deutschen Medien und bei der XML-Schule an, z.B. im Mai 2017 zum Thema „Web oder App? Digitale Content-Produkte entwickeln und umsetzen“. Daneben stehen wir Ihnen natürlich für Projektberatung, Workshops und Inhouse-Seminare zur Verfügung – kommen Sie dazu gerne jederzeit auf uns zu!

App-Entwicklung: Nativ, Web oder Hybrid? Teil 2: Web- und Hybrid-Apps

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Im ersten Teil unserer Artikelserie zur App-Entwicklung haben wir vor allem die Umsetzung nativer Apps betrachtet. Oft muss dieser Ansatz bei aufwändigen Produktkonzepten gewählt werden, obwohl er durchaus seine Nachteile für Vertrieb und Projekt-Kosten hat. Mit Web-Apps und hybriden Ansätzen stehen jedoch Entwicklungspfade zur Verfügung, die für leichtgewichtige Projekte viele Vorteile mitbringen. Im zweiten Teil unserer Artikelserie geben wir deswegen einen Überblick über die Alternativen zur nativen Entwicklung:

Web-Apps – die App als „Bürger erster Klasse“ im Netz

Gegenüber den nativen Apps verwenden Web-Apps als Entwicklungspfad nahezu in jeder Hinsicht entgegengesetzte Konzepte: Technisch gesehen sind Web-Apps eigentlich gar keine Apps, sondern „nur“ responsive, mobil optimierte Websites. Der Nutzer installiert dabei keine eigenständige Anwendung, sondern ruft die App über den System-Browser unter einer URL auf. Unter iOS und Android lässt sich eine Web-App auch als Bookmark mit einem Icon auf dem Homescreen platzieren und aufrufen, Android behandelt Web-Apps und native Apps auch in vielen Systemfunktionen mittlerweile fast identisch. Bei der Programmierung werden in der Regel Konzepte, Systeme und Sprachen aus der Webentwicklung verwendet und die App mit ihren Funktionen serverseitig zur Verfügung gestellt. Der Entwickler ist dabei sehr viel flexibler und kann oft einfachere Verfahren nutzen – es ist aber kein hoher Optimierungsgrad für bestimmte Betriebssysteme möglich.

Die technische Umsetzung von Web-Apps:

  • Die Umsetzung kann rein mit modernen Webtechnologien erfolgen, oft kann dabei auf vorhandenes Knowhow, bestehende CMS-Umgebungen oder ohnehin vorhandene Server-Applikationen zurückgegriffen werden. Dazu sind gute Web-Entwickler in größerer Zahl verfügbar und damit sinkt in der Regel auch das Projekt-Budget.
  • In der App sind keine Funktionen möglich, die nur in den Betriebssystem-Bibliotheken von iOS oder Android verankert sind. Für die Nutzung von Geräte-Hardware ist die Situation mittlerweile um einiges besser geworden, da inzwischen einige APIs auch im Browser nutzbar sind, die noch vor wenigen Jahren nativen Apps vorbehalten waren. Bei der Bewertung dieses Themas ist jedoch immer noch große Vorsicht geboten, wenn die Nutzerfunktionalität zentral davon abhängig ist.
  • Für eine Web-App ist meist eine Online-Verbindung notwendig; Offline-Funktionalität ist meist nur eingeschränkt und mit oft problematischer Usability realisierbar. Abhilfe versprechen hier in jüngster Zeit die sog. „Progressive Web Apps“ – ein Design-Konzept, das sich aber meines Erachtens erst noch in der Breite am Markt bewähren muss.
  • Im Ausgleich zur eher problematischen Offline-Nutzung steht der Content einer Web-App offen im Netz zur Verfügung, wenn das vom Anbieter gewünscht ist: Suchmaschinen-Indexierung und SEO müssen nicht eigens implementiert werden, der Übergang in soziale Netzwerke ist unproblematisch.
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Web-Apps im Überblick: Statt in einer selbständig lauffähigen App wird die Applikation im Mobil-Browser ausgeführt, sowohl User Interface als auch die zugrundeliegende Business-Logik wird mit Web-Technologien umgesetzt.

 

Vertriebliche Implikationen von Web-Apps

  • Der Vertrieb (und damit auch jede Monetarisierung) ist über eigene Web-Plattformen unter der Hoheit des App-Anbieters möglich – muss aber auch zwingend darüber erfolgen. Web-Apps können nicht über App-Stores vertrieben werden.
  • Der direkte Kundenkontakt und damit auch die Kundendaten bleiben ebenfalls in der Hoheit des App-Anbieters. Umgekehrt gibt es aber auch keinerlei Unterstützung im Vertrieb durch die großen Ökosysteme.
  • Auch B2B-Vertriebsmodelle sind nach eigenem Ermessen umsetzbar, aber wie bei jedem Direktvertrieb gilt: Man kann zwar alles in eigener Regie bestimmen – muss aber auch alles selber machen.

 

Das Beispiel Forecast.io: Die Wetter-App wird unter einer URL kostenlos im Netz zur Verfügung gestellt, muss sich in Bezug auf Design und Usability aber nicht hinter nativen Apps verstecken – sie ist kaum von einer iOS-App zu unterscheiden. Bei Ablage eines Links auf dem Homescreen des Mobilgerätes merkt der User in der Regel nicht einmal, dass er im Hintergrund „nur“ einen Link aufruft – außer es ist gerade keine Online-Verbindung vorhanden. (Quelle/Copyright: forecast.io)

 

Was spricht für den Einsatz von Web-Apps?

Web-Apps bieten sich damit als Umsetzungsweg an, wenn folgendes Anforderungsprofil gegeben ist:

  • Vertrieb über die großen App-Stores ist nicht notwendig bzw. nicht gewünscht – für die Monetarisierung muss dafür aber beim Anbieter eine eigene eCommerce-Infrastruktur zur Verfügung stehen.
  • Der Nutzen der App liegt vor allem im darin enthaltenen Content, die App dient ausschließlich Marketing/Promotion oder erfüllt eine ähnliche Funktion wie eine Landingpage im Netz – Sichtbarkeit im Netz und SEO-Effekte haben eine kritische Bedeutung für das App-Modell.
  • Den direkten Kundenkontakt oder die Kundendaten unter eigener Hoheit zu haben ist kritisch für das Geschäftsmodell des Produktes.
  • In einer contentorientierten App sind zusätzlich häufige Aktualisierungen von Content, intensive Anbieter/Nutzer-Kommunikation oder dauernde Client-/Server-Interaktion notwendig.
  • Die funktionalen Anforderungen sind dagegen so niedrig, dass eine Implementierung auch ausschließlich auf Basis moderner Web-Technologien möglich ist. Die Offline-Nutzung spielt keine oder nur eine untergeordnete Rolle.

Insgesamt ist für viele contentbasierte Angebote die Sichtbarkeit im Netz ein zentraler, erfolgskritischer Faktor. Und Content, der in proprietären App-Silos eingesperrt ist, ist für Sichtbarkeit eher ein Nachteil als ein Vorteil. Zumal inzwischen erwiesen ist, dass auch moderne Technologien wie App-Indexing zur Suchmaschinen-Erfassung von In-App-Content dazu nur sehr bedingt beitragen, wie eine aktuelle Fallstudie des Smashing Magazine zeigt. Gut auf den Punkt gebracht hat diesen Effekt z.B. der t3n-Artikel „Deshalb braucht dein Kunde eine responsive Website, aber keine App“ von Ende letzten Jahres.

Beispiel KanbanFlow: Die leichtgewichtige Kanban-Board-App ist als responsive Web-Applikation gestaltet und erweist sich auf allen getesteten Geräten als exzellent mobil optimiert. Eine einfacher Einsteiger-Version ist kostenlos, für größere Teams und komplexere Funktionen wird ein Abo-Modell über die eigene eCommerce-Präsenz angeboten – ein Paradebeispiel für das Freemium-Modell. (Quelle/Copyright: kanbanflow.com)

 

Hybrid-Apps: das Beste aus beiden Welten?

Das Modell der Hybrid-App versucht, die Optimierungs-Vorteile der nativen Apps mit der Flexibilität und Offenheit von Web-Apps zu verbinden und so das Beste aus beiden Welten zu bieten. Eine Hybrid-App wird dafür quasi in zwei Schichten entwickelt: Der Nutzer erhält eine „echte“ lauffähige Anwendung für iOS oder Android, die im Betriebssystem ausgeführt wird – damit wird der Vertrieb über die App-Stores möglich und auch Betriebssystem-Schnittstellen können genutzt werden. Content und Business-Logik ist aber zu wesentlichen Teilen in Webtechnologien entwickelt und kann über die Systemgrenzen hinweg identisch eingesetzt werden; die App nutzt dafür ein intern eingebettetes Browser-Fenster, in dem die Applikation zu großen Teilen arbeitet.

Die technische Umsetzung von Hybrid-Apps

  • Hybrid-Apps werden immer sowohl mit Web-Technologien als auch nativen Code-Anteilen entwickelt; dieser Vorteil ist umso größer, je höher der Content- und Web-Anteil des Projektes ist, denn dieser Anteil ist ohne nochmalige Programmierung unter mehreren Betriebssystemen nutzbar. Hybrid-Apps sind damit in der Regel schneller und günstiger realisierbar.
  • Der Nachteil an diesem Ansatz ist allerdings, dass die beteiligten Entwickler auch fit in zwei unterschiedlichen Technologien sein müssen. Dazu bewegt man sich immer in der technischen Abhängigkeit von zwei verschiedenen Komponenten: sowohl Browser als auch Betriebssysteme haben ihre eigenen Versionszyklen, die beachtet werden wollen.
  • Hybride Apps tun sich tendenziell etwas schwerer mit optimierter Usability und Performance als native Apps, auch wenn dieser Faktor durch die Entwicklung der Frameworks für eine hybride Entwicklung an Bedeutung verloren hat. Dafür sind die Anbieter/Nutzer-Interaktion und integrierte Client/Server-Kommunikation tendenziell etwas leichter realisierbar als mit rein nativen Apps.
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Das 2-Schicht-Modell von hybriden Apps: Der Nutzer installiert eine native „Container-App“ aus dem App-Store, während große Teile von User Interface und Business-Logik mit Web-Technologien implementiert sind.

 

Hybrid-Apps werden wie native Apps über die großen App-Stores vertrieben – haben dabei aber den Vorteil, dass direkter Kundenkontakt und B2B-Modelle etwas leichter realisierbar sind.

Was spricht für den Einsatz von Hybrid-Apps?

Hybrid-Apps bieten sich also für folgende Anforderungen an:

  • Alle Apps, die das „Beste aus beiden Welten“ benötigen, d.h. sowohl die Funktionstiefe von nativen Apps besitzen, als auch einen wesentlichen Content-Anteil haben und die Flexibilität bzw. Offenheit von Web-Apps nutzen müssen.
  • Die App beinhaltet einen hohen Anteil von Web-Content oder von Ressourcen, die oft aktualisiert und über Web-Server/CMS-Systeme ausgeliefert werden müssen.
  • Im Interaktionsmodell der App sind Schnittstellen zu Web-Datenbanken, anderen Web-Applikationen oder Drittanbieter-Lösungen von zentraler Bedeutung für den Kunden-Nutzen.
  • Die Verwendung von eigenen Kundendaten oder Schnittstellen zu eigenen CRM-Anwendungen sind notwendig, um geschäftskritische Funktionen zu realisieren.

Ein wesentlicher Teil der mobilen Web-Nutzung findet übrigens mittlerweile in eingebettenen Browser-Fenstern von Hybrid-Apps statt: Im Artikel „Browsers, not apps, are the future of mobile“ wird eine große Zahl von Fallbeispielen genannt, bei denen der User fließend zwischen nativer Funktion und In-App-Browser wechselt und dies in der Regel kaum oder gar nicht bemerkt. Und im Mobile Overview Report des Analytics-Anbieters scientiamobile wird herausgearbeitet, dass der Zugriff der Facebook-Apps auf Web-Links über den eingebauten In-App-Browser einen ganz wesentlichen Anteil am gesamten Mobile-Traffic hat: Grund genug, sich dieses Modell bei einem App-Projekt gut anzusehen.

Der RSS-Feedreader „Feedly“ als typisches Beispiel für eine Hybrid-Anwendung: Die Agreggierung und Auswertung von RSS-Feeds aus einem Nutzerkonto erfolgt in einer nativen Schicht – bei Anzeige eines Artikels aus dem Feed wechselt der Nutzer in einen integrierten In-App-Browser. (Quelle/Copyright: feedly.com)

Sie wollen mehr wissen?

