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Digital Publishing Trends 2016

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Zur jeder Buchmesse gehört die Trend-Schau. Und natürlich spielen die Bücher die Hauptrolle – aber die Zukunft verlangt nach einem Blick auf die digitale Welt. Wie bereits im letzten Jahr haben wir für einen Vortrag bei unserem Partner SilkCode die Trends des Jahres ausgewählt – die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016. Wir möchten Ihnen die Erkenntnisse in Form eines Artikels nicht vorenthalten, denn die Trends gehören nicht nur auf die Messe – sondern ins alltägliche Arbeiten mit den digitalen Medien:

eBook-Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf

Während der deutsche eBook-Markt sich nach aktuellen Studien aktuell in seiner ersten ausgedehnten Plateau-Phase befindet, sind nicht nur je nach Genre / Warengruppe erhebliche Unterschiede in der digitalen Durchdringung zu erkennen. Auch innerhalb derselben Genres geht die Schere beim eBook-Umsatz-Anteil je nach Verlag von niedrigen einstelligen Zahlen bis zu deutlich über 20% auf. Der Grund aus unserer Sicht: der ebenso unterschiedliche Grad, in dem moderne Online-Marketing-Tools beherrscht und eingesetzt werden.

Schon im US-Markt hat sich z.B. in der letzten Author-Earnings-Studie gezeigt, dass bereits relativ kleine Anpassungen im eMail-Marketing von Amazon sichtbare Verschiebungen von Teilmärkten zur Folge haben können. Neben den klassischen Mechanismen des eMail- und Social-Media-Marketing werden aber auch vermehrt neue Vermarktungstools eingesetzt: Eigenanzeigen und Inbook-Marketing lassen sich inzwischen dynamisch und automatisiert in eBook-Titel einbinden und sorgen für verbesserte Content-Empfehlungen. Dynamisches Pricing und optimierte Preisaktionen sorgen für Umsatz- und Reichweiten-Steigerung. Und über automatisiertes eBook-Bundling lassen sich schnell attraktive neue Produkte für spezielle Zielgruppen erstellen.

Natürlich sind alle diese Mechanismen nur über hochautomatisierte Steuerungstools sinnvoll einsetzbar und auswertbar – aber darin wird einer der Schlüssel zum Erfolg in einem Markt liegen, der hochgradig von der Sichtbarkeit und Vermarktungsstrategie abhängt.

 

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Von der Beeinflussung des Selfpublishing-Marktes durch das Email-Marketing von Amazon bis zu automatisiertem Content-Bundeling im deutschen Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf im eBook-Markt! (Quelle/Copyright: www.authorearnings.com / www.readbox.net)

 

Apps: Bots, Assistenten, Integrationsplattformen

Während beim Massenmarkt der Consumer-Apps aktuell eher Katerstimmung zu verzeichnen ist, da sich die App-Nutzung zwar intensiviert, aber auch auf relativ wenige, bekannte Apps konzentriert und die Retention-Rates nach oben gehen, boomt ein anderes Genre von Apps: die im Hintergrund arbeitenden Bots und virtuellen Assistenten, die ohne echte Bedienungsoberfläche im verborgenen arbeiten, um für Prozess-Automatisierung, Content-Empfehlungen und intelligente App-Verknüpfungen zu sorgen.

Daneben werden die Apps der sozialen Netzwerke und insbesondere die Messenger-Apps zunehmend zu einer Art zentraler Integrationsplattform. Selbst Apple hat mit iOS 10 seinen Startbildschirm mit so vielen Funktionen ausgerüstet, dass er fast schon als eigenständige Betriebssystem-Oberfläche gelten kann. Und die populären Messenger erhalten – insbesondere im asiatischen Markt – integrierte Schnittstellen zu Payment-Anwendungen, Kundenservice-Tools, Fahrdiensten, Essen-Lieferdiensten. Die Nutzer können zunehmend mehr Funktionen wahrnehmen, ohne ihre zentrale Applikation jemals wirklich verlassen zu müssen. Und auch für Content-Anbieter wird es nötig sein, hier ihren Platz zu finden, wie das folgende Fallbeispiel aus den Kleiner Perkins 2016 Internet Trends zeigt, in dem eine komplette Customer Journey in nur zwei Apps abgewickelt wird:

 

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Integrierte Mobile-Experience: der Nutzer beginnt seine Suche in einem Instagram-Shop, wechselt von dort aus in Line (einem in Asien verbreiteten Messenger), wo Kundenservice und Austausch der Zahlungsbedingungen abgewickelt wird. Der Kunde bezahlt direkt im Messenger und kann anschließend die Sendung über den Messenger verfolgen, bis sie bei ihm angekommen ist. (Quelle/Copyright: http://www.kpcb.com/internet-trends)

 

Blended Learning: „MOOCs on steroids“

In den letzten Jahren boomen die MOOC-Modelle wie Udemy, Coursera, Khan Academy und Lynda – zu Recht, denn mit sehr viel geringeren Zugangshürden können hier auch anspruchsvolle Fähigkeiten durch reines Online-Training erworben werden. Doch bei allem Erfolg darf nicht verschwiegen werden, dass diese Lernform durchaus nicht geringe didaktische Probleme mit sich bringt: Regelmäßigkeit des Lernens und Lernkontrolle lässt sich durch den Dozenten kaum verlässlich sicherstellen und durch den fehlenden persönlichen Kontakt ist die Nachhaltigkeit der Maßnahme zumindest fragwürdig.

Ein Weg zur Kombination des besten aus beiden Welten kann dabei die Lernform “Blended Learning” sein: Online-Trainings-Einheiten werden hier mit Präsenz-Seminaren und Workshops zu einem integrierten Lernkonzept verknüpft. Persönliche Erfahrungen damit durfen wir in unserem eigenen Blended-Learning-Projekt zum Digitalen Publizieren machen, das wir für das Goethe-Institut dieses Jahr zum zweiten Mal in Indien und aktuell zum ersten Mal in Ägypten durchführen.

Der Kurs wird jeweils von einem Start- und einem Abschluss-Workshop vor Ort eingerahmt. Bei Start-Workshop geben wir in kurzen Impulsvorträgen einen Einstieg in die jeweiligen Themen, daneben besteht etwa die Hälfte der Zeit in der Bildung von Projektgruppen und der Konzeption von Muster-Projekten, die während der Kurslaufzeit dazu dienen, die Themen prototypisch in der Praxis durchzuspielen.

Für die sechsmonatige Online-Trainings-Phase verwenden wir die Lernplattform Moodle, die beim Goethe-Institut gehostet und dort vor allem für den Deutsch-Unterricht eingesetzt werden. Die Themen des Kurses werden dort mit einer Mischung aus vorproduzierten Lernvideos, vertiefender Literatur und praktischen Aufgaben zu den Muster-Projekten der Teilnehmer vermittelt. Zu den passiven Lernformen kommen interaktive Elemente wie Kursaufgaben mit Forums-Diskussion, individuelles Feedback zu den praktischen Aufgaben sowie die Möglichkeit zum Live-Chat hinzu. Im Abschluss-Workshop präsentieren die Teilnehmer dann die Ausarbeitungen ihrer Projekte und arbeiten zusammen mit uns drei Tage lang an den Details, bis am Ende ein Produktkonzept steht, das man konkret realisieren könnte. Aus unserer Erfahrung glauben wir: ein Lernformat mit sehr viel Zukunft!

 

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Fachlichen Input erhalten, das Gelernte anwenden, in der Präsentation Feedback bekommen: Online-Kurse funktionieren am besten, wenn sie intelligent mit Präsenz-Veranstaltungen kombiniert werden.

 

Augmented Reality & Virtual Reality

Im Bereich Virtual Reality erwartet uns dieses und nächstes Jahre eine komplette Generation neuer Geräte, die von allen großen Plattform-Anbietern der Welt auf den Markt kommen. Und bei den enormen Entwicklungs-Budgets, die hier investiert werden, wäre es ein Wunder, wenn die Technologien dazu nicht einen großen Sprung nach vorne machen würden. Noch komplett offen ist zwar die Frage des gesellschaftlichen Umgang mit der Technologie – so spektakulär die Anwendungen aussehen, wenn man in der virtuellen Realität wandelt – von aussen wirkt man für seine Mitmenschen doch noch sehr merkwürdig. Und für Verlage und Medienhäuser wird die Frage sein, wo man als eher textorientierte Branche seinen Platz in dieser Welt findet.

Um Augmented Reality ist es wieder etwas still geworden in letzter Zeit – was aber nicht darüber hinweg täuschen sollte, dass bereits viele produktive Anwendungen in Branchen wie Luft- und Raumfahrt-Technik, Automobil- und Anlagenbau, Rüstungsindustrie im Einsatz sind. Und neben dem diesjährigen Hype um Pokemon Go zeigt ein Anwendungsbeispiel wie Land Rover, das in seinem Spitzenmodellen aktuell quasi die Windschutzscheibe zum Head-Up-Display macht, um darin Verkehrinformationen einzublenden, wann die Schwelle zur Durchsetzung einer Technologie erreicht ist: Wenn sie vom Kunden gar nicht mehr als eigenständige Technologie wahrgenommen wird, weil sie einfach selbstverständlich in Konsumgüter eingebaut ist.

 

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Von der Oculus Rift bis zum Schutzscheiben-HUD bei Land Rover: AR/VR steht auf der Schwelle zur allgegenwärtigen Consumer-Technologie (Quelle/Copyright: www.oculus.com / www.landrover.com)

 

Content im IoT: Alexa, Google Now, Siri & Co.

Mit Geräten wie Amazons Alexa-Plattform oder virtuellen Assistenten wie Google Now oder Siri verbindet sich ein weiterer Trend, der noch weitgehend verborgen den Umgang mit Content im Internet of Things beeinflussen wird: nicht nur arbeiten dieses Assistenzen stets im Hintergrund und ohne eigenständige Bedienungsoberfläche – damit verbunden ist auch ein grundlegender Paradigmen-Wechsel in der verwendeten Suchtechnologie. Natürlich wird es auch weiterhin einen Google-Algorithmus geben, der da im Hintergrund arbeitet. Aber bei Geräten und Apps, bei denen sowohl die Sucheingabe als auch die Ausgabe der Ergebnisse per Sprache erfolgt, arbeiten die Entwickler an einer stillen Revolution der Suche:

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Abschaffung der Trefferliste. Bei der Suche per Sprache stellt der Nutzer eine Frage, und er erhält eine Antwort – und zwar genau eine. Dieses Prinzip wird die Suchmaschinen-Optimierung bei Durchsetzung grundlegend verändern. Denn in dieser Welt kann Sichtbarkeit nur noch über einen Mechanismus hergestellt werden: Wenn der eigene Content eine direkte Antwort auf eine relevante Fragestellung der eigenen Zielgruppe ist.