Lesen Sie bei Interesse gerne auch den ersten Teil unseres Artikels zur Entwicklung nativer Apps – unsere Artikelserie wird in den nächsten Wochen hier fortgesetzt. Wenn Sie Bedarf an weiterem Knowhow für Ihre App-Projekte haben, sehen Sie sich gerne unsere Seminare im Programm der Akademie der deutschen Medien und bei der XML-Schule an, z.B. im Mai 2017 zum Thema „Web oder App? Digitale Content-Produkte entwickeln und umsetzen“. Daneben stehen wir Ihnen natürlich für Projektberatung, Workshops und Inhouse-Seminaren zur Verfügung – kommen Sie dazu gerne jederzeit auf uns zu!

App-Entwicklung: Nativ, Web oder Hybrid? Teil 3: Der richtige Entwicklungspfad

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Im ersten Teil unserer Artikelserie zur App-Entwicklung haben wir vor allem die Umsetzung nativer Apps betrachtet, im zweiten Teil die Vor- und Nachteile von Web-Apps und hybrider App-Entwicklung diskutiert. In einem neuen Projekt stellt sich natürlich immer die Frage, welcher Entwicklungspfad konkret gewählt werden soll. Auch dazu möchten wir Ihnen im dritten Teil unserer Artikelserie unsere Erfahrungen aus Projekten der letzten Jahre zusammenfassen:

Trends und Tendenzen in der App-Entwicklung

In der Produktentwicklung der letzten Jahre sind folgende Entwicklungen zu beobachten, die bei Projektierung und Design von App-Projekten eine Rolle spielen:

  • Performance-Themen spielen eine geringere Rolle als früher, dafür werden die Hybrid-Frameworks immer besser. Für viele Applikationen mit Content-Schwerpunkt gibt es in dieser Hinsicht keine zwingende Notwendigkeit mehr, immer und in jedem Fall nativ zu entwickeln. Auf der anderen Seite zeigen viele aktuelle Studien (zuletzt der Mobile Overview Report des Analytics-Anbieters scientiamobile) die ungeheure Fragmentierung des Hardware-Marktes, vor allem im in Deutschland traditionell starken Android-Bereich. Bei weitem nicht jeder Nutzer ist mit dem neuesten und besten Smartphone unterwegs – vor allem bei Zielgruppen wie Jugendlichen muss eine App daher auch verlässlich auf relativ günstigen Geräten lauffähig sein.
  • Schnittstellen und Interoperabilität spielen für viele funktionsorientierte App-Modelle eine immer größere Rolle: Das betrifft sowohl den Datenaustausch zwischen Apps, als auch eine tiefe Integration von Betriebssystem-Diensten – insbesondere bei hohem Innovationsanspruch einer Applikation oder eines Service. Für viele Anwendungsfälle muss eine App nicht nur in sich gut funktionieren, sondern auch mit allen relevanten zusätzlichen Diensten Daten austauschen können, um ihren vollen Wert zu entfalten.

Die Umsetzung von App-Schnittstellen im RSS-Feedreader Feedly: Die App ist nicht nur deswegen so beliebt, weil ihre Kern-Funktionalität hervorragend implementiert ist, sondern auch, weil sie mit mehr oder weniger jeder gängigen anderen Anwendung Daten austauschen und synchronisieren kann. (Quelle/Copyright: feedly.com)

 

  • Die App-Nutzung beim Kunden intensiviert sich zwar in Bezug auf die Nutzungszeit, verengt sich aber gleichzeitig auf relativ wenige parallel genutzte, zumeist bereits bekannte Apps. Neue Apps und Dienste müssen einen hohen Kundennutzen beweisen, damit der Nutzer eine Installation auch nur in Betracht zieht.
  • Um jeweils eigene Versionen für Android und iOS kommt man nur in wenigen, sehr speziellen Zielgruppen herum – zumeist braucht man die Android-Version für die Reichweite und die iOS-Version fürs Geld verdienen. Für die aktuelle Markteinschätzung der App-Stores empfiehlt sich dazu beim Projektstart auch jeweils ein Blick in die Auswertungen von App-Analytics-Anbietern wie App-Annie oder Flurry.
  • Für den Vertrieb von Apps ist eine App-Store-Präsenz aufgrund der Probleme bei der Sichtbarkeit und der schlechten Vermarktungsmöglichkeiten innerhalb der Stores immer weniger hilfreich. Dafür sind Content-orientierte Angebote immer mehr auf SEO und Sichtbarkeit außerhalb von Content-Silos angewiesen. Hat ein Modell seinen Schwerpunkt auf den Inhalten, ist oft gut zu überlegen, ob es wirklich eine Mobile-App sein muss – oder ob man sein Budget nicht lieber in die mobile Optimierung seines Web-Auftritts steckt.
  • Ganz zentral für die Akzeptanz beim Kunden sind optimale Usability und Anpassung an den Use Case – schlechte Apps werden vom Kunden mittlerweile schnell erkannt und abgestraft. In der Projektierung sollte deswegen unbedingt ein starker Fokus auf Entwurfsprozess, Design und Storytelling liegen. Hervorragende Usability und exzellentes Design sind für Apps inzwischen keine Alleinstellungsmerkmale mehr – eine erstklassige Implementierung wird von Kunden schlicht erwartet. Die aktuellen Herausforderungen im mobilen Usability-Design werden von mobilbranche.de im Interview mit der App-Designerin Melinda Albert gut zusammengefasst. Auch ein ausführlicher Methoden-Artikel vom Smashing Magazine zeigt auf, warum es für Auftraggeber und Produktmanager eine gute Idee ist, sich im Detail in den Entwicklungs- und Design-Prozess des Produktes einzubringen.

App-Entwicklung Schritt für Schritt: ganz wichtig ist die iterative Entwicklung und schrittweise Optimierung eines einmal entworfenen Modells – vor allem im laufenden Betrieb und natürlich auf Basis von echten Nutzungsdaten. (Quelle/Copyright: smashingmagazine.com)

 

  • Innovative Technologien wie App-Indexing zur Verbesserung der Suchbarkeit, Progressive Web Apps zur Optimierung von Web-App-Modellen oder die ganz neu eingeführten „Android Instant Apps“ können eine Hilfe sein auf der Suche nach dem geeigneten Entwicklungspfad. Aber bei der Bewertung ist immer Vorsicht geboten, ob hier nicht am Ende doch das Marketing der Anbieter besser war als die tatsächliche technische Lösung.
  • Die Apps großer Anbieter – insbesondere Social-Network-Apps und Messenger-Anwendungen – werden immer mehr zu universellen Integrationsplattformen für andere Dienste und Drittanbieter-Angebote. Für einige, insbesondere serviceorientierte Modelle kann es sinnvoll sein, gar keine eigene Applikation in den Markt zu bringen, sondern sich in solche Plattformen per Schnittstelle einzuklinken.

Welche Produktform ist die richtige für mein Projekt?

Wie aus der Charakterisierung der verschiedenen App-Typen deutlich geworden ist, gibt es nur wenige ganz eindeutige Kriterien, die die Entscheidung für einen der Entwicklungspfade nahe legen. Zu sehr spielen in der Praxis viele verschiedene Aspekte eine Rolle, sei es die optimale Funktionalität für den Kunden, die Anpassung an ein bestimmtes Zielgruppen-Profil, die Notwendigkeit für ein bestimmtes Vertriebs- oder Geschäftsmodell oder auch die Verzahnung mit anderen Teilen des Produkt-Portfolios. Und auch im Hinblick auf den Anteil von Content und Funktionalität sind jedes Projekt und jeder Anwendungsfall noch einmal anders zu bewerten.

Zusammenfassend kann man dabei von folgenden Leitlinien ausgehen:

Funktionen

  • Je wichtiger der Bereich der Funktionen, die hoch optimierte Unterstützung eines mobilen Anwendungsfalls oder die Nutzung von zentralen Schnittstellen und Systemdiensten der Mobilbetriebssysteme ist, umso mehr spricht für eine rein native Implementierung unter iOS und Android.
  • Je Content-zentrierter eine Anwendung in Bezug auf ihren Kundennutzen ist, je mehr sie mit dem Content- und Interaktions-Modell mit einer Website oder Online-Datenbank vergleichbar ist und je mehr Sichtbarkeit im Netz und SEO-Aspekte eine Rolle spielen – umso mehr spricht für eine Web- oder Hybrid-App.

Geschäftsmodell und Vertrieb

  • Je besser die Applikation vom Geschäftsmodell und von den Vermarktungsmechanismen her in das Vertriebsmodell der App-Stores passt, umso mehr spricht für eine native Entwicklung.
  • Je mehr Direktvertrieb, direkter Kundenkontakt oder die Hoheit über Kundendaten für Ihr Geschäftsmodell eine zentrale Rolle spielt, umso mehr spricht für eine Web- oder Hybrid-App.
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Die Entscheidungskriterien für ein App-Modell im Überblick: Zentrales Thema ist der Schwerpunkt auf Content oder auf Funktionen – daneben spielen die Details des Use Cases und das angestrebte Vertriebs- und Vermarktungsmodell eine wesentliche Rolle.

 

Wohin bewegt sich der App-Markt?

Unsere Markteinschätzung der App-Stores haben wir zu Anfang des Jahres zusammengefasst. Daneben sind die regelmäßig erscheinenden Auswertungen von App-Analytics-Anbietern wie App-Annie oder Flurry immer eine gute Quelle für die aktuelle Marktentwicklung. Darüber hinaus sind uns jüngst folgende lesenswerte Studien und Artikel aufgefallen:

  • Der Mobile Benchmark Report von Adjust zeigt vor allem die Tendenz, dass Nutzer mittlerweile weniger einzelne Apps verwenden als früher, dafür aber mehr Zeit mit ihnen verbringen. Zentral für eine langfristige Monetarisierung ist also eine gute Nutzerbindung und eine Erhöhung des Engagements.
  • Der Mobile Overview Report des Analytics-Anbieters scientiamobile gibt einen guten Überblick über die mobile Geräte-Landschaft in Europa und zeigt, wie frappierend hoch in den mobilen Ökosystemen der Anteil des Web-Traffic ist, der alleine von der Facebook-App verursacht wird.
  • Der Adobe Digital Insights Report beschreibt vor allem die besondere Situation von Europa: Gegenüber anderen globalen Märkten ist die App-Nutzung hier (noch) im Aufwind; gleichzeitig wird aber auch die ausgesprochen schwierige Monetarisierung deutlich.
  • Der Artikel „Current Trends And Future Prospects Of The Mobile App Market“ aus dem Smashing Magazine legt seinen Schwerpunkt auf die verschiedenen mobilen Geschäftsmodelle und Monetarisierungsformen und zeigt auf, welche davon wie gut funktionieren.
  • Der Artikel „What to expect from the app market this year“ betrachtet die verschiedenen App-Genres und gibt eine Prognose ab, welche davon aktuell boomen (Shopping-Apps, Medien-Streaming, Online-Banking).

Die weltweite Entwicklung der App-Downloads über die letzten Jahre: Der Markt legt nach wie vor kräftig zu, allerdings profitiert davon vor allem Apple, was die Umsätze angeht – trotz des deutlich höheren Absatzes im Google Play Store. (Quelle/Copyright: appannie.com)

 

Sie wollen mehr wissen?

Wenn Sie Bedarf an weiterem Know-how für Ihre App-Projekte haben, sehen Sie sich neben dem ersten Teil unserer Artikelserie zur Umsetzung nativer Apps und dem zweiten Teil zu Web-Apps und hybrider App-Entwicklung gerne auch unsere Seminare im Programm der Akademie der deutschen Medien und bei der XML-Schule an, z.B. im Mai 2017 zum Thema „Web oder App? Digitale Content-Produkte entwickeln und umsetzen“. Daneben stehen wir Ihnen natürlich für Projektberatung, Inhouse-Seminaren und Workshops zur Verfügung – kommen Sie dazu gerne jederzeit auf uns zu!

Mobile Publishing: Update März 2016

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Ja, jetzt kann man seine Dateien auch als EPUB speichern, wenn man auf Google docs arbeitet. Und dass, wo doch so spannende Entwicklungen im Markt zu beobachten sind, vom Pricing bis zu Streaming-Modellen, von Bastei bis Rowohlt. Schade, dass zeitgleich der eBook-Markt nicht mehr so wächst – aber dafür bietet der Appmarkt schöne Möglichkeiten im Design und nicht zu vergessen sind die vielen Daten, die ja erst neue Angebote ermöglichen. Aber lesen Sie selbst, was der letzte Monat so an Neuerungen gebracht hat:

So entwickelt sich der Markt

Die Kurve zeigt nach unten: In der Gesamtentwicklung befinden sich Buchmarkt wie eBook-Markt aktuell eher in Katerstimmung. Für den deutschen Markt zeigen die aktuellen GfK-Zahlen recht deutlich einen langsamen, aber stabilen Abwärtstrend. Und auch die aktuellen AAP-Zahlen für die USA sehen nicht gut aus – angesichts der Entwicklung wird eventuell doch der eine oder andere US-Verlag das frisch ausgehandelte Agency-Pricing-Modell bereuen. Die Publishing Perspectives stellen dagegen ausführlich, aber deprimierend dar, warum es in Europa für alles mögliche einen freien Markt gibt, nur nicht für eBooks. Wie gut, dass Knut Nicholas Krause auf die Aktivitäten von Bastei-Lübbe hinweist und Sarah Mirschinkas Vortrag über Pricing von eBooks und Vertrieb auf der Leipziger Messe würdigt.

Barnes & Nobel gibt den UK-Markt auf: Und natürlich gibt es bei dieser Entwicklung bereits die ersten Verlierer. Barnes & Nobel hat zwar mit seinem hauseigenen Nook-Reader einen ambitionierten Start für ein eigenes eBook-Ökosystem hingelegt, aber schon die Kooperation mit Microsoft im Nook-Segment stand unter keinem guten Stern. Nachdem Anfang März spektakuläre Verluste in der Nook-Sparte gemeldet wurden, hat das Unternehmen schnell und radikal reagiert: Der Geschäftsbetrieb im UK wird quasi sofort eingestellt, den Kunden bleibt nach Informationen von Barnes & Noble nur übrig, zum Fulfillment-Anbieter Sainsbury Entertainment zu wechseln, wenn sie ihre gekauften eBooks weiter nutzen möchten:

 

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Der Abschiedsbrief von Barnes & Noble an seine UK-Kunden: eine weitere Erinnerung daran, dass man mit eBooks aktuell in der Regel eben doch nur ein durchaus beschränktes Nutzungsrecht erwirbt.

 

Die Technologien zur Umsetzung

Innovationen fürs eBook: Auch wenn sich in den letzten Jahren in diesem Bereich viel getan hat, jedem eBook-Produktioner ist klar, dass bei Herstellungsprozessen und Gestaltung von eBooks noch jede Menge Luft nach oben ist. Eine Umfrage unter eBook-Herstellern aus einer aktuellen Masterarbeit zeigt, wo die deutschen Publikumsverlage momentan stehen: von Produktionsmengen über die Tools zur Herstellung bis zu Themen wie DRM-Einsatz, Font-Einbettung und Qualitätssicherung sind hier spannende Ergebnisse gesammelt.

 

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Die bunte Welt der eBook-Produktionsprozesse – aus der Umfrage zur Herstellung von eBooks (Quelle/Copyright: Nils Tiemann / @NilsTiemann)

 

Vom US-Dienstleister Kevin Callahan kommen eine Reihe von nützlichen Tipps für die Feinarbeiten bei der eBook-Produktion, gesammelt in einem Beitrag für Digital Book World. Und Joe Wikert macht sich Gedanken darüber, wie man eBooks mit Verzeichnissen, Übersichten und alternativen Content-Zugängen zusätzlichen Mehrwert geben kann.

Aber auch bei den Tools tut sich immer wieder erfreuliches: Aktuell hat sich Google Docs in die Reihe der EPUB-Tools eingereiht. Und iBooks, der Standard-eBook-Reader im Apple-Ökosystem, ist mit dem aktuellen Release iOS 9.3 mit einigen sehr erfreulichen Funktionen erweitert worden. Weit in die Zukunft gedacht sind dagegen die Pläne von Google: zwei aktuelle Patente zeigen, wie sich das Unternehmen das eBook von übermorgen vorstellt.

App-Design – so klappt es mit dem Kunden: Die Unkenrufe vom „Ende der App-Ära“ haben sich nach der aktuellen Marktentwicklung doch als geringfügig übertrieben herausgestellt. Umso wichtiger ist es aber 2016, bei Design und Umsetzung alles richtig zu machen, um in der Masse der App-Stores noch hervorzustechen. Auf der einen Seite hilft dabei, dass die Mobilbetriebssysteme stetig besser werden, wie das aktuelle iOS-Release zeigt.

Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile jede Menge des notwendigen Handwerkszeug zur freien Verfügung, denn viele Entwickler bauen nicht nur hervorragende Apps, sondern veröffentlichen ihre Erkenntnisse auch. Eine tolle Informationsquelle ist beispielsweise die Microsite „Designing for mobile moments“ von Google, auf der Nutzerstudien, Fallbeispiele und technisches Know-how zur erfolgreichen Mobilentwicklung gesammelt ist. In eine ähnliche Richtung geht beispielsweise auch das „Mobile App Playbook“ von Twitter.

Ein ganz besonderes Thema beim App-Design sind Push-Benachrichtigungen –  heiß geliebt vom Marketing, aber auch ein effizientes Mittel, Nutzer bei schlechtem Design in den Wahnsinn zu treiben. Damit der Einsatz nicht nach hinten los geht, zeigt prototypr.io auf seinem Blog die „Do’s und Dont’s für App-Notifications“.

 

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Push-Notifications: Ein zweischneidiges Schwert, das vorsichtig eingesetzt werden möchte, soll der Nutzer nicht mit Nachrichten überflutet werden.

 

Dieses Produkt will der Kunde

eLearning für die Zukunft: Einer der Produkttypen, bei denen digitale Produkte besondere Chancen bieten, sind Lehrbücher und didaktische Inhalte. Dennoch ist es gerade hierzulande immer noch so, dass nur wenige Plattformen diese Chancen auch tatsächlich nutzen. Warum zum Beispiel eBooks als Medium für Lehren und Lernen noch quasi unbenutzbar sind (und wie man das ändern könnte), zeigt prototypr.io in einem aktuellen Blogbeitrag. Wie man mit Ansätzen rund um Blended Learning die digitale Lehre anschieben kann, haben wir jüngst in einem eigenen Beitrag zusammengefasst. Und einen didaktisch interessanten Ansatz zeigt O’Reilly mit einer frisch gelaunchten „Oriole“-Plattform: Problemstellungen aus Programmierung und Systementwicklung werden hier mit einer Web-basierten Lösung vermittelt, die als Media-Mashup aus Video-Tutorial, Text-Erklärungen, Code-Beispielen und interaktiven Komponenten aufgebaut ist.

 

So erreiche ich den Kunden

Mit eBook-Analytics den Kunden entschlüsseln: Die im Web mittlerweile gängigen Analytics-Methoden auf eBooks zu übertragen, das ist die Mission von Andrew Rhomberg mit seiner Firma Jellybooks. Auf Basis seiner ersten größeren Projekte sind aktuell einige höchst spannende Artikel mit den zentralen Insights erschienen, unter anderem bei Digital Book World oder auch in der New York Times. Wie immer bei Analytics-getriebenen Ansätzen wird es dabei aber erfolgskritisch sein, nicht nur Zahlen zu sammeln, sondern daraus auch die richtigen Schlüsse für Portfolio-Entwicklung und Vermarktung zu ziehen.

Und was man alles aus der Sicht eines globalen Ökosystems braucht, um die Kunden zu entschlüsseln, das zeigt ganz schön die Diskussion um den Beitrag über eine mögliche „Facebook-Suche“ von Jens Wiese: Die Frage ist berechtigt, denn Facebook unternimmt alles, um dem Kunden so nah wie möglich zu sein. Und doch steht das Unternehmen vor vielen kaum zu lösenden Fragen, will es ebenso viele und gute Daten erhalten wie Google das schon macht.

Neue Plattformen im deutschen Markt: Schon länger in Deutschland unterwegs ist Readfy mit seinem Modell einer kostenlosen, aber werbefinanzierten eBook-Flatrate. Nach einer weiteren Finanzierungsrunde versucht sich das Startup an einem Ausleihe-Modell für eBooks – grundsätzlich eine spannende Idee, bei der es wahrscheinlich erfolgsentscheidend sein wird, ausreichend werthaltigen Content für die Plattform zu akquirieren.

Wem es dagegen noch nie an Content gemangelt hat, ist Rowohlt: Mit Rowohlt Rotation bringt der Verlag sein eigenes Modell für kurze Texte in eBook-Form in den Markt. Gegenüber den anderen bekannten Kurztext-Modellen können die Inhalte hier nicht nur einzeln erworben, sondern auch in „Playlists“ zusammengestellt, mit eigenem Cover versehen und auf Wunsch auch direkt auf Mobilgeräte heruntergeladen werden.

Schon länger im Gespräch ist Oolipo, das Bastei-Lübbe-Imprint für mobiles Storytelling. Anläßlich der Leipziger Buchmesse wurden hier mehr Details bekannt: Mit einer eigenen App will das Label seine eigene Vorstellung vom Erzählen für Mobilgeräte entwickeln – mit einer Mischung aus enhanced eBooks und Scrollytelling-Websites wird hier ein ganz eigener Stil kultiviert, der ein wenig an die jüngst gelaunchten „Editions at play“ von Google erinnert.

Wer sich dagegen mit Content Marketing im Buchbereich befasst, dem sei ein Blick auf den gerade gestarteten Content-Blog von Hobbit Presse empfohlen. Sowohl optisch wie auch inhaltlich weht hier angenehm frischer Wind – und gerade Nischen-Genres wie Fantasy dürften sich für diese Art der engen Kundenbindung besonders eignen.

 

Die Umsetzung

Strategien – von unten nach oben: Die strategische Umsetzung der Transformation in ein Online- und Digital-Business ist stets eine große Herausforderung für jedes Unternehmen egal welcher Größe. Ein oft gewählter Weg ist dabei die Einführung agiler Prozesse – nicht immer leicht für Medienhäuser, deren Hauptgeschäft Inhalte für den Kunden ist. Wie man die Arbeit an Content mit agilen Methoden verzahnen kann, zeigt ein schöner Grundlagen-Artikel bei A list apart.

Harvard Business Review hat sich dagegen zahlreiche erfolgreiche Unternehmen aus der digitalen Welt angesehen und Schlüsselfaktoren für diesen Erfolg herausgearbeitet – eine Zusammenfassung der 4 wichtigsten Strategien findet sich hier auf dem HBR-Blog. Wie dringend notwendig diese Erkenntnisse sind, zeigt ein Artikel von Holger Schmidt auf netzoekonom.de: Danach treiben 60% der Großunternehmen in Deutschland die digitale Transformation nicht ernsthaft voran. Der Hauptgrund: Verteidigung bestehender Strukturen.

 

Hürden für die digitale Transformation

Die wesentlichen Gründe, warum die digitale Transformation in Deutschland nicht vorankommt. (Quelle/Copyright: netzoekonom.de)

 

Wir wünschen wie immer erkenntnisreiche Lektüre!

 

 

Mobile Publishing Update: #rpTEN-Special

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Zum zehnten Mal fand sie diesen Mai in Berlin statt – die re:publica: Gewachsen vom Bloggertreffen zur Digital-Konferenz, ist sie noch immer einer der innovativsten und wichtigsten Treffpunkte, um am Puls des Netzes zu bleiben, die Trends der digitalen Entwicklung zu verfolgen und über den eigenen Tellerrand zu blicken. Aus diesem Anlass widmen wir unser aktuelles Mobile-Publishing-Update abseits der gewohnten Kategorien den Entdeckungen aus Berlin:

Die Lage: so mittel

So richtig ausgelassen ist die Stimmung trotz des „Klassentreffen-Charakters“ der Veranstaltung zu ihrem Jubiläum nicht, zu viele schwergewichtige Themen stehen auf der digitalen Agenda: von der Totalüberwachung im Netz bis zum um sich greifenden Hatespeech, der Überschattung durch die TTIP-Leaks von Greenpeace – da harrt noch einiges der Bearbeitung. Umgekehrt gibt es hier wie jedes Jahr so viel spannendes aus allen Bereichen der Netzwelt zu sehen, dass von digitalem Trübsal-Blasen überhaupt keine Rede sein kann. Ganz im Gegenteil.

 

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Hier aber ein Überblick über die spannendsten Themen für Publisher, Medienhäuser und Content-Anbieter:

 

Augmented Reality, Virtual Reality und 360-Grad-Video

Über ein Dutzend Sessions beschäftigten sich mit allen Aspekten der virtuellen Realität und ihrem Einsatz für Storytelling, Gaming, bildende Künste, Film und Newsmedien. Die Technologien werden alleine durch die Geräte-Generation dieses Jahres aller Voraussicht nach große Sprünge machen und die ersten Medien-Experimente glänzen durch wirklich spektakuläre Bildwelten.