 

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Mit Geräten wie Alexa und digitalen Assistenten wie Google Now werden neue Paradigmen geschaffen: sowohl Sucheingabe als auch Informationsausgabe erfolgen nur noch über Sprache. (Quelle/Copyright: www.amazon.com/www.samsung.com)

 

Der zweite Teil unserer Trendschau erscheint in der nächsten Woche – bis dahin wünschen wir eine angenehme Lektüre!

 


Digital Publishing Trends 2016, Teil 2

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Der digitale Markt dreht sich jedes Jahr eine weitere Runde. Und Themen, die 2015 noch fest gesetzt waren, sind kaum noch von Bedeutung, dafür haben sich andere Herausforderungen in den Vordergrund gedrängt. Auch im zweiten Teil unserer Trendschau wollen wir Ihnen die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016 zusammenfassen und kommentieren:

Sichtbarkeit – die harte Währung der Netzökonomie

Discoverability, was so mühsam über die Lippen kommt, lässt sich nicht mehr wegdenken. Die schönen Grafiken und Statistiken von DOMO oder anderen verdeutlichen den exponenziellen Anstieg von Informationseinheiten. “Data never sleeps” ist die Umschreibung einer globalen Produktion, die zwar jeden zum Autor macht, aber jeden Autor auch schwer auffindbar. Für alle Medienanbieter gilt deshalb, noch stärker vom Marketing her zu denken. Und das heißt auch, dass Gemischtwarenläden keine Konjunktur mehr haben.

Data is exploding faster than our ability to put our arms around it, so you’re going to have to adapt. The right answer on Monday is never going to be the right answer on Tuesday. (Stanley McCrystal)

 

Auch 2016 gilt: Data never sleeps. (Quelle/Copyright: www.domo.com)

 

Metadaten – ohne Daten kein Vertrieb

Der Data Summit letzte Woche in Frankfurt hat gezeigt, dass Metadaten nicht nur ein Anhängsel für Bibliothekare sind. Wenn man sie richtig steuert, kann effektiv mehr verkauft werden. Dass das auch eine Auswirkung auf Prozesse hat und Lektoren wie PR-Spezialisten gleichermaßen gefragt sind, das liegt auf der Hand. Das Treffen hat auch gezeigt, wie wichtig der Austausch der Verlage untereinander ist. Denn keiner hat eine Musterlösung in der Schublade und man kommt nur voran, wenn alle schnell voneinander lernen können.

Insbesondere für die Fachverlags-Perspektive relevant – die Präsentation “Metadata and Discoverability” von Catherine Giffy (Wiley):

 

Inforgs und cognitive computing

Luciano Floridi nennt uns inforgs, Wesen, die aus Informationen bestehen und diese heute anders organisieren als früher. Wir sind nicht nur unser digitales Spiegelbild, aber wir sind auch das. Das hat Auswirkungen auf die Diskussion um die Privatspäre und unser Selbstverständnis als denkende Wesen. Ich denke, also bin ich. Diese Aussage wird durch cognitive computing anders interpretiert. Denn wenn uns Softwareprogramme übertreffen in vielen Analysen, dann heißt das noch nicht, dass Computer die Herrschaft übernehmen.

Aber es heißt, dass wir besser verstehen müssen, wo künstliche und wo menschliche Intelligenz gefragt sind. Eine Reihe von digitalen Diensten wird die Medienbranche verändern. Dies heißt immer, dass Jobs in der bisherigen Form verändert werden oder wegfallen. Und andere entstehen an anderer Stelle. Es macht Sinn, sich damit auseinanderzusetzen. (Über eine Reihe von Diensten hatten wir im Zusammenhang von smart data berichtet.)

 

Blockchain

Im Rahmen von CONTENTshift hatten wir vor der Buchmesse auf das Start-up SatoshiPay hingewiesen. Hier spielt schon das Thema eine große Rolle, das jetzt in aller Munde ist: Blockchain. Es geht womöglich um die nächste Revolution, weil der “middleman” einmal mehr abgelöst werden kann. Jeder, der als Makler oder Notar, als verlässliche Institution fungierte, die Sicherheiten gewährt und bei Streitigkeiten als Anlaufstelle funktioniert, kann theoretisch ersetzt werden.

Das Prinzip ist einfach: Es gibt viel mehr Rechner als bisher und diese sind vernetzt. Wenn jeder ein wenig von seiner Rechenleistung zur Verfügung stellt und es dann ein pfiffiges Verschlüsselungssystem dazu gibt (Erfinder ist Satoshi), dann können Daten besser vor Fälschungen gesichert werden als bisher. Denn eine Bank kann leichter ausgeraubt werden oder bankrott gehen. Das nächste Eldorado öffnet gerade seine Pforten und wartet auf disruptive Geschäftsmodelle.

Zu Blockchain sei insbesondere empfohlen dieser hervorragende TED-Talk zum Thema:

 

Der Appmarkt: Rückblick 2016 und Ausblick 2017

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Der jährliche Rückblick des App-Analytics-Anbieters App Annie auf das Jahr 2016 in den großen App-Stores bestätigt einige Tendenzen und korrigiert andere Annahmen. Der Markt boomt nach wie vor und erhält durch die größeren Vernetzung der Apps untereinander eine neue Qualität. Er bleibt deshalb wichtig für Medienanbieter – ob sie hier Produkte anbieten oder darüber die Vermarktung anderer Inhalte steuern. Wie im Artikel vom letzten Jahr gelten die drei zentralen Fragen: Könnten meine Angebote durch besser gemachte Apps ersetzt werden? Wie kann ich den Appmarkt  zur Vermarktung und Kundengewinnung nutzen? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich für mich als Anbieter? Wer nicht mehr bis zu unseren Seminaren zur App-Entwicklung und zu digitalen Geschäftsmodellen im Frühling warten will, für den folgt hier schon einmal ein Vorgeschmack:

Die App-Stores als Wachstumsmarkt

Obwohl vielerorts zu lesen ist, dass der “Goldrausch bei den Mobile-Apps vorbei” ist – noch gibt der globale Markt durchaus an vielen Stellen Wachstum her.

Die Anzahl der durchschnittlich verwendeten Apps pro Nutzer schwankt je nach Land zwischen 30 und 40. Das sind mehr als die von Nielsen errechneten Menge der App-Nutzung – die sich allerdings nur auf die USA bezieht, wo sich die Zahl der Apps knapp unter 30 eingependelt hat. Aber durch die Bewegungen in den sozialen Netzen und neue Spiele wie Pókemon Go ist das verständlich. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Die Zuwächse bei den Apps kommen nicht nur aus China, sondern verteilen sich global auf viele Märkte – wenn auch mit deutlichem Schwerpunkt auf den Wachstumsmärkten in Asien. Dabei profitieren IOS und Android gleichermaßen, mit höheren Wachstumsraten im Google Play Store. Bei den Themen erkennt man die Unterschiede im Reifegrad der Märkte: Je länger der Markt schon besteht, desto spezieller werden die Wünsche, während in neuen Märkten die wichtigsten Apps zur Kommunikation und dem Nutzen von Medien die erste Wahl sind.

 

Trotz der Fülle der Apps ist der Markt alles andere als gesättigt. In Deutschland sind bei gleichbleibend hohem Downloadvolumen auch die Steigerungsraten bei der Nutzungsdauer und den Umsätzen hoch. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Welche Apps profitieren von den Trends?

Spiele sind nach wie vor für den Löwenanteil der Umsätze verantwortlich. Aber in den meisten Segmenten sind Zuwächse für Medienanbieter zu beobachten. Streaming-Dienste haben einen großen Zuwachs und während YouTube bei den Nutzerzahlen vorne liegt, kann Netflix bei den Erlösen punkten. Auch Sportübertragungen spielen eine immer größere Rolle.

 

Bei den Umsätzen machen natürlich die Spiele insgesamt den meisten Umsatz. Interessant sind jedoch die Zuwächse bei den Streamingdienste wie Spotify, Netflix oder Pandora. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Dass das Bewegtbild an Bedeutung gewonnen hat, zeigen die Adaptionen der Apps wie Twitter, Instagram, Snapchat oder Facebook (live), bei denen der Videoanteil immer bedeutender wird. Neben den hier gezeigten Zahlen zeigen auch die Auswertungen des App-Annie-Konkurrenten Flurry, dass Soziale Netzwerke und Messaging-Anbieter insgesamt zu den großen Gewinnern zählen, was die App-Nutzung angeht.

Die Nutzer verbringen mehr Zeit mit ihren Apps. Dabei spielen vor allem die sozialen Netzwerke und die persönlichen Begleiter bei Sport und Finanzen eine Rolle, während vor allem die “Personalization”, Spiele und auch Magazine an Boden verloren haben. Bei den Nachrichten spielt die Verlagerung des Nachrichtenkonsums in die soziale Netzwerke eine Rolle. (Quelle: Flurry Analytics)

Und auch hier ist der Apple-Store immer noch der attraktivere Partner, wenn es darum geht, dass Kunden auch etwas zahlen – hier bestätigt sich die Erkenntnis der letzten Jahre, dass der Android App-Store für die Reichweite notwendig ist, aber man den Apple-Store fürs Geld verdienen braucht.

 

Bücher tauchen nur im Apple-Store auf bei den Erlösen und fallen auch dort zurück. Dieses Bild dürfte beispielhaft sein für die Herausforderung der Branche. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Nutzungsmuster der App-Kunden

Die Auswertungen zur Nutzungsdauer und zu den durchschnittlichen Sitzungen pro Nutzer bestätigen die Studien anderer Anbieter in zwei parallel verlaufenden Trends: Die App-Nutzung intensiviert sich insofern, als die Nutzungsdauer insgesamt kontinuierlich steigt – gleichzeitig verengt sich die Nutzung, weil Kunden diese Zeit in zunehmend weniger Apps verbringen (und dabei oft bei Apps bleiben, die sie ohnehin schon kennen). “Retention” lautet deshalb eines der Schlagwörter der Branche: Wie bekomme ich meine Kunden dazu, auch regelmäßig die App zu nutzen, damit sie nicht mit der Zeit gelöscht wird, weil man sie die letzten Monate nicht genutzt hat. Benjamin Günther hat auf mobibranche.de mit schönen Beispielen die Herausforderungen dargelegt.
Und neben der direkten Monetarisierung durch Einzelverkauf oder In-App-Käufe fällt auch in der App-Annie-Studie auf, dass die indirekte Monetarisierung durch eCommerce-Erlöse boomt:

 

Die Nutzungsdauer ist auch bei den Shop-Apps gestiegen. Dabei fällt auf, dass die “digital-first”-Anbieter höhere Zuwächse verbuchen konnten (blauer Kreis), während die Anbieter mit einem hohen Ladenanteil viel langsamer wuchsen. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Die Trends liegen für den Appmarkt auch auf der Hand. Folgt man Jan Wolter auf mobilbranche.de, so sind diese für 2017 künstliche Intelligenz (Stichwort Chatbots), augmented reality (Stichwort Pókemon Go), mobile payment (Stichworte Apple Pay, Blockchain), Internet der Dinge (Stichworte Smart home, Connected car) und m-commerce (Stichworte click&collect, conversational search).

 

Die Erlöse: wie monetarisiere ich eine App?

Die Erlösmodelle im Appmarkt sind für Medienanbieter nicht einfach. Deshalb ist eine Gesamtbetrachtung der Geschäftsmodelle und crossmedialer Effekte immer sinnvoll. Dabei gibt es Sondereffekte wie z.B. den, dass nach der Wahl von Trump die NYT, die Washington Post und andere Qualitätsmedien deutlich an Zuwachs gewinnen konnten – sowohl digital und im Print. Trotzdem bleibt der Markt schwierig.

Snapchat zeigt deutlich, dass Umsatz und Rendite nicht gleichzeitig zu den Zielen zählen dürfen. Wer wirklich groß werden will, muss anfangs auf die Reichweite achten und braucht dafür viel Geld und geduldige Investoren. Und die sind in der Regel in den USA zu finden. (Quelle: statista)

Sonst sieht man im Zeitungsmarkt beispielsweise wenige Freemium-Modelle, die sonst üblich sind – und bei Fachinformationen noch weniger. Das führt zu niedrigeren Nutzungsraten. Ist Reichweite jedoch das Ziel, kommt man an Freemium-Angeboten nicht vorbei. Und bei der Monetarisierung durch Werbung muss man sich bewusst sein, dass dies eine Disziplin für Experten geworden ist. Benchmark ist hier sicherlich die Spieleindustrie, die auch nach der Studie von App-Annie den größten Bereich darstellt. Wer sich selber in die Tiefen des Themas einarbeiten will, dem sei z.B. das Advertorial zum Thema Mediation bei der Monetarisierung von Werbeerlösen empfohlen. Spezialisierte Dienstleister können hier wie an der Börse die besten Preise herausholen.

 

Die Kostenseite: was kostet mich ein App-Projekt?

Und das bietet auch eine gute Überleitung zu den Kosten einer App. Das eine sind die Entwicklungskosten. Fritz Ramisch hat die Ergebnisse einer Studie von iBusiness zusammengefasst, die die üblichen Preise für die Appentwicklung in Deutschland aufführt. Dazu kommen aber immer noch Wartung, Weiterentwicklung, Systemintegration etc. Die klassische Regel bei der Softwareentwicklung gilt auch hier: Zwei Drittel der Kosten sollte man für die Maintenance planen.

 

Die Vermarktung von Mobile-Apps

Noch bedeutender sind jedoch die Marketingkosten. Und diese können je nach Zielgruppe nochmals denselben Betrag wie die Entwicklung verschlingen. Um keine “Zombie-App” zu haben, die nur über die direkte Suche im Store mehr schlecht als recht auffindbar ist, muss man so viele Touchpoints zum Kunden bedienen. So rechnen Marketingspezialisten wie Melina Ex z.B. im b2c-Bereich mit einem Verhältnis von 1:2,5 bei organischen und bezahlten Installationen. Das macht bei 0,80 € für incentivierte Installationen und 2,50 € bei organischen Installationen je nach Ziel eben auch immer schon ein Sümmchen aus. Und neben den von anderen Produktformen gewohnten Mechanismen des Online- und Social-Media-Marketing hat sich nicht ohne Grund die “App-Store-Optimization” als eigenständige Marketing-Disziplin entwickelt.

Unser Klassiker „Wie vermarktet man Apps?“ ist auch nach vier Jahren noch in allen Punkten gültig. Als Ergänzung bieten sich die Checkliste von Essential Designs oder Sean Bowens sechs Empfehlungen an, die ebenfalls die Konzeption und Vermarktung zusammen denken:

  1. Performance ist alles, denn die Kunden wollen nicht warten.
    Vergiss dieses Handwerk nicht, auch wenn es lästig ist.
  2. Mach es einfach.
    Die Welt ist kompliziert genug und weniger ist mehr.
  3. Gib dem Kunden ein Erlebnis, egal ob auf dem Tablet, Phablet oder Smartphone.
    Verwirre ihn nicht mit unterschiedlichen Funktionen, nur weil die Geräte andere sind.
  4. Sei kein Vampir.
    Deine App soll sparsam sein bei Strom und Daten.
  5. Gib dem Kunden auch das, was ihm wirklich wichtig ist.
    Denn sonst beschwert er sich und ist weg.
  6. Spiel mit den anderen Apps.
    Und lass den Kunden deren Funktionen nutzen, wenn er will.

 

 

Alles Mobile? Deutschland im weltweiten Vergleich

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Germany – two points. Man fühlt sich an den Eurovision Song Contest erinnert, wenn man den Stand der Nutzung mobiler Geräte in Deutschland im internationalen Vergleich sieht. Dabei sollte man aber auch nicht den üblichen Katzenjammer anstimmen und als schuldbewusste Deutsche nur das Schlechte sehen. Licht und Schatten sind wie überall zu finden. Interessant ist der internationale Vergleich deshalb, weil er Rückschlüsse zulässt auf die Entwicklungen hierzulande. Als Exportweltmeister in einer globalen, vernetzten Welt hat sich die deutsche Wirtschaft wie kaum eine andere flexibel und innovativ gezeigt. Sonst stünde sie nicht dort, wo sie ist. Diese Tatsache erhöht den Druck auf die Anpassung an internationale Entwicklungen. In der Medienindustrie können die Mitarbeiter die dauernden Vergleiche mit Amazon und Google schon nicht mehr hören, so präsent sind sie. Trotzdem gehört es zum Handwerk, darauf zu achten. Die weltweite Tendenz, “mobile first” zu denken, hinterlässt auch hier ihre Spuren. Hier ein Blick auf den “Global Mobile Report” von comScore.

Länder mit einer gut ausgebauten Infrastruktur wie Deutschland oder die USA sind im internationalen Vergleich bei der Nutzung mobiler Endgeräte nicht an vorderster Stelle. Es fällt auf, dass der Zugang zum Internet über mobile Geräte dort überproportional hoch ist, wo andere Strukturen an ihre Grenzen gekommen sind. Die Organisation des Alltags erfolgt in diesen Ländern immer stärker über digitale Medien. So sind in Indien 70% der digitalen Nutzer Mobile-Only-User und in Brasilien ist der Anteil der Mobile-Only-Nutzer innerhalb des letzten Jahres von 22% auf 29% gestiegen. Weltweit sind mehr als 25% der user “Mobile-Only-Nutzer”, mit steigender Tendenz

Weitere zentrale Erkenntnisse aus dem Bericht sind:

  • Lateinamerika ist weltweit führend in der Menge der durchschnittlichen mobilen Minuten pro Nutzer.
  • Apps dominieren die mobile Nutzung und machen über 80% der mobilen Nutzungszeit aus. Damit scheint aber auch das Plateau erreicht, denn nur Spanien verzeichnet hier noch Steigerungen.
  • Instant Messaging und Social Media machen in den betrachteten Ländern mehr als ein Viertel aller mobilen Minuten aus. Die Marktführer ändern sich von Land zu Land und heißen wie bekannt Facebook Messenger, WhatsApp und WeChat.
  • Nur in Indien sind mehr Männer als Frauen “Mobile-Only”-Nutzer.
  • Die Deutschen sind verspielter als angenommen: Zumindest im Vergleich zu Instant Messenger werden mehr Minuten pro Nutzer generiert. Insgesamt dominieren wie gewohnt bei den Apps die Spiele, weltweit.
  • Die mobile Nutzung der Kategorien Banking und Handel entspricht fast der Desktop-Nutzung, wobei in Deutschland der Desktop noch Trumpf ist. In der Kategorie Handel ist Deutschland im Vergleich Schlusslicht bei der mobilen Nutzung (36% mobile im Vergleich zur Desktop-Nutzung).

Mittlerweile lässt sich auch nicht mehr von einem Generationenunterschied sprechen. Zumindest bis zur Kategorie 45+ ist der Unterschied zu den sogenannten “digital natives” zu vernachlässigen.

 

 

Wichtig ist, dass “mobile first nicht gleich mobile first ist. Es gibt je nach Thema und Land doch noch erhebliche Unterschiede.

Vor allem in Deutschland liegen die Themenbereiche Nachrichten, Reise, Bekleidung, Banking, Immobilien oder “Portale” meistens noch in der Reichweite des Desktops. “My home is my castle” und von dort aus bewegen sich viele in die Welt hinaus, bequem vom Laptop aus.

Wie schon in vorangegangenen Untersuchungen zum Appmarkt bestätigt sich die Tendenz, dass nur wenige Apps mit einer hohen Reichweite dominieren. Dazu kommt, dass über die Hälfte der Nutzer keine neuen Apps herunterlädt. Naturgemäß sind auch hier die Jüngeren (bis 34) neugieriger. Die Hürde für die Etablierung neuer Apps ist entsprechend hoch.

Bedenkt man die Fülle an Apps in den Stores (wir rechnen mit über 2 Millionen bei Apple und Google), so verblüfft die niedrige Anzahl wirklich relevanter Apps immer wieder. Die Top 30 Apps generieren in allen Ländern mehr als 40% der mobilen Nutzungszeit und davon entfällt wiederum 95% auf die Top 10 Apps.

Der globale Markt wird auch in Deutschland das Thema “mobile first” forcieren. Die hier gezeigten Statistiken sind kein Beleg für Rückschrittlichkeit in Deutschland, auch wenn es beim Zugang zum Netz, in der Bildung und vielen anderen Bereichen viel zu tun gibt. Nur als kleiner Abschluss sei auch ein anderes Bild erlaubt, z.B. dass Bosch bei der Anmeldung digitaler Patente zum autonomen Fahren weltweit führend ist. Das Bild vom deutschen Dornröschen ist nicht ganz stimmig.