Drei Beobachtungen jedoch zogen sich wie ein roter Faden durch alle Präsentationen:

  • Noch sind die Geräte relativ teuer, relativ schwer und man sieht darin merkwürdig aus bis an die Grenze der sozialen Akzeptanz. Damit besteht immer noch die Chance, dass die Technologien in der „Segway-Sackgasse“ landen.
  • Die Visualisierungen sind bereits jetzt beeindruckend bis spektakulär, allerdings bleiben die Talks dazu auf seltsame Weise hinter den Bildern zurück. Es scheint sehr viel schwerer zu sein, über AR/VR zu sprechen, als sie zu zeigen.
  • Die Kreativen in AR/VR müssen ordentlich umlernen in der medialen Inszenierung, der Dramaturgie und dem Einsatz von Stilmitteln. Oder, wie es in einer Session hieß: „VR ist ungefähr so radikal für die bildenden Künste wie die Einführung der Perspektive in der Malerei“.

Die interessantesten Sessions dazu hier in der Übersicht:

 

 

Gut zu diesen #rpTEN-Impressionen passt der ausführliche Hintergrund-Artikel der Wired zu Magic Leap, dem aktuell vielleicht interessantesten Startup im AR/VR-Bereich. Und Jonathan Ravasz zeigt auf Medium sehr anschaulich, wie Gestaltung und Design in virtuellen Realitäten funktionieren.

 

Digitales aus Papier

Für die Drucktechnik-Fachleute unter meinen Bekannten scheint es keine ganz neue Idee zu sein, für mich war die Demo jedoch wirklich spektakulär: Kate Stone zeigt in ihrem Talk „A new feel for print“ einen spannenden Weg für „digitale Print-Produkte“ ihrer Firma Novalia. Dabei werden mit leitfähigen Tinten, die in normalen Druckverfahren verwendet werden können, quasi Schaltungen und Halbleiter direkt auf Papier und Karton gedruckt. Der Effekt: es entstehen Touch-fähige Flächen auf der Druckseite, die z.B. dazu verwendet werden können, Impulse direkt an Mobile Apps oder Klangerzeuger weiterzugeben – das wäre eine Fundgrube an Ideen für die wirklich organische Verbindung von Print- und Digitalmedien:

 

 

Praktisch eingesetzt wurde die Technologie in Europa z.B. bei diesem Projekt zur Verknüpfung von Print-Broschüre und Mobile-App für Audi:

 

 

Lehren und Lernen im Digitalen

Auch der digitalen Lehre widmeten sich zahlreiche Sessions, das Spektrum reicht hier von Grassroots-Ansätzen in der Fortbildung über Dezentrale Klassenzimmer in Entwicklungsländern bis zu hochgestochenen multimedialen Ansätzen. Leider sind in diesem Thema nur wenige Talks online verfügbar, hier die interessantesten davon:

 

 

Die aktuellen Trends in diesem Bereich haben wir in letzter Zeit ebenfalls zusammengefasst, in Artikeln zu Chancen und Grenzen der digitalen Lehre, zu MOOCs und zu Blended-Learning-Konzepten.

Spannend erscheint uns auch ein Longread der Wired zur Strategie von Pearson Education: der Bildungskonzern versucht nicht nur, immer mehr Bereiche der Lernmedien zu dominieren, sondern auch, die Schulen dazu gleich mit zu übernehmen. Man wird sehen, ob diese Strategie aufgeht…

Und dass sich Investitionen in Fortbildung gerade jetzt lohnen, zeigt ein aktueller Artikel des Wallstreet Journal: trotz Automatisierung und Bots in der Arbeitswelt werden die Jobs für Wissensarbeiter stetig mehr.

 

Fanfiction und Selfpublishing

Für mich einer der Höhepunkte der re:publica war der Talk von Laurie Penny: Anhand der Storywelten der Popkultur wie Star Trek oder Harry Potter zeigt sie, wie sich die parallel dazu entwickelte Fanfiction zur emanzipatorischen Kraft entwickelt hat. Denn abseits vom „Monomythos“ der klassischen Heldenreise schreiben hier die Fans ihre eigene Geschichte abseits des klassischen Literatur-Kanons („a lot of dead white men – and Jane Austen“), egal wie schräg, queer oder pubertär sie auch sein mag.

Und der Vielfältigkeit des modernen Lebens kommt das auf jeden Fall zu Gute – jedenfalls scheint hier eine ganze Generation von schreibenden Jugendlichen ihren ureigenen Ausdruck von Diversity zu finden, wie es Laurie in ihrem Vortragstitel „change the story, change the world“ formuliert hat – im besten denkbaren Sinne. Der Eindruck scheint nicht nur bei mir hängen geblieben zu sein, denn neben dem schon sehr netten Artikel der Wired hat sogar die FAZ Laurie Penny einen sehr ausführlichen und ungewöhnlich wohlwollenden Bericht gegönnt.

 

Von Dauerkritikern und Wutbürgern: Hass im Netz

Ebenfalls ein brandaktuelles Thema in Berlin war die aufgeladene Stimmung im Netz, die sich in den öffentlichen Kontroversen der letzten Monate Bahn gebrochen hat. Gleich mehrere exzellente Sessions widmeten sich diesem Komplex:

Ingrid Brodnig legt in ihrer Session „Warum Lügengeschichten so gut funktionieren“ die Mechanismen von Hass-Kommentaren und Shitstorms offen und zeigt, wie schnell der Weg vom hastig getippten Post über den Hoax bis hin zur veritablen Staatskrise gehen kann:

 

 

Kübra Gümüşay dagegen nimmt „Organisierte Liebe“ zu ihrem Motto: in ihrer leidenschaftlichen Rede, die viel Echo auf der re:publica gefunden hat, fordert sie dazu auf „die Kommentarspalten zu fluten“ und die positive Emphase zu teilen, denn: „der Hass ist bereits organisiert“:

 

 

Leider noch nicht online verfügbar ist der brilliante Talk von Carolin Emcke, die die „Raster des Hasses“ im Netz ebenso treffend wie rhetorisch exzellent seziert – immerhin aber im Bericht von T3N nachzulesen. Ganz aktuell zum Thema passt ebenfalls der lesenswerte Longread „Das Internet als Kritikmaschine“ von Christoph Kappes.

Und auch wenn uns dieses Thema in den Verlagen und Medienhäusern zunächst nur mittelbar betreffen mag: es ist immer wieder wichtig, sich beim Publishing im Netz deutlich klar zu machen, wie polarisiert und aufgeladen die Kommunikation um uns herum aktuell ist – und dass diese Rahmenbedingungen es öfter nötig machen werden, eine klare Haltung einzunehmen.

 

Digitale Cargo-Kulte

Gunther Dueck widmet sich mit stets beißendem Humor den „digitalen Cargo-Kulten“: Ähnlich wie beim historischen Vorbild geschieht es auch in der digitalen Wirtschaft immer wieder, dass bei Trends und Methoden die Kausalitäten völlig missverstanden und in der Folge Buzzwords unreflektiert, aber quasi kultisch verehrt durch die Organisationen getrieben werden. Vom QR-Code über Social Media Marketing, von agilen Methoden bis Design Thinking – die Liste der Mißverständnisse ist lang, und jeder vom mittleren Management aufwärts wird davon sein Liedchen singen können…

 

 

Wir wünschen wie immer aufschlußreiche Lektüre bzw. unterhaltsames Nachverfolgen des digitalen Treibens in Berlin!

 

 

Start-ups aus Indien: das Beispiel Juggernaut

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Nicht nur in Deutschland sprießen jedes Jahr neue Startups in der Verlags- und Medienbranche aus dem Boden. Sie versuchen, aus dem Schwung der Digitalisierung ihr ganz eigenes Modell für ein unwiderstehliches Angebot für den Kunden zu entwickeln. Und viele scheitern: am Geschäftsmodell, an der Kundenakzeptanz und manchmal schlicht an sich selbst. Auf unserer letzten Seminarreise nach Indien haben wir uns mit Juggernaut ein Modell für digitales Lesen angesehen, das uns besonders instruktiv erscheint für das Thema Produktentwicklung in Märkten mit großen Herausforderungen. Natürlich ist das hier entwickelte Modell nicht direkt auf Europa übertragbar – die Anpassung des Angebots an den Kundenbedarf und die besonderen Marktbedingungen sind aber sicher auch für Business Developer hierzulande interessant:

Das Marktumfeld

Wie wir auf unseren letzten Reisen bereits live erleben durften, gehört Indien mit zu den „emerging markets“, mit denen weltweit besondere Hoffnungen verbunden werden. Mit seiner im Vergleich zu Europa riesigen Bevölkerung sind die potenziellen Käuferschichten entsprechend groß, die Mentalität ist sehr offen gegenüber neuen Technologien und den mobilen Ökosystemen. Dementsprechend herrscht unter den Anbietern von Digitalmedien Goldgräberstimmung, sowohl bei lokalen Publishern, als auch bei internationalen Playern wie Amazon, die trotz einiger Schwierigkeiten im Markt nach Indien expandieren.

Dennoch darf man nicht verhehlen, dass der indische Markt erhebliche Herausforderungen in sich birgt: Für Verlage existiert bisher keinerlei landesweite Distributions-Infrastruktur für physische Produkte. Der Markt ist extrem preissensibel und sowohl analog wie digital ist unsanktionierte Piraterie an der Tagesordnung. Zwar ist das Smartphone allgegenwärtiger als irgendwo in Europa, aber die Regel sind Billigst-Android-Geräte und von einer verlässlichen Verfügbarkeit von performantem Mobilnetz kann keine Rede sein. Keine idealen Voraussetzungen für das schnelle Geld beim Digitalmedien-Angebot also. Welche Modelle entwickeln aber indische Startups, um unter diesen Bedingungen erfolgreich zu sein?

Das Fallbeispiel Juggernaut

CHiki-Sarkar

Chiki Sarkar, die Gründerin von Juggernaut (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

Die Gründerin Chiki Sarkar kommt zwar aus der Führungsspitze der indischen Division von Random House, hat sich aber für Juggernaut mit dem Digital-Spezialisten Durga Raguath zusammengetan, hinzu kommen Investoren und Business Angels wie Infosys, BCG India und Fabindia. Mit Juggernaut kommt ein App-basiertes Modell für digitale Kurztexte in den indischen Markt, das speziell auf den Erwerb und Konsum auf Mobilgeräten ausgelegt ist. „Mobile first“ wird hier nicht nur für die Anwendungsentwicklung, sondern für das gesamte Geschäfts- und Angebotsmodell gedacht. Und so kommt es, dass das Startup nicht nur in Branchenorganen, sondern bis hin zur Forbes lobende Erwähnung gefunden hat.

 

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„tailored for mobile and for India“: bereits die Landingpage macht deutlich, wo hier die Schwerpunkte gesetzt werden. Und in den Details des Angebotes setzt sich die Fokussierung fort. (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

Mobile first, digital first – by design

Zunächst einmal geht es also „nur“ um eine Mobile App zum Lesen digitaler Texte – was aber macht das Besondere dieses Angebotes für den indischen Markt aus?

  • Die Angebotsform: Die Inhalte können nur über die App erworben und gelesen werden. Damit wird das (in der Praxis ganz erhebliche) Problem der Piraterie umgangen – denn über die Tatsache hinaus, dass schon die Gesetzgebung zum Schutz von intellektuellem Eigentum mehr als lax ist, sind Gesetzesverstöße kaum einklagbar.
  • Mobile first: Zum Ausgleich sind App und ihre Inhalte in jedem Detail optimiert auf die Nutzung mit dem Smartphone – nicht nur was Webtypographie und Funktionen angeht, auch Social-Sharing-Optionen wurden von Anfang an mit integriert.
  • Android first: Bei der App-Entwicklung wurde zwar von vorneherein auf Android und iOS hingearbeitet – aber die Android-Version war bereits einige Monate früher auf dem Markt: eine ausgesprochen sinnvolle Strategie in einem Markt, in dem 80-90% der Nutzer mit Android-Smartphones chinesischer Noname-Anbieter unterwegs sind.
  • Pricing und Geschäftsmodelle: Das Preismodell ist extrem niedrigschwellig ausgelegt: einzelne Titel beginnen bereits bei 10 Rupien im Einzelverkauf (etwa 15 Cent), die teuersten Titel liegen um die 100 Rupien (etwa 1,50€). Für das Abomodell sind Tagespässe im Preisbereich um die 20 Cent und ein Monatsabo für etwa 5 Euro in der Diskussion. Für den preissensiblen indischen Markt macht das Sinn (Amazon hat sich hier mit dem regionalen Anbieter Flipkart z.T. Preiskämpfe geliefert, bei denen es um Preisunterschiede im Cent-Bereich ging) – die Monetarisierung muss hier immer über die Masse der Verkäufe gehen.