Eine der wenigen Statistiken, in denen deutsche Unternehmen sehr weit vorne stehen. Patente sind noch nicht die Garantie für wettbewerbsfähige Produkte, aber eine Voraussetzung. Man könnte zwar vermuten, Tesla und Google seien hier schon weiter, aber man kann der deutschen Wirtschaft nicht vorwerfen, untätig zu sein.

 

Was muss ein minimal viable product (MVP) umfassen?

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Jason Cohen will seinen Kunden keine MVPs (minimal viable products) mehr anbieten. Das Prinzip “fake it till you make it” führt nicht nur zu Irritationen, sondern auch zu verärgerten Kunden, verbrannter Erde, sozusagen. In Zukunft sollen nur noch SLCs (simple, lovable, complete) auf den Markt kommen, das sind Produkte, die der Kunde liebt, weil sie einfach sind und in ihrer Einfachheit vollständig. Klingt gut, klingt einfach – und ist wie immer nur die halbe Wahrheit:

Cohen nennt selbst die einleuchtenden Gründe für ein MVP: Kleine Produkte kann man einfach und günstig testen, man ist schneller und lernt durch den realen Gebrauch der Kunden und man erkennt das Potenzial. Der Hauptgrund liegt jedoch in der Verknüpfung von Technologie und Globalisierung: Durch digitale Technologien ist die Welt noch enger zusammengerückt und Entwicklungen im Silicon Valley verändern Gewohnheiten in Rosenheim und Tokyo und Alibaba ist den meisten nicht mehr als arabischer Märchenheld bekannt, sondern als Zeichen für chinesische Ökosysteme. Schnelligkeit und Investitionskraft sind in diesem Markt bedeutender geworden. Und sie betreffen auch kleinere Produkte und Angebote, denn alleine die Schnittstellen zu neu aufkommenden sozialen Netzwerken oder Rezeptionsgewohnheiten auf Tablets und mal größeren oder kleineren Smartphones verändern das Angebot und den Aufwand. Man kann also gar nicht mehr monatelang entwickeln, sondern muss zügig auf den Markt und dort mit dem Kunden das Produkt entwickeln.

Das minimal viable product erinnert an die Bananenstrategie (“das Produkt reift beim Kunden”) unzuverlässiger Anbieter. Und doch führt kein Weg vorbei an der Tatsache, dass jedes neue Produkt ohne Veränderung kaum Überlebenschancen hat.

Das MVP ist die Antwort auf drei Probleme:

  1. Geschwindigkeit: Der globale Markt bringt laufend Neuerungen hervor und die großen Ökosysteme kaufen ebenso schnell Neuerungen auf oder entwickeln sie selber. Die Taktgeber für die Marktentwicklung sitzen leider im Silicon Valley oder Shenzhen und kaum jemand kann sich dem entziehen.
  2. Komplexe Technologie: Die vielfach unfassbaren Potenziale der Digitalisierung und die vielfältige Abhängigkeit der Technologien untereinander sowie der Schnittstellen zum Kunden machen Produkte am Reißbrett schwer planbar. Viele Szenarien lernt man erst durch den Gebrauch kennen und kann dann reagieren. Außer es gibt irgendwann einmal einen KI-gesteuerten Portfolioentwickler.
  3. Kundennähe: Die Kunden haben mehr Anbieter zur Auswahl, können leichter vergleichen und beziehen und ihren Unmut vielen kundtun. Zudem buhlen hungrige Start-ups auch um Zeit und Geld bei denselben Kunden. Es gibt also genug Gründe, die Kundennähe ernst zu nehmen und den Kunden immer wieder zu befragen, was er wirklich braucht und haben will.

Co-creation ist deshalb auch kein Werkzeug für eine F&E-Einheit, sondern eigentlich eine Haltung für die gesamte Portfolioentwicklung. Das MVP ist der erste Schritt.
Aber wie soll dieser beschaffen sein?
Es sollte, und deshalb lohnt sich der Blick auf Cohens SLC, den Kunden nicht vor den Kopf stoßen, sondern ihn begeistern, einfach sein und vollständig. Das Problem an dieser Formulierung ist, dass sie schon ein fertiges Produkt fordert. Denn Begeisterung und Vollständigkeit widerspricht allen Erfahrungen der Co-creation. Denn je besser ich meinen Kunden auch in die Entwicklung mit einbeziehe, desto enger binde ich auch meine Kunden an mich.
Deshalb sollte man eher darauf achten, wie den ein MVP sinnvoll gestaltet sein sollte, als gleich ein neues Kürzel auf den Markt zu werfen. Denn “viable” lässt sich vielseitig interpretieren, von “machbar” über “lebensfähig” bis hin zu “wachstumsfähig”.

Es sind deshalb zwei Dinge, die hier zu berücksichtigen sind.

  1. Ich brauche eine Antwort auf die folgende Frage: Was bringt meinen Kunden dazu, mir bei der Entwicklung von neuen Angeboten zu helfen? Worin liegt sein Interesse begründet?
    Wenn ich das weiß, kann ich ihn sinnvoll auch mit noch nicht “vollständigen” Produkten konfrontieren. Mit der Hilfe der limbic map kann ein geschulter Blick z.B. schnell erkennen, was für seine Kunden eine Belohnung darstellt. Diese kann nämlich von der exklusiven Teilhabe an einem besonderen Event über die vertrauensvolle, familiäre Atmoshpäre bis zur kreativen Anregung reichen. Sie muss kein “vollständiges” Produkt sein.
  2. Ich muss wissen, mit welchen Merkmalen ich mein Angebot in drei Jahren ausstatten will, um davon auch abzuleiten, was ich im ersten Schritt zu tun habe. Es klingt paradox, aber nur wenn ich die Summe der Möglichkeiten jetzt schon formuliere, dann kann ich auch meinen Kunden mögliche erste Schritte vorstellen und diese dann weiterentwickeln. Das ist deshalb von Bedeutung, da ich technologisch gesehen Weichenstellungen jetzt im Blick haben muss, um nicht früh schon auf das falsche Gleis zu gelangen. Denn ob beispielsweise mein Kunde Veterinärmediziner von mir per App oder Webseite oder Newsletter informiert werden will, das kann ich zwar austesten, aber noch besser wäre es, einen Fahrplan mit Erweiterungen zu haben, der mir sagt, mit was ich beginnen soll. Und bei Fragen wie “soll ich meinem Kunden künftig neben Informationen auch andere Produkte anbieten” wird deutlich, dass sich hier Investitionen in ein neues Portfolio, Logistik und Lagerhaltung bis zu Know-how verbergen, die schnell hochschnellen können.

In dem Zusammenhang sei der Beitrag von Andrew Askins von Crew empfohlen, in dem er fünf Schritte bei der Entwicklung des mvp einer App vorschlägt. Er entsteht aus der Not, dass man nie genug Geld und Zeit hat, um alle Produktmerkmale zum Start umzusetzen.

  1. Alle Funktionen und Produktmerkmale auflisten, die man für sein Produkt wollen könnte: Hier darf man “ich wünsche mir” spielen – und vor allem sollte man hier alle möglichen Wünsche der Kunden auflisten. Mark Zuckerberg macht es auch nicht anders, wenn er seine Strategie formuliert für die nächsten zehn Jahre.
  2. Alle Funktionen und Produktmerkmale in eine Planungsliste 2 überführen, die man nicht sofort braucht.
    (Wir gehen immer den umgekehrten Weg, indem wir die Prioritäten der Kunden zuerst in den Blick nehmen. Der Effekt ist derselbe.)
  3. Alle Funktionen und Produktmerkmale auf der Startliste markieren, die auch händisch gelöst werden können.
  4. (Schritt 2 und 3 wiederholen)
  5. Jede Bildschirmseite skribbeln und sicherstellen, dass nichts vergessen wurde.

(Siehe hierzu auch unsere Beiträge zur Appentwicklung oder dem Appmarkt.)

 

Nutzerverhalten – was die digital facts der AGOF aufzeigen

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Die AGOF (Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung) hat mit ihren digital facts 2016-2 wieder den aktuellen Stand veröffentlicht zur Nutzung digitaler Medien. In wesentlichen Teilen werden hier die Trends der letzten Jahre bestätigt. Und es ist eine Bestätigung für alle, die crossmediale Angebote entwickeln, mobile first denken und die Sichtbarkeit ihrer Produkte im Netz durch ein Bündel an Maßnahmen zu verbessern suchen. Zusammenfassend lässt sich das Folgende festhalten.

  • Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen.
  • Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen der Grund sein, denn ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher.
  • Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (ab wann leistet man sich mehrere Geräte).  Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten.
  • e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten.
  • Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.
  • Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden.

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Die Mehrheit der Bevölkerung nutzt stationäre und mobile Angebote. Je jünger die Zielgruppe ist, desto stärker werden mobile Angebot in Anspruch genommen. Signifikant ist, dass eine ausschließliche Nutzung nur stationärer oder nur mobiler Geräte kaum eine Rolle spielt und dass stationäre Angebote für die Bevölkerung ab 50 nach wie vor sehr wichtig sind.

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Die Jugend ist mobil unterwegs – und die Männer dominieren. Sie liegen in der Nutzung mobiler Geräte vor den Frauen. Hier muss genauer nachgefasst werden, von welchen Altersgruppen und Themen man spricht. Hier können demographische Verschiebungen (ab 60 ist der Frauenanteil in der Bevölkerung signifikant höher). In absoluten Zahlen holt die Zielgruppe 50+ jedoch deutlich auf und ist auch im Netz der Jugend überlegen.

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Je gebildeter, desto digitaler. Auch das ist logisch, denn in der Regel korrelieren Bildung und Gehalt (man leistet erst ab einem gewissen Einkommen mehrere Geräte). Die gestiegene Mobilität im Berufsleben führt ebenso zu einer klaren Mehrfachnutzung von Geräten. Auch hier zeigen sich die Effekte der Bevölkerungspyramide: Viele ältere Bürger bewegen sich nicht mehr ins Netz und Randgruppen der Gesellschaft ohne Einbindung in die Aus- und Weiterbildung sind überdurchschnittlich weniger im Netz.

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e-Mails sind nicht tot. Nach wie sind das Versenden von Mails, das Nachschlagen von Nachrichten (global, lokal, Wetter) und das Einkaufen die zentralen Tätigkeiten. Früher undenkbar: Auch hochsensible Daten werden online verwaltet, wie am Beispiel Banking deutlich wird. Dass Filme ansehen und der Austausch in den sozialen Netzwerken wichtig ist, versteht sich von selbst.