 

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„Crafted for mobile“ – dieser Design-Ansatz zieht sich durch alle Teile des Angebots (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

  • Titelauswahl: Die Titelauswahl wurde auf das mobile Lesen kurzer Texte hin vorgenommen – alleine bei den immensen Massen von Pendlern in den indischen Großstädten wird hier eine relevante Kundengruppe angesprochen. Neben einzelnen Literatur-Klassikern sind vor allem Titel zu finden, die sehr spezifisch auf den indischen Geschmack abgestimmt sind. Juggernaut akquiriert aktuell bei vielen kleinen Verlagen des Landes Content für den Ausbau der Plattform, statt sich an internationalen Bestsellern zu orientieren.
  • Discoverability: Neben einzelnen Titelvorschlägen werden die Inhalte auch in Themen-Channels gebündelt, neben klassischen Bündelungen wie „Fiction“, „Politics“ oder „Crime“ werden hier auch Channels für die Nutzung wie „Best stories to commute“ oder regionale Themen wie „India vs. Pakistan“ angeboten.
  • Nutzer-Interaktion: Rezensionen und Ratings können in Community-orientierten eReading-Apps ja fast schon als selbstverständlich angesehen werden – dazu kommen Funktionen wie Interaktions-Möglichkeit mit den Autoren, Geschenk-Gutscheine für Freunde sowie der Ausbau des Portfolios durch Serien, Bilderbücher, Graphic Novels und Hörbücher.
  • Mobile Payment: Von Anfang an sind die in Indien gängigsten Bezahlsysteme für Mobile Payment mit in der App integriert. Auch das ist für einen Erfolg nahezu unabdingbar, denn bargeldloses, mobiles Bezahlen ist in diesem Markt bereits sehr viel verbreiteter als in Europa und gehört zu einem mobilen Angebot schlicht dazu.

 

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Auch Mobile Payment gehört zu einem unwiderstehlichen Angebot: Erst wenn nicht nur das Suchen und Finden von Lektüre, sondern auch das Kaufen und Lesen nahtlos und in Sekundenschnelle möglich sind, werden die Hürden für die Monetarisierung so niedrig wie möglich gelegt. (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

Was also auf den ersten Blick wie eine eReading-App unter vielen aussieht, ist in den Details ein ausgesprochen durchdachtes, kluges Modell, das passgenau für eine sehr spezielle Situation entwickelt wurde. Man merkt, dass hier viel Zeit in Markt- und Zielgruppen-Analyse und die Entwicklung eines darauf abgestimmten Angebotes investiert wurde. Und diese Investition kann im Zweifelsfall entscheidender für den Erfolg sein als der Kapitaleinsatz an sich – egal ob in Indien oder hierzulande.

 

 

Siri für alle, Abos im Appstore: was Apple plant

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Letzte Woche fand in San Francisco mit der WWDC die jährliche Entwicklerkonferenz von Apple statt. Stets werden dort die aktuellen Neuigkeiten aus der Produktwelt vorgestellt und die Weichen für das nächste Jahr der Software-Entwicklung gestellt. Was erwartet Nutzer und Kunden des Apple-Ökosystems? Auf welche Innovationen können sich App-Entwickler und Content-Anbieter einstellen? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Trends der WWDC:

Traditionell beginnt die WWDC stets mit einer längeren Keynote, in der quasi im Schnelldurchlauf alle News für die mittlerweile vier Betriebssystem-Plattformen von Apple vorgestellt werden. Im Vorfeld lief natürlich die Gerüchteküche heiß und selbstverständlich brannte das Produktmanagement 2 Stunden lang ein Feuerwerk von großen und kleinen Innovation ab. Im Fokus stand vor allem das im Herbst erscheinende iOS 10, aber auch die anderen Plattformen für Desktop, Smartwatch und Fernseher kamen nicht zu kurz. Für eine schiere Aufzählung der neuen Features und Funktionen möchte ich gerne auf die hervorragende Zusammenfassung von Wired verweisen – im Nachgang erscheinen mir die grundlegenden Trends der Entwicklung bei Apple spannender:

Vernetzung der Hardware-Plattformen

In der Präsentation wird sehr viel deutlicher als sonst, wie sich Apple mit iOS, dem frisch neu gelabelten macOS, watchOS und tvOS mittlerweile als Anbieter von vier parallelen Betriebssystem-Plattformen mit jeweils eigenen Appstores und eigener Entwicklungsstrategie versteht. Und sehr viel mehr als früher werden die verschiedenen Geräte nun auch per Software miteinander verzahnt:

Das beginnt bei relativ einfachen und naheliegenden Möglichkeiten wie der Verwendung des iPhone als Fernbedienung für tvOS-Apps (natürlich mit entsprechenden Companion-Apps für iOS und Siri für die Sprachsteuerung des ganzen), geht über geräteübergreifendes Copy & Paste zwischen macOS/iOS und reicht bis zur komplexen Integration mit der Verwendung von Apple Pay zum Bezahlen im Netz am Desktop, bei dem die Authentifizierung dann aber wieder über TouchID auf dem iPhone erfolgt.

Natürlich werden nur reinrassige Apple-User an diesen Features ihre Freude haben, aber wenn man die Fallbeispiele aus der WWDC-Keynote weiter denkt, sind hier viele nützliche Use Cases vorstellbar. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist wie immer: Noch mehr Daten in einem einzigen Ökosystem, noch mehr Lockin-Effekt für den Kunden – und dass auch die Apple-Ingenieure diese Systeme wirklich so sicher halten können, wie man sich das wünscht, will man am Ende auch nicht immer so recht glauben.

Und so schön die „Continuity“ genannte Integration von macOS und iOS in der Praxis auch sein mag: iCloud-Drive dafür de facto zum Standard der Datenspeicherung zu machen (inklusive automatischer „intelligenter“ Löschfunktion), ist für jeden ein Angst-Szenario, der schon einmal mit Apples bekannter Unfähigkeit konfrontiert war, halbwegs verlässliche Sync-Algorithmen zu programmieren…

 

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Bezahlen im Internet über Apple Pay am Notebook, Authentifizierung am iPhone über TouchID: so stellt sich Apple geräteübergreifende Synergien vor. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Vernetzung der Apple-Anwendungen und Dienste

Was ebenfalls an vielen Stellen des Apple-Universums auffällt, ist die immer stärkere Vernetzung der eigenen Anwendungen und Dienste untereinander: Nahezu an allen Stellen, an denen etwas bezahlt werden könnte, liegt ApplePay als Bezahlsystem darunter. Die Siri-Engine beherrscht mittlerweile sehr viel mehr als nur Sprachsteuerung und dient mittlerweile auch zur Kontexterkennung in vielen anderen Apps, bei denen sie für intelligentere Nutzerführung eingesetzt wird, zum Beispiel für Antwort- und Phrasen-Vorschläge in Messenger-Apps. Egal ob es um Kontakte/Termine, Messaging, Mails, die Maps-Anwendung oder die Foto-App geht: an fast allen Stellen wird über versteckte KI versucht, dem Nutzer genau die Informationen zur Anwendung zu geben, die er wahrscheinlich braucht.

Gelegentlich nimmt das auch etwas erschreckende Züge an: Die Foto-App beherrscht zukünftig auch Gesichtserkennung und ist auf dieser Basis zusammen mit Geotagging, Bild-Metadaten und Transaktions-Analyse in der Lage, nicht nur Bilder nach Personen, Orten und Bildinhalten zu ordnen, sondern auch zu sogenannten „Memories“ zu vernetzen – die natürlich direkt auf der sozialen Vernetzung des Benutzers basieren.

Hoffen wir nur, dass die persönlichen Daten dazu dann auch wirklich auf dem Gerät bleiben. Aber die gezeigten Fallbeispiele wie Buchungsmöglichkeit für Restaurants und Uber-Chauffeure direkt aus der Maps-App heraus machen natürlich so augenfällig Sinn, dass sich mit Sicherheit große Teile der Nutzer für Convenience und gegen Datenschutz entscheiden werden.

 

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Vernetzung galore: die Messenger-Apps bekommen eine gemeinsame Schnittstelle. Damit behandelt iOS in Zukunft Telefonanrufe und Nachrichten der Messenger auf Systemebene gleich – wie hier auf dem Lockscreen. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

iOS als Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen

Mit iOS 10 wird Apple auch immer mehr zur Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen: Begonnen hat diese Entwicklung mit HealthKit als zentraler Anwendung und API für Fitness- und Gesundheits-Apps. Und die logische Fortsetzung folgt nun mit HomeKit – damit stellt Apple eine ähnliche Plattform für die Steuerung von Smart-Home-Geräten vor. HomeKit ist sozusagen die vollintegrierte Fernbedienung für das gesamte smarte Haus – Siri zur Steuerung mal wieder inbegriffen.

Ähnlich intelligent ist die Einbindung der diversen verbreitetenden Messenger-Anwendungen auf System-Ebene gehalten: Über eine einheitliche Schnittstelle ist iOS nun in der Lage, z.B. einen Anruf per Telefon und einen Skype-Call für Funktionen wie die Lockscreen-UI identisch zu behandeln und erst beim Abnehmen in die eigentliche App durchzustellen. In dieselbe Richtung geht die Tatsache, dass die meisten zentralen System-Apps und Siri nun auch als Entwicklungsumgebung für Drittanbieter-Dienste und Apps genutzt werden können: Überall da, wo Konkurrenz nicht einzudämmen ist (und Apps wie der iOS-Messenger trotz noch so viel Weiterentwicklung einfach von kaum jemandem genutzt werden), baut Apple sozusagen die Integrationplattform drum herum auf. Der Vorteil: Die Kundenbindung bleibt damit bei Apple.

 

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Mit HomeKit wird iOS zu Universal-Fernbedienung für das smarte Heim. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Das Medien-Echo

Die einschlägigen Tech-Blogs kommentierten die News von iOS 10 bisher zurückhaltend bis enttäuscht, denn klar ist: die ganz großen Überraschungen und Sensationen hatte die WWDC nicht zu bieten. Aber die Bewertung von The Verge mit „renovation over innovation“ trifft es ganz gut: Anstelle von großen Innovationen betreibt Apple Produktpflege im Detail, verfolgt aber auch konsequent einen Ökosystem-Ansatz, bei dem das Ganze eben mehr ist als die Summe seiner Teile. Und in den heutigen Zeiten macht dieser Ansatz ausgesprochen Sinn.

Aber ein Wunsch aus der Entwickler-Community wird wohl vorerst unerfüllt bleiben:

 

Appstore 2.0? Was sich für Entwickler und Content-Anbieter tut:

Eine große Neuerung wurde bereits im Vorfeld der WWDC kommuniziert, auf der Keynote dann aber mit keinem Wort erwähnt: Nach 8 Jahren Appstore wird mit den nun möglichen Abos ein neues Geschäftsmodell weiträumig ausgerollt. Entwickler haben nun in allen App-Kategorien die Möglichkeit, ihre Kunden langfristig durch Abonnements zu binden und Apps so ganz anders zu monetarisieren. Dazu kommt, dass bei Laufzeit über einem Jahr Apple auf einen Teil seines Erlöses verzichtet und dem Entwickler danach 85% der Umsätze überlässt – damit kommt der aus dem Zeitschriften-Bereich bekannte Faktor der Abo-Haltbarkeit zu neuen Ehren.

Zusammen mit geplanten Verbesserungen bei der Prüfung von Apps und bei Suche/Kategorisierung im Appstore – beides dringend nötige Veränderungen – soll das Geschäft im Appstore so neuen Schwung bekommen. Und das tut not, denn trotz der präsentierten Umsatzzahlen im Appstore kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass hier aktuell eher Katerstimmung angesagt ist: Den wesentlichen Teil dieser Umsätze machen wenige Anbieter aus dem Spielebereich – und wer nicht Uber oder Snapchat heisst, hat es schwer im Appstore.

Aber auch für Content-Anbieter tut sich etwas: Auch bei Apple News gibt es in Zukunft konsequenterweise Abo-Modelle – und der hausinterne Kanal für News-Anbieter wird zusätzlich über eigene Push-Notifications für „breaking news“ inklusive Video-Feed aufgewertet und mit Apple Pay als Bezahlweg unterfüttert. Nach dem eher daneben gegangenen Versuch mit dem Newsstand versucht Apple damit also, Zeitungs- und Zeitschriften-Anbieter weiter im Boot zu halten.