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Auch die Digitalisierung hat den Menschen sein Alter nicht vergessen lassen. Das Nutzungsverhalten spiegelt die Bedürfnisse der jeweiligen Altersgruppen: In jungen Jahren tauscht man sich mit der peer-group aus und geht ins Kino, später kümmert man sich um Familie, Job und Geld und danach hat man mehr Zeit fürs Wetter und Fußballergebnisse.

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Schön zu wissen: Bücher werden immer noch im Netz gesucht. Die Hoffnung liegt darin, dass sie nach wie vor einen Wert besitzen für viele – und dass der Grund nicht darin liegt, dass alle anderen Orte der Entdeckung von Büchern obsolet werden. Amazon hat bewiesen, dass Bücher wichtig sind im eigenen Portfolio und der Ausgangspunkt für viele weitere Angebote.

 

 

 

 

Mobile Publishing: Update Juni 2016

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Von eBooks bis zu den Methoden der Zusammenarbeit bei Facebook – die Bandbreite der Themen ist wieder groß in diesem Update. Und die Debatten um die Zukunft der Medien reißen nicht ab. Das ist gut so und wichtig. Die Tech-Giganten setzen auf den Bildungsbereich und das heißt in anderen Worten: Wie wollen wir die Zukunft unserer Gesellschaft gestalten, von den Schulen bis zu den Universitäten, vom “lebenslangen Lernen” bis zur Weiterbildung in Unternehmen? Das geht uns alle an, unabhängig von Geschäftsmodellen aus dem Silicon Valley. Lassen Sie uns dranbleiben.

Das richtige Produkt entwickeln

Innovation im eBook-Bereich? Nach einigen Jahren der hochdynamischen Diskussion stehen die Zeichen bei der Produktentwicklung für eBooks eher auf Stagnation. Warum es gar nicht so einfach ist, innovative Produkte zu entwickeln und welche Rolle die großen Ökosysteme dabei spielen, zeigt Teleread in einem aktuellen Beitrag. Und doch lohnt auch ein Blick auf die unermüdliche Vordenker wie Joe Wikert, die solche Themen weiterdenken, zum Beispiel in seinen Artikel über die Aufwertung von eBooks mit Indizes, Verzeichnissen und Suchmöglichkeiten. Ute Nöth gibt dazu in ihrem Interview “New narrative forms in the digital age” einen hervorragenden Überblick, zeigt aber auch auf, dass es neue Formen wahrlich nicht leicht im Markt haben.

Mit Kundendaten Produkte entwickeln: Auch wenn der Ansatz erst langsam in der Buchbranche ankommt – in allen Bereich der Online-Ökonomie hat sich gezeigt, dass Kundendaten bares Geld wert sind, wenn sie in der Produktentwicklung nutzbar sind. Justo Hidalgo von 24symbols bricht dazu bei TISP smart book eine Lanze für den Einsatz von Data Science in der Buchbranche. Den Ansatz von Jellybooks zur Nutzung von Analytics im eBook hatten wir bereits vor einiger Zeit in einem Artikel vorgestellt. Und auch beim Kauf von Pronoun durch Macmillan dürften die hier aggregierten Kundendaten und ihre Nutzung nicht die geringste Rolle gespielt haben.

 

So entwickelt sich der Markt

Buch- und eBook-Markt – hier und anderswo: Von Nielsen Book Research kommen aktuelle Zahlen zum Buchmarkt in den USA und UK – wie stets mit Trends, die sich natürlich nicht 1:1 auf unseren Markt übertragen lassen, die einem an einigen Stellen aber doch zu denken geben sollten. Jane Friedman steigt dazu noch tiefer in die Materie ein und entlarvt aktuelle, populäre Mythen – zum Beispiel den von der Renaissance des Print im englischsprachigen Markt. Ergänzend dazu nimmt sich Vearsa der Frage an, warum gerade Apple und Google so relativ unerfolgreich im eBook-Markt agieren.

Spezialist für den weltweiten Marktvergleich ist Rüdiger Wischenbart – bei der Frankfurter Buchmesse gibt es sein Whitepaper “The Business of Books 2016” zum kostenlosen Download, mit vielen Insights zu internationalen Buch- und eBook-Märkten. Und unsere eigene Einschätzung zum eBook-Markt in Deutschland, zum Digitalen Lesen und zu Selfpublishing haben wir aktuell in Überblicksartikeln zusammengefasst.

 

Internet Trends 2016: Jedes Jahr gibt die Analystin Mary Meeker von der VC-Agentur KPCB eine stets lesenwerte Zusammenfassung ihrer Sicht auf die Marktentwicklung im Online-Business. Die “Internet Trends 2016” sind ein 213-Slides-Schwergewicht, randvoll mit Zahlen, Trends, Analysen:

 

 

Die Technologien zur Umsetzung

Web-Typografie für alle: Seit den Frühzeiten des Web hat sich auch der handwerklich gute Einsatz von Schrift für Produkte deutlich weiterentwickelt – Web-Typografie ist mittlerweile zur eigenständigen Gestaltungs-Disziplin geworden, und so müssen eBooks, Apps und Web-Anwendungen auch nicht mehr mit der Ästhetik stalinistischer Plattenbauten daher kommen. Die Web-Plattform “Typography Handbook” gibt zu diesem Thema einen breiten Einstieg für alle Web-Designer, die sich schnell das wichtigste Handwerkszeug aneignen wollen.

Der Longread “Typography for User Interfaces” des finnischen Designers  Viljami Salminen nimmt sich der Schnittstelle von Gestaltung und Usability in der Anwendungs-Entwicklung an und zeigt Best Practise in diesem Bereich. Und von Monotype kommt als kostenloses eBook-PDF ein Ratgeber zum Font-Einsatz in Mobile-Apps.

Apple, Apps und kein Ende: Auch wenn Apple gerne markige Umsatzzahlen seines App-Store verkündet, in letzter Zeit ist die Katerstimmung unter den App-Anbietern nicht zu übersehen. Zwar sind die Rufe vom “Tod der Apps” wohl doch etwas übertrieben, aber klar ist dennoch, dass die Marktplätze der mobilen Ökosysteme große strukturelle Probleme haben. Mit iOS 10, das auf der aktuellen WWDC-Konferenz von Apple vorgestellt wurde, soll sich hier vieles ändern:

Wie wir auch in unserer Zusammenfassung gezeigt haben, soll vor allem das Abo-Modell großflächig ausgerollt werden und die Trendwende für einen App-Store im Umbruch bringen. Die Reaktionen aus dem Markt sind gemischt: Während das Fortune Magazine sich etwa extrem skeptisch zeigt, sieht Tech.pinions iOS gar immer noch als die “Laufzeitumgebung für Innovation” und als Schrittmacher der technischen Entwicklung im Mobilbereich insgesamt. Analyst Benedict Evans dagegen sieht die Künstliche-Intelligenz-Forschung als den zentralen Bereich, in dem sich der Wettbewerb von Google und Apple in der nächsten Zeit entscheidet – man darf gespannt bleiben.

 

Das ist die Zielgruppe

Wie verhalten sich die Menschen online? Obwohl wir mittlerweile soviel mehr Analyse-Tools für Tracking, Datenerfassung und Analytics besitzen, kommen doch ständig neue Studien zum sich wandelnden Kundenverhalten heraus. Die Trendstudie „Mediennutzung und Kommunikation in Deutschland 2016“ des Marktforschungsinstituts Heute und Morgen wird aktuell bei Mobile Zeitgeist zusammengefasst. Die stets lesenswerten “Digital facts” der Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung haben wir jüngst in einem eigenen Artikel vorgestellt. Und von der Digital-Agentur Global Media Insight kommen regelmäßig aktuelle Nutzer- und Nutzungszahlen für die sozialen Netzwerke – hier direkt beim Anbieter als englische Infografik oder in der deutschen Zusammenfassung beim Look@IT-Blog der Wirtschaftswoche.

 

Die Umsetzung

Responsivität weiter gedacht: Eine der großen Vordenkerinnen im Bereich Responsive Design und Content-Strategien ist Karen McGrane. Im Interview bei Mobile Zeitgeist zeigt sie ihre aktuelle Sicht auf Content-Design, Produktentwicklung und Online-Strategie – immer wieder eine Lektüre wert.

Teamwork im 21. Jahrhundert: Wie könnte man das Teamwork der vielen Leistungsträger und High Potentials im Unternehmen optimieren, das hat sich Google gefragt. Und hat in einem zweijährigen, interdisziplinären Projekt eine Vielzahl von Spezialisten, aber auch das ganze Big-Data-Arsenal der Firma auf dieses Thema losgelassen. Der Longread “What Google Learned From Its Quest to Build the Perfect Team” aus der New York Times zeigt das Ergebnis: Die genaue personelle Team-Zusammensetzung spielt für die Teamleistung fast keine Rolle – erfolgsentscheidend sind dagegen gleichberechtigte Team-Kommunikation auf Augenhöhe und emphatische Kommunikation der Beteiligten. Eigentlich sehr schön, dass sich diese klassischen zwischenmenschlichen Faktoren auch empirisch bestätigen lassen.

Wie Facebook Produkte macht: Man kann gegen Facebook sagen, was man will – aber ohne Zweifel wird hier Online-Produktentwicklung auf allerhöchstem Niveau betrieben. Mit welchem methodischen Framework Facebook dabei arbeitet, zeigt Julie Zhuo, Vice President of Product Design, in einem Artikel auf Medium: In Checklisten-artiger Form stellt sie dar, wie Rahmenbedingungen, operative Ausführung, Erfolgsmessung und Teamdynamik gehandhabt werden – eine schöne Vorlage, die man im Business Development gerne einmal mit dem eigenen Produktentwicklungs-Prozess vergleichen kann.

Die Zukunft wartet nicht: Weit über den Rahmen der Medienbranche hinaus dagegen weist der außerordentlich lesenswerte Essay “Digitaler Wandel: Kampf der Skeptiker gegen Visionäre” in der SZ: Er stellt zu recht fest, dass die aktuelle Diskussion über Digitalisierung “zwischen Ideologie und Ratlosigkeit feststeckt” und rät stattdessen zu Offenheit und breiter Auseinandersetzung mit den Zukunftsthemen. Denn:

Es geht dabei nicht um die Frage: Hältst du das Internet für gut oder schlecht? Sondern darum: Wie sollte unsere Gesellschaft aussehen, wenn wir die Digitalisierung als unumkehrbar akzeptieren? Die Einfallslosigkeit, mit der nach Antworten gesucht wird, spiegelt sich bislang in der Digitaldebatte wieder. Es ist an der Zeit, das zu ändern: Die Zukunft wartet nicht.

In diesem Sinne wünschen wir wie immer eine anregende Lektüre!

 

Können Frauen überhaupt programmieren?

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Bildung möglichst vielen zu ermöglichen, das gehört zu den großen Errungenschaften unserer Zeit. Frauen über Bildung einen Zugang zur Gesellschaft zu geben ist ein wichtiges Gut, das noch gar nicht so lange mehrheitsfähig ist. Selbst volkswirtschaftliche Gründe sprechen dafür, denn in einer Informationsgesellschaft sind kommunikative Fähigkeiten entscheidend, viel wichtiger als Kraft und Stärke. Dazu gehören Empathie genauso wie semantische Analyse, das Verständnis von Kontext ebenso wie die Interpretation von Content. Verständlich, dass im Durchschnitt die Frauen die besten Noten haben an den Schulen und ihre Chance ergreifen. Aber in der Techbranche, dem Motor unserer Zeit, im Silicon Valley, sind Frauen und Farbige kaum vertreten. Warum?

Ein schönes Beispiel dafür ist “Girls who code” – eine Kampagne für mehr Frauen in der IT-Wirtschaft: Sie spielt mit den Vorurteilen gegenüber Frauen als Programmiererinnen – und zwar so direkt, als ob man pubertierende Jungs ansprechen müsste. Wahrscheinlich ist das auch oft der Fall.


Am Thema Frauen als Führungskräfte (hier eine Studie von Fernwick über Frauen im Silicon Valley) dürfte die Branche noch so lange zu knabbern haben wie alle anderen auch: Sexismus und Seilschaften, geringere Bezahlung und Geschlechterrollen, das lässt sich nicht schnell ändern. Um das Thema Technologie und Programmieren kümmern sich die Firmen mittlerweile.

Sie haben erkannt, dass man das Potenzial von Frauen nutzen sollte, will man im Kampf um die besten Programmierer nicht immer nur die Konkurrenz abwerben. Und Firmen mit einer heterogenen Belegschaft können erwiesenermaßen flexibler auf Kundenbedürfnisse eingehen. Dazu gehört auch, dass Programmieren aus der Höhle der Nerds, der Pizzas mit Bier und zotigen Witzen gezerrt wird. Informatik ist mehr und dann auch für Frauen interessant, aber das muss man auch in früher Jugend schon vermitteln.

Spannend an dieser Entwicklung ist dabei auch, dass die IT-Kultur noch nicht immer so stark männlich dominiert war: Ganz im Gegenteil, am Anfang der Informatik gab es sogar relativ viele bekannte Frauen in der Software-Entwicklung, die an vielen Stellen die Grundlagenarbeit geleistet haben. Der Umbau der Soziodemographie in der IT erfolgte letztlich erst im Laufe der 80er Jahre, als sich die Tech-Industrie mit ihrem breiten Erfolg auch ökonomisch stark veränderte.

Insofern ist es gut und hilfreich, dass sich immer mehr Initiativen nicht mehr mit dem verbreiteten Narrativ vom männlichen Tech-Nerd als einziger Evolutionsstufe in der Software-Entwicklung abfinden wollen. Fiona Krakenbürger hat dazu auf der diesjährigen Direttissima-Konferenz einen viel beachteten Talk gehalten:

Und so schwierig ist es letztlich auch inhaltlich nicht, Programmierung so zu vermitteln, dass das Thema für alle Bevölkerungsgruppen, Geschlechter und Subkulturen relevant wird: Wird das Programmieren als Sprache verstanden, als Sprache mit eigenen Regeln und greifbaren Ergebnissen, dann lassen sich auch Lateinschülerinnen, Linguisten und Kommunikationswissenschaftler begeistern. Und ein Verständnis für die Basis von Softwarefirmen zu haben, das kann nie schaden.

programmieren apple

Programmieren wird sexy. Mit Swift Playgrounds versucht sich Apple an einer gefälligen, intuitiven Bedienung mit einer Oberfläche, die auch all die anspricht, die mit sonst nicht so viel am Hut haben. Jugendliche können so besser angesprochen werden und die Möglichkeiten des Programmierens erkunden. Dass Apple hier handfeste eigene Interessen verfolgt und Programmierer für die eigenen Sprachen ausbilden will, ist das eine. Und deshalb sind derartige Initiativen nur begrenzt sinnvoll für die Ausbildung. Dass Apple aber mit derartigen Programmen auch Standards für die Vermittlung an Jugendliche setzt, die bald von vielen anderen auch aufgegriffen werden, das ist der positive Effekt.

Apples iTunes U ist schon lange bemüht, die Apple Hardware in die Schulen zu bringen, mit Hilfe von iBooks author und anderen kostenlosen Diensten im Schlepptau. Mit Swift Playgrounds sollen die Kinder sogar spielerisch zum Programmieren gebracht werden, um auch für genügend Nachwuchs zu sorgen und auch junge Frauen zum Programmieren zu bringen. Einziges Hemmnis hier ist die stark besetzte Marke von Apple im hochpreisigen Segment, so dass der Slogan “Bildung für alle” nicht mit Apple verbunden werden kann.

Mit Google Docs und YouTube ist Google schon lange bei den Lernenden präsent. Aber ähnlich wie Apple scheint sich auch Google Sorgen zu machen um den Programmier-Nachwuchs und bietet mit Project Bloks eine Plattform für Jugendliche, die Hardware und Software verknüpft. Programmierung wird im wahrsten Sinne des Wortes greifbar. So wie auch ein Stift die Lichter zum Glühen bringen können.

google coding

Project Bloks ist eine Initiative von Google, die Programmierung haptisch spürbar macht. Es ist eine einfach gestaltete “Werkzeugumgebung”. Einmal damit vertraut gemacht, können die Kinder selbständig Lösungen entwickeln. Sie erkennen die Zusammenhänge von Soft- und Hardware und wo sie was verändern können. Hatten Generationen vor ihnen die Jugendlichen noch gelernt, wie man einen Ölwechsel am Auto macht oder einen Platten am Fahrrad repariert, wachsen hier die Spezialisten des Google Cars heran.

Ähnliches wird im Programm Open Roberta vom Fraunhofer Institut mit der Förderung des BMBF versucht, Initiativen der BITKOM (hier geht es zu einer umfassenden Broschüre zu MINT-Studiengängen für Frauen) oder bei den Digital Media Women. Der Nachwuchs wird umworben. Und das ist auch bitter nötig. Solange es eine Meldung wert ist, dass mehr Frauen programmieren, ist das schlecht und weit weg von Normalität.


Digital Publishing Trends 2016

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Zur jeder Buchmesse gehört die Trend-Schau. Und natürlich spielen die Bücher die Hauptrolle – aber die Zukunft verlangt nach einem Blick auf die digitale Welt. Wie bereits im letzten Jahr haben wir für einen Vortrag bei unserem Partner SilkCode die Trends des Jahres ausgewählt – die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016. Wir möchten Ihnen die Erkenntnisse in Form eines Artikels nicht vorenthalten, denn die Trends gehören nicht nur auf die Messe – sondern ins alltägliche Arbeiten mit den digitalen Medien:

eBook-Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf

Während der deutsche eBook-Markt sich nach aktuellen Studien aktuell in seiner ersten ausgedehnten Plateau-Phase befindet, sind nicht nur je nach Genre / Warengruppe erhebliche Unterschiede in der digitalen Durchdringung zu erkennen. Auch innerhalb derselben Genres geht die Schere beim eBook-Umsatz-Anteil je nach Verlag von niedrigen einstelligen Zahlen bis zu deutlich über 20% auf. Der Grund aus unserer Sicht: der ebenso unterschiedliche Grad, in dem moderne Online-Marketing-Tools beherrscht und eingesetzt werden.

Schon im US-Markt hat sich z.B. in der letzten Author-Earnings-Studie gezeigt, dass bereits relativ kleine Anpassungen im eMail-Marketing von Amazon sichtbare Verschiebungen von Teilmärkten zur Folge haben können. Neben den klassischen Mechanismen des eMail- und Social-Media-Marketing werden aber auch vermehrt neue Vermarktungstools eingesetzt: Eigenanzeigen und Inbook-Marketing lassen sich inzwischen dynamisch und automatisiert in eBook-Titel einbinden und sorgen für verbesserte Content-Empfehlungen. Dynamisches Pricing und optimierte Preisaktionen sorgen für Umsatz- und Reichweiten-Steigerung. Und über automatisiertes eBook-Bundling lassen sich schnell attraktive neue Produkte für spezielle Zielgruppen erstellen.

Natürlich sind alle diese Mechanismen nur über hochautomatisierte Steuerungstools sinnvoll einsetzbar und auswertbar – aber darin wird einer der Schlüssel zum Erfolg in einem Markt liegen, der hochgradig von der Sichtbarkeit und Vermarktungsstrategie abhängt.

 

marketing-optimierung

Von der Beeinflussung des Selfpublishing-Marktes durch das Email-Marketing von Amazon bis zu automatisiertem Content-Bundeling im deutschen Markt: Marketing-Optimierung ist Trumpf im eBook-Markt! (Quelle/Copyright: www.authorearnings.com / www.readbox.net)

 

Apps: Bots, Assistenten, Integrationsplattformen

Während beim Massenmarkt der Consumer-Apps aktuell eher Katerstimmung zu verzeichnen ist, da sich die App-Nutzung zwar intensiviert, aber auch auf relativ wenige, bekannte Apps konzentriert und die Retention-Rates nach oben gehen, boomt ein anderes Genre von Apps: die im Hintergrund arbeitenden Bots und virtuellen Assistenten, die ohne echte Bedienungsoberfläche im verborgenen arbeiten, um für Prozess-Automatisierung, Content-Empfehlungen und intelligente App-Verknüpfungen zu sorgen.