Für Entwickler inbesondere interessant dürften die vielen neuen Schnittstellen sein, die Apple mit iOS 10 einführt: von der Verwendung der Siri-API bis zu den vielen Apple-Apps, die nun Drittanbieter-Plugins zulassen, bis hin zu den zentralen Hubs für Gesundheits-, Smart-Home- und Messenger-Apps – hier kommen viele wirklich attraktive Funktionen neu ins System.

 

Fazit

Apple hat mit iOS 10 wahrlich keinen revolutionären Neuentwurf vorgelegt – aber eben doch mehr als nur Produktpflege im Detail: Mit der auf vielen Ebenen umgesetzten Vernetzung von Content und Funktionen und mit der Interoperabilität seiner vielen eigenen Dienste liegt das Unternehmen genau im Trend der Zeit. Denn erst wenn es nicht nur viele Angebote gibt, sondern diese auch alle untereinander nahtlos kommunizieren können, ergibt sich die Dynamik, durch die das Ganze mehr wird als die Summe seiner Teile.

 

 


Start-ups aus Indien: das Beispiel Juggernaut

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Nicht nur in Deutschland sprießen jedes Jahr neue Startups in der Verlags- und Medienbranche aus dem Boden. Sie versuchen, aus dem Schwung der Digitalisierung ihr ganz eigenes Modell für ein unwiderstehliches Angebot für den Kunden zu entwickeln. Und viele scheitern: am Geschäftsmodell, an der Kundenakzeptanz und manchmal schlicht an sich selbst. Auf unserer letzten Seminarreise nach Indien haben wir uns mit Juggernaut ein Modell für digitales Lesen angesehen, das uns besonders instruktiv erscheint für das Thema Produktentwicklung in Märkten mit großen Herausforderungen. Natürlich ist das hier entwickelte Modell nicht direkt auf Europa übertragbar – die Anpassung des Angebots an den Kundenbedarf und die besonderen Marktbedingungen sind aber sicher auch für Business Developer hierzulande interessant:

Das Marktumfeld

Wie wir auf unseren letzten Reisen bereits live erleben durften, gehört Indien mit zu den “emerging markets”, mit denen weltweit besondere Hoffnungen verbunden werden. Mit seiner im Vergleich zu Europa riesigen Bevölkerung sind die potenziellen Käuferschichten entsprechend groß, die Mentalität ist sehr offen gegenüber neuen Technologien und den mobilen Ökosystemen. Dementsprechend herrscht unter den Anbietern von Digitalmedien Goldgräberstimmung, sowohl bei lokalen Publishern, als auch bei internationalen Playern wie Amazon, die trotz einiger Schwierigkeiten im Markt nach Indien expandieren.

Dennoch darf man nicht verhehlen, dass der indische Markt erhebliche Herausforderungen in sich birgt: Für Verlage existiert bisher keinerlei landesweite Distributions-Infrastruktur für physische Produkte. Der Markt ist extrem preissensibel und sowohl analog wie digital ist unsanktionierte Piraterie an der Tagesordnung. Zwar ist das Smartphone allgegenwärtiger als irgendwo in Europa, aber die Regel sind Billigst-Android-Geräte und von einer verlässlichen Verfügbarkeit von performantem Mobilnetz kann keine Rede sein. Keine idealen Voraussetzungen für das schnelle Geld beim Digitalmedien-Angebot also. Welche Modelle entwickeln aber indische Startups, um unter diesen Bedingungen erfolgreich zu sein?

Das Fallbeispiel Juggernaut

CHiki-Sarkar

Chiki Sarkar, die Gründerin von Juggernaut (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

Die Gründerin Chiki Sarkar kommt zwar aus der Führungsspitze der indischen Division von Random House, hat sich aber für Juggernaut mit dem Digital-Spezialisten Durga Raguath zusammengetan, hinzu kommen Investoren und Business Angels wie Infosys, BCG India und Fabindia. Mit Juggernaut kommt ein App-basiertes Modell für digitale Kurztexte in den indischen Markt, das speziell auf den Erwerb und Konsum auf Mobilgeräten ausgelegt ist. “Mobile first” wird hier nicht nur für die Anwendungsentwicklung, sondern für das gesamte Geschäfts- und Angebotsmodell gedacht. Und so kommt es, dass das Startup nicht nur in Branchenorganen, sondern bis hin zur Forbes lobende Erwähnung gefunden hat.

 

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“tailored for mobile and for India”: bereits die Landingpage macht deutlich, wo hier die Schwerpunkte gesetzt werden. Und in den Details des Angebotes setzt sich die Fokussierung fort. (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

Mobile first, digital first – by design

Zunächst einmal geht es also “nur” um eine Mobile App zum Lesen digitaler Texte – was aber macht das Besondere dieses Angebotes für den indischen Markt aus?

  • Die Angebotsform: Die Inhalte können nur über die App erworben und gelesen werden. Damit wird das (in der Praxis ganz erhebliche) Problem der Piraterie umgangen – denn über die Tatsache hinaus, dass schon die Gesetzgebung zum Schutz von intellektuellem Eigentum mehr als lax ist, sind Gesetzesverstöße kaum einklagbar.
  • Mobile first: Zum Ausgleich sind App und ihre Inhalte in jedem Detail optimiert auf die Nutzung mit dem Smartphone – nicht nur was Webtypographie und Funktionen angeht, auch Social-Sharing-Optionen wurden von Anfang an mit integriert.
  • Android first: Bei der App-Entwicklung wurde zwar von vorneherein auf Android und iOS hingearbeitet – aber die Android-Version war bereits einige Monate früher auf dem Markt: eine ausgesprochen sinnvolle Strategie in einem Markt, in dem 80-90% der Nutzer mit Android-Smartphones chinesischer Noname-Anbieter unterwegs sind.
  • Pricing und Geschäftsmodelle: Das Preismodell ist extrem niedrigschwellig ausgelegt: einzelne Titel beginnen bereits bei 10 Rupien im Einzelverkauf (etwa 15 Cent), die teuersten Titel liegen um die 100 Rupien (etwa 1,50€). Für das Abomodell sind Tagespässe im Preisbereich um die 20 Cent und ein Monatsabo für etwa 5 Euro in der Diskussion. Für den preissensiblen indischen Markt macht das Sinn (Amazon hat sich hier mit dem regionalen Anbieter Flipkart z.T. Preiskämpfe geliefert, bei denen es um Preisunterschiede im Cent-Bereich ging) – die Monetarisierung muss hier immer über die Masse der Verkäufe gehen.

 

juggernaut-crafted-for-mobile

“Crafted for mobile” – dieser Design-Ansatz zieht sich durch alle Teile des Angebots (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

  • Titelauswahl: Die Titelauswahl wurde auf das mobile Lesen kurzer Texte hin vorgenommen – alleine bei den immensen Massen von Pendlern in den indischen Großstädten wird hier eine relevante Kundengruppe angesprochen. Neben einzelnen Literatur-Klassikern sind vor allem Titel zu finden, die sehr spezifisch auf den indischen Geschmack abgestimmt sind. Juggernaut akquiriert aktuell bei vielen kleinen Verlagen des Landes Content für den Ausbau der Plattform, statt sich an internationalen Bestsellern zu orientieren.
  • Discoverability: Neben einzelnen Titelvorschlägen werden die Inhalte auch in Themen-Channels gebündelt, neben klassischen Bündelungen wie “Fiction”, “Politics” oder “Crime” werden hier auch Channels für die Nutzung wie “Best stories to commute” oder regionale Themen wie “India vs. Pakistan” angeboten.
  • Nutzer-Interaktion: Rezensionen und Ratings können in Community-orientierten eReading-Apps ja fast schon als selbstverständlich angesehen werden – dazu kommen Funktionen wie Interaktions-Möglichkeit mit den Autoren, Geschenk-Gutscheine für Freunde sowie der Ausbau des Portfolios durch Serien, Bilderbücher, Graphic Novels und Hörbücher.
  • Mobile Payment: Von Anfang an sind die in Indien gängigsten Bezahlsysteme für Mobile Payment mit in der App integriert. Auch das ist für einen Erfolg nahezu unabdingbar, denn bargeldloses, mobiles Bezahlen ist in diesem Markt bereits sehr viel verbreiteter als in Europa und gehört zu einem mobilen Angebot schlicht dazu.

 

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Auch Mobile Payment gehört zu einem unwiderstehlichen Angebot: Erst wenn nicht nur das Suchen und Finden von Lektüre, sondern auch das Kaufen und Lesen nahtlos und in Sekundenschnelle möglich sind, werden die Hürden für die Monetarisierung so niedrig wie möglich gelegt. (Quelle/Copyright: www.juggernaut.in)

 

Was also auf den ersten Blick wie eine eReading-App unter vielen aussieht, ist in den Details ein ausgesprochen durchdachtes, kluges Modell, das passgenau für eine sehr spezielle Situation entwickelt wurde. Man merkt, dass hier viel Zeit in Markt- und Zielgruppen-Analyse und die Entwicklung eines darauf abgestimmten Angebotes investiert wurde. Und diese Investition kann im Zweifelsfall entscheidender für den Erfolg sein als der Kapitaleinsatz an sich – egal ob in Indien oder hierzulande.

 

 

Siri für alle, Abos im Appstore: was Apple plant

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Letzte Woche fand in San Francisco mit der WWDC die jährliche Entwicklerkonferenz von Apple statt. Stets werden dort die aktuellen Neuigkeiten aus der Produktwelt vorgestellt und die Weichen für das nächste Jahr der Software-Entwicklung gestellt. Was erwartet Nutzer und Kunden des Apple-Ökosystems? Auf welche Innovationen können sich App-Entwickler und Content-Anbieter einstellen? Wir geben einen Überblick über die wichtigsten Trends der WWDC:

Traditionell beginnt die WWDC stets mit einer längeren Keynote, in der quasi im Schnelldurchlauf alle News für die mittlerweile vier Betriebssystem-Plattformen von Apple vorgestellt werden. Im Vorfeld lief natürlich die Gerüchteküche heiß und selbstverständlich brannte das Produktmanagement 2 Stunden lang ein Feuerwerk von großen und kleinen Innovation ab. Im Fokus stand vor allem das im Herbst erscheinende iOS 10, aber auch die anderen Plattformen für Desktop, Smartwatch und Fernseher kamen nicht zu kurz. Für eine schiere Aufzählung der neuen Features und Funktionen möchte ich gerne auf die hervorragende Zusammenfassung von Wired verweisen – im Nachgang erscheinen mir die grundlegenden Trends der Entwicklung bei Apple spannender:

Vernetzung der Hardware-Plattformen

In der Präsentation wird sehr viel deutlicher als sonst, wie sich Apple mit iOS, dem frisch neu gelabelten macOS, watchOS und tvOS mittlerweile als Anbieter von vier parallelen Betriebssystem-Plattformen mit jeweils eigenen Appstores und eigener Entwicklungsstrategie versteht. Und sehr viel mehr als früher werden die verschiedenen Geräte nun auch per Software miteinander verzahnt:

Das beginnt bei relativ einfachen und naheliegenden Möglichkeiten wie der Verwendung des iPhone als Fernbedienung für tvOS-Apps (natürlich mit entsprechenden Companion-Apps für iOS und Siri für die Sprachsteuerung des ganzen), geht über geräteübergreifendes Copy & Paste zwischen macOS/iOS und reicht bis zur komplexen Integration mit der Verwendung von Apple Pay zum Bezahlen im Netz am Desktop, bei dem die Authentifizierung dann aber wieder über TouchID auf dem iPhone erfolgt.

Natürlich werden nur reinrassige Apple-User an diesen Features ihre Freude haben, aber wenn man die Fallbeispiele aus der WWDC-Keynote weiter denkt, sind hier viele nützliche Use Cases vorstellbar. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist wie immer: Noch mehr Daten in einem einzigen Ökosystem, noch mehr Lockin-Effekt für den Kunden – und dass auch die Apple-Ingenieure diese Systeme wirklich so sicher halten können, wie man sich das wünscht, will man am Ende auch nicht immer so recht glauben.

Und so schön die “Continuity” genannte Integration von macOS und iOS in der Praxis auch sein mag: iCloud-Drive dafür de facto zum Standard der Datenspeicherung zu machen (inklusive automatischer “intelligenter” Löschfunktion), ist für jeden ein Angst-Szenario, der schon einmal mit Apples bekannter Unfähigkeit konfrontiert war, halbwegs verlässliche Sync-Algorithmen zu programmieren…

 

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Bezahlen im Internet über Apple Pay am Notebook, Authentifizierung am iPhone über TouchID: so stellt sich Apple geräteübergreifende Synergien vor. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Vernetzung der Apple-Anwendungen und Dienste

Was ebenfalls an vielen Stellen des Apple-Universums auffällt, ist die immer stärkere Vernetzung der eigenen Anwendungen und Dienste untereinander: Nahezu an allen Stellen, an denen etwas bezahlt werden könnte, liegt ApplePay als Bezahlsystem darunter. Die Siri-Engine beherrscht mittlerweile sehr viel mehr als nur Sprachsteuerung und dient mittlerweile auch zur Kontexterkennung in vielen anderen Apps, bei denen sie für intelligentere Nutzerführung eingesetzt wird, zum Beispiel für Antwort- und Phrasen-Vorschläge in Messenger-Apps. Egal ob es um Kontakte/Termine, Messaging, Mails, die Maps-Anwendung oder die Foto-App geht: an fast allen Stellen wird über versteckte KI versucht, dem Nutzer genau die Informationen zur Anwendung zu geben, die er wahrscheinlich braucht.

Gelegentlich nimmt das auch etwas erschreckende Züge an: Die Foto-App beherrscht zukünftig auch Gesichtserkennung und ist auf dieser Basis zusammen mit Geotagging, Bild-Metadaten und Transaktions-Analyse in der Lage, nicht nur Bilder nach Personen, Orten und Bildinhalten zu ordnen, sondern auch zu sogenannten “Memories” zu vernetzen – die natürlich direkt auf der sozialen Vernetzung des Benutzers basieren.

Hoffen wir nur, dass die persönlichen Daten dazu dann auch wirklich auf dem Gerät bleiben. Aber die gezeigten Fallbeispiele wie Buchungsmöglichkeit für Restaurants und Uber-Chauffeure direkt aus der Maps-App heraus machen natürlich so augenfällig Sinn, dass sich mit Sicherheit große Teile der Nutzer für Convenience und gegen Datenschutz entscheiden werden.

 

messenger

Vernetzung galore: die Messenger-Apps bekommen eine gemeinsame Schnittstelle. Damit behandelt iOS in Zukunft Telefonanrufe und Nachrichten der Messenger auf Systemebene gleich – wie hier auf dem Lockscreen. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

iOS als Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen

Mit iOS 10 wird Apple auch immer mehr zur Integrationplattform für Drittanbieter-Anwendungen: Begonnen hat diese Entwicklung mit HealthKit als zentraler Anwendung und API für Fitness- und Gesundheits-Apps. Und die logische Fortsetzung folgt nun mit HomeKit – damit stellt Apple eine ähnliche Plattform für die Steuerung von Smart-Home-Geräten vor. HomeKit ist sozusagen die vollintegrierte Fernbedienung für das gesamte smarte Haus – Siri zur Steuerung mal wieder inbegriffen.

Ähnlich intelligent ist die Einbindung der diversen verbreitetenden Messenger-Anwendungen auf System-Ebene gehalten: Über eine einheitliche Schnittstelle ist iOS nun in der Lage, z.B. einen Anruf per Telefon und einen Skype-Call für Funktionen wie die Lockscreen-UI identisch zu behandeln und erst beim Abnehmen in die eigentliche App durchzustellen. In dieselbe Richtung geht die Tatsache, dass die meisten zentralen System-Apps und Siri nun auch als Entwicklungsumgebung für Drittanbieter-Dienste und Apps genutzt werden können: Überall da, wo Konkurrenz nicht einzudämmen ist (und Apps wie der iOS-Messenger trotz noch so viel Weiterentwicklung einfach von kaum jemandem genutzt werden), baut Apple sozusagen die Integrationplattform drum herum auf. Der Vorteil: Die Kundenbindung bleibt damit bei Apple.

 

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Mit HomeKit wird iOS zu Universal-Fernbedienung für das smarte Heim. (Quelle/Copyright: www.apple.com)

 

Das Medien-Echo

Die einschlägigen Tech-Blogs kommentierten die News von iOS 10 bisher zurückhaltend bis enttäuscht, denn klar ist: die ganz großen Überraschungen und Sensationen hatte die WWDC nicht zu bieten. Aber die Bewertung von The Verge mit “renovation over innovation” trifft es ganz gut: Anstelle von großen Innovationen betreibt Apple Produktpflege im Detail, verfolgt aber auch konsequent einen Ökosystem-Ansatz, bei dem das Ganze eben mehr ist als die Summe seiner Teile. Und in den heutigen Zeiten macht dieser Ansatz ausgesprochen Sinn.

Aber ein Wunsch aus der Entwickler-Community wird wohl vorerst unerfüllt bleiben:

 

Appstore 2.0? Was sich für Entwickler und Content-Anbieter tut:

Eine große Neuerung wurde bereits im Vorfeld der WWDC kommuniziert, auf der Keynote dann aber mit keinem Wort erwähnt: Nach 8 Jahren Appstore wird mit den nun möglichen Abos ein neues Geschäftsmodell weiträumig ausgerollt. Entwickler haben nun in allen App-Kategorien die Möglichkeit, ihre Kunden langfristig durch Abonnements zu binden und Apps so ganz anders zu monetarisieren. Dazu kommt, dass bei Laufzeit über einem Jahr Apple auf einen Teil seines Erlöses verzichtet und dem Entwickler danach 85% der Umsätze überlässt – damit kommt der aus dem Zeitschriften-Bereich bekannte Faktor der Abo-Haltbarkeit zu neuen Ehren.

Zusammen mit geplanten Verbesserungen bei der Prüfung von Apps und bei Suche/Kategorisierung im Appstore – beides dringend nötige Veränderungen – soll das Geschäft im Appstore so neuen Schwung bekommen. Und das tut not, denn trotz der präsentierten Umsatzzahlen im Appstore kann nichts darüber hinwegtäuschen, dass hier aktuell eher Katerstimmung angesagt ist: Den wesentlichen Teil dieser Umsätze machen wenige Anbieter aus dem Spielebereich – und wer nicht Uber oder Snapchat heisst, hat es schwer im Appstore.

Aber auch für Content-Anbieter tut sich etwas: Auch bei Apple News gibt es in Zukunft konsequenterweise Abo-Modelle – und der hausinterne Kanal für News-Anbieter wird zusätzlich über eigene Push-Notifications für “breaking news” inklusive Video-Feed aufgewertet und mit Apple Pay als Bezahlweg unterfüttert. Nach dem eher daneben gegangenen Versuch mit dem Newsstand versucht Apple damit also, Zeitungs- und Zeitschriften-Anbieter weiter im Boot zu halten.

Für Entwickler inbesondere interessant dürften die vielen neuen Schnittstellen sein, die Apple mit iOS 10 einführt: von der Verwendung der Siri-API bis zu den vielen Apple-Apps, die nun Drittanbieter-Plugins zulassen, bis hin zu den zentralen Hubs für Gesundheits-, Smart-Home- und Messenger-Apps – hier kommen viele wirklich attraktive Funktionen neu ins System.

 

Fazit

Apple hat mit iOS 10 wahrlich keinen revolutionären Neuentwurf vorgelegt – aber eben doch mehr als nur Produktpflege im Detail: Mit der auf vielen Ebenen umgesetzten Vernetzung von Content und Funktionen und mit der Interoperabilität seiner vielen eigenen Dienste liegt das Unternehmen genau im Trend der Zeit. Denn erst wenn es nicht nur viele Angebote gibt, sondern diese auch alle untereinander nahtlos kommunizieren können, ergibt sich die Dynamik, durch die das Ganze mehr wird als die Summe seiner Teile.

 

 

Nutzerverhalten – was die digital facts der AGOF aufzeigen

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Die AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung) hat mit ihren digital facts 2016-2 wieder den aktuellen Stand veröffentlicht zur Nutzung digitaler Medien. In wesentlichen Teilen werden hier die Trends der letzten Jahre bestätigt. Und es ist eine Bestätigung für alle, die crossmediale Angebote entwickeln, mobile first denken und die Sichtbarkeit ihrer Produkte im Netz durch ein Bündel an Maßnahmen zu verbessern suchen. Zusammenfassend lässt sich das Folgende festhalten.

  • Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen.
  • Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen der Grund sein, denn ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher.
  • Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (ab wann leistet man sich mehrere Geräte).  Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten.
  • e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten.
  • Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.
  • Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden.
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Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen. Signifikant ist, dass eine ausschließliche Nutzung nur stationärer oder nur mobiler Geräte kaum eine Rolle spielt und dass stationäre Angebote für die Bevölkerung ab 50 nach wie vor sehr wichtig sind.

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Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen (ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher). In absoluten Zahlen holt die Zielgruppe 50+ jedoch deutlich auf und ist auch im Netz der Jugend überlegen.

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Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (man leistet erst ab einem gewissen Einkommen mehrere Geräte). Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten. Auch hier zeigen sich die Effekte der Bevölkerungspyramide: Viele ältere Bürger bewegen sich nicht mehr ins Netz und Randgruppen der Gesellschaft ohne Einbindung in die Aus- und Weiterbildung sind überdurchschnittlich weniger im Netz.

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e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten. Früher undenkbar: Auch hochsensible Daten werden online verwaltet, wie am Beispiel Banking deutlich wird. Dass Filme ansehen und der Austausch in den sozialen Netzwerken wichtig ist, versteht sich von selbst.

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Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.

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Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden. Amazon hat bewiesen, dass Bücher wichtig sind im eigenen Portfolio und der Ausgangspunkt für viele weitere Angebote.

 

 

 

 

Mobile Publishing: Update Juni 2016

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Von eBooks bis zu den Methoden der Zusammenarbeit bei Facebook – die Bandbreite der Themen ist wieder groß in diesem Update. Und die Debatten um die Zukunft der Medien reißen nicht ab. Das ist gut so und wichtig. Die Tech-Giganten setzen auf den Bildungsbereich und das heißt in anderen Worten: Wie wollen wir die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten, von den Schulen bis zu den Universitäten, vom “lebenslangen Lernen” bis zur Weiterbildung in Unternehmen? Das geht uns alle an, unabhängig von Geschäftsmodellen aus dem Silicon Valley. Lassen Sie uns dranbleiben.

Das richtige Produkt entwickeln

Innovation im eBook-Bereich? Nach einigen Jahren der hochdynamischen Diskussion stehen die Zeichen bei der Produktentwicklung für eBooks eher auf Stagnation. Warum es gar nicht so einfach ist, innovative Produkte zu entwickeln und welche Rolle die großen Ökosysteme dabei spielen, zeigt Teleread in einem aktuellen Beitrag. Und doch lohnt auch ein Blick auf die unermüdliche Vordenker wie Joe Wikert, die solche Themen weiterdenken, zum Beispiel in seinen Artikel über die Aufwertung von eBooks mit Indizes, Verzeichnissen und Suchmöglichkeiten. Ute Nöth gibt dazu in ihrem Interview “New narrative forms in the digital age” einen hervorragenden Überblick, zeigt aber auch auf, dass es neue Formen wahrlich nicht leicht im Markt haben.

Mit Kundendaten Produkte entwickeln: Auch wenn der Ansatz erst langsam in der Buchbranche ankommt – in allen Bereich der Online-Ökonomie hat sich gezeigt, dass Kundendaten bares Geld wert sind, wenn sie in der Produktentwicklung nutzbar sind. Justo Hidalgo von 24symbols bricht dazu bei TISP smart book eine Lanze für den Einsatz von Data Science in der Buchbranche. Den Ansatz von Jellybooks zur Nutzung von Analytics im eBook hatten wir bereits vor einiger Zeit in einem Artikel vorgestellt. Und auch beim Kauf von Pronoun durch Macmillan dürften die hier aggregierten Kundendaten und ihre Nutzung nicht die geringste Rolle gespielt haben.

 

So entwickelt sich der Markt

Buch- und eBook-Markt – hier und anderswo: Von Nielsen Book Research kommen aktuelle Zahlen zum Buchmarkt in den USA und UK – wie stets mit Trends, die sich natürlich nicht 1:1 auf unseren Markt übertragen lassen, die einem an einigen Stellen aber doch zu denken geben sollten. Jane Friedman steigt dazu noch tiefer in die Materie ein und entlarvt aktuelle, populäre Mythen – zum Beispiel den von der Renaissance des Print im englischsprachigen Markt. Ergänzend dazu nimmt sich Vearsa der Frage an, warum gerade Apple und Google so relativ unerfolgreich im eBook-Markt agieren.

Spezialist für den weltweiten Marktvergleich ist Rüdiger Wischenbart – bei der Frankfurter Buchmesse gibt es sein Whitepaper “The Business of Books 2016” zum kostenlosen Download, mit vielen Insights zu internationalen Buch- und eBook-Märkten. Und unsere eigene Einschätzung zum eBook-Markt in Deutschland, zum Digitalen Lesen und zu Selfpublishing haben wir aktuell in Überblicksartikeln zusammengefasst.