Daneben werden die Apps der sozialen Netzwerke und insbesondere die Messenger-Apps zunehmend zu einer Art zentraler Integrationsplattform. Selbst Apple hat mit iOS 10 seinen Startbildschirm mit so vielen Funktionen ausgerüstet, dass er fast schon als eigenständige Betriebssystem-Oberfläche gelten kann. Und die populären Messenger erhalten – insbesondere im asiatischen Markt – integrierte Schnittstellen zu Payment-Anwendungen, Kundenservice-Tools, Fahrdiensten, Essen-Lieferdiensten. Die Nutzer können zunehmend mehr Funktionen wahrnehmen, ohne ihre zentrale Applikation jemals wirklich verlassen zu müssen. Und auch für Content-Anbieter wird es nötig sein, hier ihren Platz zu finden, wie das folgende Fallbeispiel aus den Kleiner Perkins 2016 Internet Trends zeigt, in dem eine komplette Customer Journey in nur zwei Apps abgewickelt wird:

 

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Integrierte Mobile-Experience: der Nutzer beginnt seine Suche in einem Instagram-Shop, wechselt von dort aus in Line (einem in Asien verbreiteten Messenger), wo Kundenservice und Austausch der Zahlungsbedingungen abgewickelt wird. Der Kunde bezahlt direkt im Messenger und kann anschließend die Sendung über den Messenger verfolgen, bis sie bei ihm angekommen ist. (Quelle/Copyright: http://www.kpcb.com/internet-trends)

 

Blended Learning: „MOOCs on steroids“

In den letzten Jahren boomen die MOOC-Modelle wie Udemy, Coursera, Khan Academy und Lynda – zu Recht, denn mit sehr viel geringeren Zugangshürden können hier auch anspruchsvolle Fähigkeiten durch reines Online-Training erworben werden. Doch bei allem Erfolg darf nicht verschwiegen werden, dass diese Lernform durchaus nicht geringe didaktische Probleme mit sich bringt: Regelmäßigkeit des Lernens und Lernkontrolle lässt sich durch den Dozenten kaum verlässlich sicherstellen und durch den fehlenden persönlichen Kontakt ist die Nachhaltigkeit der Maßnahme zumindest fragwürdig.

Ein Weg zur Kombination des besten aus beiden Welten kann dabei die Lernform “Blended Learning” sein: Online-Trainings-Einheiten werden hier mit Präsenz-Seminaren und Workshops zu einem integrierten Lernkonzept verknüpft. Persönliche Erfahrungen damit durfen wir in unserem eigenen Blended-Learning-Projekt zum Digitalen Publizieren machen, das wir für das Goethe-Institut dieses Jahr zum zweiten Mal in Indien und aktuell zum ersten Mal in Ägypten durchführen.

Der Kurs wird jeweils von einem Start- und einem Abschluss-Workshop vor Ort eingerahmt. Bei Start-Workshop geben wir in kurzen Impulsvorträgen einen Einstieg in die jeweiligen Themen, daneben besteht etwa die Hälfte der Zeit in der Bildung von Projektgruppen und der Konzeption von Muster-Projekten, die während der Kurslaufzeit dazu dienen, die Themen prototypisch in der Praxis durchzuspielen.

Für die sechsmonatige Online-Trainings-Phase verwenden wir die Lernplattform Moodle, die beim Goethe-Institut gehostet und dort vor allem für den Deutsch-Unterricht eingesetzt werden. Die Themen des Kurses werden dort mit einer Mischung aus vorproduzierten Lernvideos, vertiefender Literatur und praktischen Aufgaben zu den Muster-Projekten der Teilnehmer vermittelt. Zu den passiven Lernformen kommen interaktive Elemente wie Kursaufgaben mit Forums-Diskussion, individuelles Feedback zu den praktischen Aufgaben sowie die Möglichkeit zum Live-Chat hinzu. Im Abschluss-Workshop präsentieren die Teilnehmer dann die Ausarbeitungen ihrer Projekte und arbeiten zusammen mit uns drei Tage lang an den Details, bis am Ende ein Produktkonzept steht, das man konkret realisieren könnte. Aus unserer Erfahrung glauben wir: ein Lernformat mit sehr viel Zukunft!

 

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Fachlichen Input erhalten, das Gelernte anwenden, in der Präsentation Feedback bekommen: Online-Kurse funktionieren am besten, wenn sie intelligent mit Präsenz-Veranstaltungen kombiniert werden.

 

Augmented Reality & Virtual Reality

Im Bereich Virtual Reality erwartet uns dieses und nächstes Jahre eine komplette Generation neuer Geräte, die von allen großen Plattform-Anbietern der Welt auf den Markt kommen. Und bei den enormen Entwicklungs-Budgets, die hier investiert werden, wäre es ein Wunder, wenn die Technologien dazu nicht einen großen Sprung nach vorne machen würden. Noch komplett offen ist zwar die Frage des gesellschaftlichen Umgang mit der Technologie – so spektakulär die Anwendungen aussehen, wenn man in der virtuellen Realität wandelt – von aussen wirkt man für seine Mitmenschen doch noch sehr merkwürdig. Und für Verlage und Medienhäuser wird die Frage sein, wo man als eher textorientierte Branche seinen Platz in dieser Welt findet.

Um Augmented Reality ist es wieder etwas still geworden in letzter Zeit – was aber nicht darüber hinweg täuschen sollte, dass bereits viele produktive Anwendungen in Branchen wie Luft- und Raumfahrt-Technik, Automobil- und Anlagenbau, Rüstungsindustrie im Einsatz sind. Und neben dem diesjährigen Hype um Pokemon Go zeigt ein Anwendungsbeispiel wie Land Rover, das in seinem Spitzenmodellen aktuell quasi die Windschutzscheibe zum Head-Up-Display macht, um darin Verkehrinformationen einzublenden, wann die Schwelle zur Durchsetzung einer Technologie erreicht ist: Wenn sie vom Kunden gar nicht mehr als eigenständige Technologie wahrgenommen wird, weil sie einfach selbstverständlich in Konsumgüter eingebaut ist.

 

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Von der Oculus Rift bis zum Schutzscheiben-HUD bei Land Rover: AR/VR steht auf der Schwelle zur allgegenwärtigen Consumer-Technologie (Quelle/Copyright: www.oculus.com / www.landrover.com)

 

Content im IoT: Alexa, Google Now, Siri & Co.

Mit Geräten wie Amazons Alexa-Plattform oder virtuellen Assistenten wie Google Now oder Siri verbindet sich ein weiterer Trend, der noch weitgehend verborgen den Umgang mit Content im Internet of Things beeinflussen wird: nicht nur arbeiten dieses Assistenzen stets im Hintergrund und ohne eigenständige Bedienungsoberfläche – damit verbunden ist auch ein grundlegender Paradigmen-Wechsel in der verwendeten Suchtechnologie. Natürlich wird es auch weiterhin einen Google-Algorithmus geben, der da im Hintergrund arbeitet. Aber bei Geräten und Apps, bei denen sowohl die Sucheingabe als auch die Ausgabe der Ergebnisse per Sprache erfolgt, arbeiten die Entwickler an einer stillen Revolution der Suche:

Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Abschaffung der Trefferliste. Bei der Suche per Sprache stellt der Nutzer eine Frage, und er erhält eine Antwort – und zwar genau eine. Dieses Prinzip wird die Suchmaschinen-Optimierung bei Durchsetzung grundlegend verändern. Denn in dieser Welt kann Sichtbarkeit nur noch über einen Mechanismus hergestellt werden: Wenn der eigene Content eine direkte Antwort auf eine relevante Fragestellung der eigenen Zielgruppe ist.

 

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Mit Geräten wie Alexa und digitalen Assistenten wie Google Now werden neue Paradigmen geschaffen: sowohl Sucheingabe als auch Informationsausgabe erfolgen nur noch über Sprache. (Quelle/Copyright: www.amazon.com/www.samsung.com)

 

Der zweite Teil unserer Trendschau erscheint in der nächsten Woche – bis dahin wünschen wir eine angenehme Lektüre!

 

Digital Publishing Trends 2016, Teil 2

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Der digitale Markt dreht sich jedes Jahr eine weitere Runde. Und Themen, die 2015 noch fest gesetzt waren, sind kaum noch von Bedeutung, dafür haben sich andere Herausforderungen in den Vordergrund gedrängt. Auch im zweiten Teil unserer Trendschau wollen wir Ihnen die aus unserer Sicht zentralen Entwicklungen im mobilen Publizieren für 2016 zusammenfassen und kommentieren:

Sichtbarkeit – die harte Währung der Netzökonomie

Discoverability, was so mühsam über die Lippen kommt, lässt sich nicht mehr wegdenken. Die schönen Grafiken und Statistiken von DOMO oder anderen verdeutlichen den exponenziellen Anstieg von Informationseinheiten. “Data never sleeps” ist die Umschreibung einer globalen Produktion, die zwar jeden zum Autor macht, aber jeden Autor auch schwer auffindbar. Für alle Medienanbieter gilt deshalb, noch stärker vom Marketing her zu denken. Und das heißt auch, dass Gemischtwarenläden keine Konjunktur mehr haben.

Data is exploding faster than our ability to put our arms around it, so you’re going to have to adapt. The right answer on Monday is never going to be the right answer on Tuesday. (Stanley McCrystal)

 

Auch 2016 gilt: Data never sleeps. (Quelle/Copyright: www.domo.com)

 

Metadaten – ohne Daten kein Vertrieb

Der Data Summit letzte Woche in Frankfurt hat gezeigt, dass Metadaten nicht nur ein Anhängsel für Bibliothekare sind. Wenn man sie richtig steuert, kann effektiv mehr verkauft werden. Dass das auch eine Auswirkung auf Prozesse hat und Lektoren wie PR-Spezialisten gleichermaßen gefragt sind, das liegt auf der Hand. Das Treffen hat auch gezeigt, wie wichtig der Austausch der Verlage untereinander ist. Denn keiner hat eine Musterlösung in der Schublade und man kommt nur voran, wenn alle schnell voneinander lernen können.

Insbesondere für die Fachverlags-Perspektive relevant – die Präsentation “Metadata and Discoverability” von Catherine Giffy (Wiley):

 

Inforgs und cognitive computing

Luciano Floridi nennt uns inforgs, Wesen, die aus Informationen bestehen und diese heute anders organisieren als früher. Wir sind nicht nur unser digitales Spiegelbild, aber wir sind auch das. Das hat Auswirkungen auf die Diskussion um die Privatspäre und unser Selbstverständnis als denkende Wesen. Ich denke, also bin ich. Diese Aussage wird durch cognitive computing anders interpretiert. Denn wenn uns Softwareprogramme übertreffen in vielen Analysen, dann heißt das noch nicht, dass Computer die Herrschaft übernehmen.

Aber es heißt, dass wir besser verstehen müssen, wo künstliche und wo menschliche Intelligenz gefragt sind. Eine Reihe von digitalen Diensten wird die Medienbranche verändern. Dies heißt immer, dass Jobs in der bisherigen Form verändert werden oder wegfallen. Und andere entstehen an anderer Stelle. Es macht Sinn, sich damit auseinanderzusetzen. (Über eine Reihe von Diensten hatten wir im Zusammenhang von smart data berichtet.)