 

Internet Trends 2016: Jedes Jahr gibt die Analystin Mary Meeker von der VC-Agentur KPCB eine stets lesenwerte Zusammenfassung ihrer Sicht auf die Marktentwicklung im Online-Business. Die “Internet Trends 2016” sind ein 213-Slides-Schwergewicht, randvoll mit Zahlen, Trends, Analysen:

 

 

Die Technologien zur Umsetzung

Web-Typografie für alle: Seit den Frühzeiten des Web hat sich auch der handwerklich gute Einsatz von Schrift für Produkte deutlich weiterentwickelt – Web-Typografie ist mittlerweile zur eigenständigen Gestaltungs-Disziplin geworden, und so müssen eBooks, Apps und Web-Anwendungen auch nicht mehr mit der Ästhetik stalinistischer Plattenbauten daher kommen. Die Web-Plattform “Typography Handbook” gibt zu diesem Thema einen breiten Einstieg für alle Web-Designer, die sich schnell das wichtigste Handwerkszeug aneignen wollen.

Der Longread “Typography for User Interfaces” des finnischen Designers  Viljami Salminen nimmt sich der Schnittstelle von Gestaltung und Usability in der Anwendungs-Entwicklung an und zeigt Best Practise in diesem Bereich. Und von Monotype kommt als kostenloses eBook-PDF ein Ratgeber zum Font-Einsatz in Mobile-Apps.

Apple, Apps und kein Ende: Auch wenn Apple gerne markige Umsatzzahlen seines App-Store verkündet, in letzter Zeit ist die Katerstimmung unter den App-Anbietern nicht zu übersehen. Zwar sind die Rufe vom “Tod der Apps” wohl doch etwas übertrieben, aber klar ist dennoch, dass die Marktplätze der mobilen Ökosysteme große strukturelle Probleme haben. Mit iOS 10, das auf der aktuellen WWDC-Konferenz von Apple vorgestellt wurde, soll sich hier vieles ändern:

Wie wir auch in unserer Zusammenfassung gezeigt haben, soll vor allem das Abo-Modell großflächig ausgerollt werden und die Trendwende für einen App-Store im Umbruch bringen. Die Reaktionen aus dem Markt sind gemischt: Während das Fortune Magazine sich etwa extrem skeptisch zeigt, sieht Tech.pinions iOS gar immer noch als die “Laufzeitumgebung für Innovation” und als Schrittmacher der technischen Entwicklung im Mobilbereich insgesamt. Analyst Benedict Evans dagegen sieht die Künstliche-Intelligenz-Forschung als den zentralen Bereich, in dem sich der Wettbewerb von Google und Apple in der nächsten Zeit entscheidet – man darf gespannt bleiben.

 

Das ist die Zielgruppe

Wie verhalten sich die Menschen online? Obwohl wir mittlerweile soviel mehr Analyse-Tools für Tracking, Datenerfassung und Analytics besitzen, kommen doch ständig neue Studien zum sich wandelnden Kundenverhalten heraus. Die Trendstudie „Mediennutzung und Kommunikation in Deutschland 2016“ des Marktforschungsinstituts Heute und Morgen wird aktuell bei Mobile Zeitgeist zusammengefasst. Die stets lesenswerten “Digital facts” der Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung haben wir jüngst in einem eigenen Artikel vorgestellt. Und von der Digital-Agentur Global Media Insight kommen regelmäßig aktuelle Nutzer- und Nutzungszahlen für die sozialen Netzwerke – hier direkt beim Anbieter als englische Infografik oder in der deutschen Zusammenfassung beim Look@IT-Blog der Wirtschaftswoche.

 

Die Umsetzung

Responsivität weiter gedacht: Eine der großen Vordenkerinnen im Bereich Responsive Design und Content-Strategien ist Karen McGrane. Im Interview bei Mobile Zeitgeist zeigt sie ihre aktuelle Sicht auf Content-Design, Produktentwicklung und Online-Strategie – immer wieder eine Lektüre wert.

Teamwork im 21. Jahrhundert: Wie könnte man das Teamwork der vielen Leistungsträger und High Potentials im Unternehmen optimieren, das hat sich Google gefragt. Und hat in einem zweijährigen, interdisziplinären Projekt eine Vielzahl von Spezialisten, aber auch das ganze Big-Data-Arsenal der Firma auf dieses Thema losgelassen. Der Longread “What Google Learned From Its Quest to Build the Perfect Team” aus der New York Times zeigt das Ergebnis: Die genaue personelle Team-Zusammensetzung spielt für die Teamleistung fast keine Rolle – erfolgsentscheidend sind dagegen gleichberechtigte Team-Kommunikation auf Augenhöhe und emphatische Kommunikation der Beteiligten. Eigentlich sehr schön, dass sich diese klassischen zwischenmenschlichen Faktoren auch empirisch bestätigen lassen.

Wie Facebook Produkte macht: Man kann gegen Facebook sagen, was man will – aber ohne Zweifel wird hier Online-Produktentwicklung auf allerhöchstem Niveau betrieben. Mit welchem methodischen Framework Facebook dabei arbeitet, zeigt Julie Zhuo, Vice President of Product Design, in einem Artikel auf Medium: In Checklisten-artiger Form stellt sie dar, wie Rahmenbedingungen, operative Ausführung, Erfolgsmessung und Teamdynamik gehandhabt werden – eine schöne Vorlage, die man im Business Development gerne einmal mit dem eigenen Produktentwicklungs-Prozess vergleichen kann.

Die Zukunft wartet nicht: Weit über den Rahmen der Medienbranche hinaus dagegen weist der außerordentlich lesenswerte Essay “Digitaler Wandel: Kampf der Skeptiker gegen Visionäre” in der SZ: Er stellt zu recht fest, dass die aktuelle Diskussion über Digitalisierung “zwischen Ideologie und Ratlosigkeit feststeckt” und rät stattdessen zu Offenheit und breiter Auseinandersetzung mit den Zukunftsthemen. Denn:

Es geht dabei nicht um die Frage: Hältst du das Internet für gut oder schlecht? Sondern darum: Wie sollte unsere Gesellschaft aussehen, wenn wir die Digitalisierung als unumkehrbar akzeptieren? Die Einfallslosigkeit, mit der nach Antworten gesucht wird, spiegelt sich bislang in der Digitaldebatte wieder. Es ist an der Zeit, das zu ändern: Die Zukunft wartet nicht.

In diesem Sinne wünschen wir wie immer eine anregende Lektüre!

 

Können Frauen überhaupt programmieren?

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Bildung möglichst vielen zu ermöglichen, das gehört zu den großen Errungenschaften unserer Zeit. Frauen über Bildung einen Zugang zur Gesellschaft zu geben ist ein wichtiges Gut, das noch gar nicht so lange mehrheitsfähig ist. Selbst volkswirtschaftliche Gründe sprechen dafür, denn in einer Informationsgesellschaft sind kommunikative Fähigkeiten entscheidend, viel wichtiger als Kraft und Stärke. Dazu gehören Empathie genauso wie semantische Analyse, das Verständnis von Kontext ebenso wie die Interpretation von Content. Verständlich, dass im Durchschnitt die Frauen die besten Noten haben an den Schulen und ihre Chance ergreifen. Aber in der Techbranche, dem Motor unserer Zeit, im Silicon Valley, sind Frauen und Farbige kaum vertreten. Warum?

Ein schönes Beispiel dafür ist “Girls who code” – eine Kampagne für mehr Frauen in der IT-Wirtschaft: Sie spielt mit den Vorurteilen gegenüber Frauen als Programmiererinnen – und zwar so direkt, als ob man pubertierende Jungs ansprechen müsste. Wahrscheinlich ist das auch oft der Fall.

 

 

Am Thema Frauen als Führungskräfte (hier eine Studie von Fernwick über Frauen im Silicon Valley) dürfte die Branche noch so lange zu knabbern haben wie alle anderen auch: Sexismus und Seilschaften, geringere Bezahlung und Geschlechterrollen, das lässt sich nicht schnell ändern. Um das Thema Technologie und Programmieren kümmern sich die Firmen mittlerweile.

Sie haben erkannt, dass man das Potenzial von Frauen nutzen sollte, will man im Kampf um die besten Programmierer nicht immer nur die Konkurrenz abwerben. Und Firmen mit einer heterogenen Belegschaft können erwiesenermaßen flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen. Dazu gehört auch, dass Programmieren aus der Höhle der Nerds, der Pizzas mit Bier und zotigen Witzen gezerrt wird. Informatik ist mehr und dann auch für Frauen interessant, aber das muss man auch in früher Jugend schon vermitteln.

Spannend an dieser Entwicklung ist dabei auch, dass die IT-Kultur noch nicht immer so stark männlich dominiert war: Ganz im Gegenteil, am Anfang der Informatik gab es sogar relativ viele bekannte Frauen in der Software-Entwicklung, die an vielen Stellen die Grundlagenarbeit geleistet haben. Der Umbau der Soziodemographie in der IT erfolgte letztlich erst im Laufe der 80er Jahre, als sich die Tech-Industrie mit ihrem breiten Erfolg auch ökonomisch stark veränderte.

Insofern ist es gut und hilfreich, dass sich immer mehr Initiativen nicht mehr mit dem verbreiteten Narrativ vom männlichen Tech-Nerd als einziger Evolutionsstufe in der Software-Entwicklung abfinden wollen. Fiona Krakenbürger hat dazu auf der diesjährigen Direttissima-Konferenz einen viel beachteten Talk gehalten:

 

 

Und so schwierig ist es letztlich auch inhaltlich nicht, Programmierung so zu vermitteln, dass das Thema für alle Bevölkerungsgruppen, Geschlechter und Subkulturen relevant wird: Wird das Programmieren als Sprache verstanden, als Sprache mit eigenen Regeln und greifbaren Ergebnissen, dann lassen sich auch Lateinschülerinnen, Linguisten und Kommunikationswissenschaftler begeistern. Und ein Verständnis für die Basis von Softwarefirmen zu haben, das kann nie schaden.

 

programmieren apple

Programmieren wird sexy. Mit Swift Playgrounds versucht sich Apple an einer gefälligen, intuitiven Bedienung mit einer Oberfläche, die auch all die anspricht, die mit sonst nicht so viel am Hut haben. Jugendliche können so besser angesprochen werden und die Möglichkeiten des Programmierens erkunden. Dass Apple hier handfeste eigene Interessen verfolgt und Programmierer für die eigenen Sprachen ausbilden will, ist das eine. Und deshalb sind derartige Initiativen nur begrenzt sinnvoll für die Ausbildung. Dass Apple aber mit derartigen Programmen auch Standards für die Vermittlung an Jugendliche setzt, die bald von vielen anderen auch aufgegriffen werden, das ist der positive Effekt.

 

Apples iTunes U ist schon lange bemüht, die Apple Hardware in die Schulen zu bringen, mit Hilfe von iBooks author und anderen kostenlosen Diensten im Schlepptau. Mit Swift Playgrounds sollen die Kinder sogar spielerisch zum Programmieren gebracht werden, um auch für genügend Nachwuchs zu sorgen und auch junge Frauen zum Programmieren zu bringen. Einziges Hemmnis hier ist die stark besetzte Marke von Apple im hochpreisigen Segment, so dass der Slogan “Bildung für alle” nicht mit Apple verbunden werden kann.

Mit Google Docs und YouTube ist Google schon lange bei den Lernenden präsent. Aber ähnlich wie Apple scheint sich auch Google Sorgen zu machen um den Programmier-Nachwuchs und bietet mit Project Bloks eine Plattform für Jugendliche, die Hardware und Software verknüpft. Programmierung wird im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. So wie auch ein Stift die Lichter zum Glühen bringen können.

 

google coding

Project Bloks ist eine Initiative von Google, die Programmierung haptisch spürbar macht. Es ist eine einfach gestaltete “Werkzeugumgebung”. Einmal damit vertraut gemacht, können die Kinder selbständig Lösungen entwickeln. Sie erkennen die Zusammenhänge von Soft- und Hardware und wo sie was verändern können. Hatten Generationen vor ihnen die Jugendlichen noch gelernt, wie man einen Ölwechsel am Auto macht oder einen Platten am Fahrrad repariert, wachsen hier die Spezialisten des Google Cars heran.

 

Ähnliches wird im Programm Open Roberta vom Fraunhofer Institut mit der Förderung des BMBF versucht, Initiativen der BITKOM (hier geht es zu einer umfassenden Broschüre zu MINT-Studiengängen für Frauen) oder bei den Digital Media Women. Der Nachwuchs wird umworben. Und das ist auch bitter nötig. Solange es eine Meldung wert ist, dass mehr Frauen programmieren, ist das schlecht und weit weg von Normalität.

 

 

 

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