 

Blockchain

Im Rahmen von CONTENTshift hatten wir vor der Buchmesse auf das Start-up SatoshiPay hingewiesen. Hier spielt schon das Thema eine große Rolle, das jetzt in aller Munde ist: Blockchain. Es geht womöglich um die nächste Revolution, weil der “middleman” einmal mehr abgelöst werden kann. Jeder, der als Makler oder Notar, als verlässliche Institution fungierte, die Sicherheiten gewährt und bei Streitigkeiten als Anlaufstelle funktioniert, kann theoretisch ersetzt werden.

Das Prinzip ist einfach: Es gibt viel mehr Rechner als bisher und diese sind vernetzt. Wenn jeder ein wenig von seiner Rechenleistung zur Verfügung stellt und es dann ein pfiffiges Verschlüsselungssystem dazu gibt (Erfinder ist Satoshi), dann können Daten besser vor Fälschungen gesichert werden als bisher. Denn eine Bank kann leichter ausgeraubt werden oder bankrott gehen. Das nächste Eldorado öffnet gerade seine Pforten und wartet auf disruptive Geschäftsmodelle.

Zu Blockchain sei insbesondere empfohlen dieser hervorragende TED-Talk zum Thema:

 

Der Appmarkt: Rückblick 2016 und Ausblick 2017

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Der jährliche Rückblick des App-Analytics-Anbieters App Annie auf das Jahr 2016 in den großen App-Stores bestätigt einige Tendenzen und korrigiert andere Annahmen. Der Markt boomt nach wie vor und erhält durch die größeren Vernetzung der Apps untereinander eine neue Qualität. Er bleibt deshalb wichtig für Medienanbieter – ob sie hier Produkte anbieten oder darüber die Vermarktung anderer Inhalte steuern. Wie im Artikel vom letzten Jahr gelten die drei zentralen Fragen: Könnten meine Angebote durch besser gemachte Apps ersetzt werden? Wie kann ich den Appmarkt  zur Vermarktung und Kundengewinnung nutzen? Welche neuen Geschäftsmodelle ergeben sich für mich als Anbieter? Wer nicht mehr bis zu unseren Seminaren zur App-Entwicklung und zu digitalen Geschäftsmodellen im Frühling warten will, für den folgt hier schon einmal ein Vorgeschmack:

Die App-Stores als Wachstumsmarkt

Obwohl vielerorts zu lesen ist, dass der “Goldrausch bei den Mobile-Apps vorbei” ist – noch gibt der globale Markt durchaus an vielen Stellen Wachstum her.

Die Anzahl der durchschnittlich verwendeten Apps pro Nutzer schwankt je nach Land zwischen 30 und 40. Das sind mehr als die von Nielsen errechneten Menge der App-Nutzung – die sich allerdings nur auf die USA bezieht, wo sich die Zahl der Apps knapp unter 30 eingependelt hat. Aber durch die Bewegungen in den sozialen Netzen und neue Spiele wie Pókemon Go ist das verständlich. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Die Zuwächse bei den Apps kommen nicht nur aus China, sondern verteilen sich global auf viele Märkte – wenn auch mit deutlichem Schwerpunkt auf den Wachstumsmärkten in Asien. Dabei profitieren IOS und Android gleichermaßen, mit höheren Wachstumsraten im Google Play Store. Bei den Themen erkennt man die Unterschiede im Reifegrad der Märkte: Je länger der Markt schon besteht, desto spezieller werden die Wünsche, während in neuen Märkten die wichtigsten Apps zur Kommunikation und dem Nutzen von Medien die erste Wahl sind.

 

Trotz der Fülle der Apps ist der Markt alles andere als gesättigt. In Deutschland sind bei gleichbleibend hohem Downloadvolumen auch die Steigerungsraten bei der Nutzungsdauer und den Umsätzen hoch. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Welche Apps profitieren von den Trends?

Spiele sind nach wie vor für den Löwenanteil der Umsätze verantwortlich. Aber in den meisten Segmenten sind Zuwächse für Medienanbieter zu beobachten. Streaming-Dienste haben einen großen Zuwachs und während YouTube bei den Nutzerzahlen vorne liegt, kann Netflix bei den Erlösen punkten. Auch Sportübertragungen spielen eine immer größere Rolle.

 

Bei den Umsätzen machen natürlich die Spiele insgesamt den meisten Umsatz. Interessant sind jedoch die Zuwächse bei den Streamingdienste wie Spotify, Netflix oder Pandora. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Dass das Bewegtbild an Bedeutung gewonnen hat, zeigen die Adaptionen der Apps wie Twitter, Instagram, Snapchat oder Facebook (live), bei denen der Videoanteil immer bedeutender wird. Neben den hier gezeigten Zahlen zeigen auch die Auswertungen des App-Annie-Konkurrenten Flurry, dass Soziale Netzwerke und Messaging-Anbieter insgesamt zu den großen Gewinnern zählen, was die App-Nutzung angeht.

Die Nutzer verbringen mehr Zeit mit ihren Apps. Dabei spielen vor allem die sozialen Netzwerke und die persönlichen Begleiter bei Sport und Finanzen eine Rolle, während vor allem die “Personalization”, Spiele und auch Magazine an Boden verloren haben. Bei den Nachrichten spielt die Verlagerung des Nachrichtenkonsums in die soziale Netzwerke eine Rolle. (Quelle: Flurry Analytics)

Und auch hier ist der Apple-Store immer noch der attraktivere Partner, wenn es darum geht, dass Kunden auch etwas zahlen – hier bestätigt sich die Erkenntnis der letzten Jahre, dass der Android App-Store für die Reichweite notwendig ist, aber man den Apple-Store fürs Geld verdienen braucht.

 

Bücher tauchen nur im Apple-Store auf bei den Erlösen und fallen auch dort zurück. Dieses Bild dürfte beispielhaft sein für die Herausforderung der Branche. (Quelle/Copyright: App Annie)

 

Nutzungsmuster der App-Kunden

Die Auswertungen zur Nutzungsdauer und zu den durchschnittlichen Sitzungen pro Nutzer bestätigen die Studien anderer Anbieter in zwei parallel verlaufenden Trends: Die App-Nutzung intensiviert sich insofern, als die Nutzungsdauer insgesamt kontinuierlich steigt – gleichzeitig verengt sich die Nutzung, weil Kunden diese Zeit in zunehmend weniger Apps verbringen (und dabei oft bei Apps bleiben, die sie ohnehin schon kennen). “Retention” lautet deshalb eines der Schlagwörter der Branche: Wie bekomme ich meine Kunden dazu, auch regelmäßig die App zu nutzen, damit sie nicht mit der Zeit gelöscht wird, weil man sie die letzten Monate nicht genutzt hat. Benjamin Günther hat auf mobibranche.de mit schönen Beispielen die Herausforderungen dargelegt.
Und neben der direkten Monetarisierung durch Einzelverkauf oder In-App-Käufe fällt auch in der App-Annie-Studie auf, dass die indirekte Monetarisierung durch eCommerce-Erlöse boomt:

 

Die Nutzungsdauer ist auch bei den Shop-Apps gestiegen. Dabei fällt auf, dass die “digital-first”-Anbieter höhere Zuwächse verbuchen konnten (blauer Kreis), während die Anbieter mit einem hohen Ladenanteil viel langsamer wuchsen. (Quelle/Copyright: App-Annie)

 

Die Trends liegen für den Appmarkt auch auf der Hand. Folgt man Jan Wolter auf mobilbranche.de, so sind diese für 2017 künstliche Intelligenz (Stichwort Chatbots), augmented reality (Stichwort Pókemon Go), mobile payment (Stichworte Apple Pay, Blockchain), Internet der Dinge (Stichworte Smart home, Connected car) und m-commerce (Stichworte click&collect, conversational search).

 

Die Erlöse: wie monetarisiere ich eine App?

Die Erlösmodelle im Appmarkt sind für Medienanbieter nicht einfach. Deshalb ist eine Gesamtbetrachtung der Geschäftsmodelle und crossmedialer Effekte immer sinnvoll. Dabei gibt es Sondereffekte wie z.B. den, dass nach der Wahl von Trump die NYT, die Washington Post und andere Qualitätsmedien deutlich an Zuwachs gewinnen konnten – sowohl digital und im Print. Trotzdem bleibt der Markt schwierig.

Snapchat zeigt deutlich, dass Umsatz und Rendite nicht gleichzeitig zu den Zielen zählen dürfen. Wer wirklich groß werden will, muss anfangs auf die Reichweite achten und braucht dafür viel Geld und geduldige Investoren. Und die sind in der Regel in den USA zu finden. (Quelle: statista)

Sonst sieht man im Zeitungsmarkt beispielsweise wenige Freemium-Modelle, die sonst üblich sind – und bei Fachinformationen noch weniger. Das führt zu niedrigeren Nutzungsraten. Ist Reichweite jedoch das Ziel, kommt man an Freemium-Angeboten nicht vorbei. Und bei der Monetarisierung durch Werbung muss man sich bewusst sein, dass dies eine Disziplin für Experten geworden ist. Benchmark ist hier sicherlich die Spieleindustrie, die auch nach der Studie von App-Annie den größten Bereich darstellt. Wer sich selber in die Tiefen des Themas einarbeiten will, dem sei z.B. das Advertorial zum Thema Mediation bei der Monetarisierung von Werbeerlösen empfohlen. Spezialisierte Dienstleister können hier wie an der Börse die besten Preise herausholen.

 

Die Kostenseite: was kostet mich ein App-Projekt?

Und das bietet auch eine gute Überleitung zu den Kosten einer App. Das eine sind die Entwicklungskosten. Fritz Ramisch hat die Ergebnisse einer Studie von iBusiness zusammengefasst, die die üblichen Preise für die Appentwicklung in Deutschland aufführt. Dazu kommen aber immer noch Wartung, Weiterentwicklung, Systemintegration etc. Die klassische Regel bei der Softwareentwicklung gilt auch hier: Zwei Drittel der Kosten sollte man für die Maintenance planen.

 

Die Vermarktung von Mobile-Apps

Noch bedeutender sind jedoch die Marketingkosten. Und diese können je nach Zielgruppe nochmals denselben Betrag wie die Entwicklung verschlingen. Um keine “Zombie-App” zu haben, die nur über die direkte Suche im Store mehr schlecht als recht auffindbar ist, muss man so viele Touchpoints zum Kunden bedienen. So rechnen Marketingspezialisten wie Melina Ex z.B. im b2c-Bereich mit einem Verhältnis von 1:2,5 bei organischen und bezahlten Installationen. Das macht bei 0,80 € für incentivierte Installationen und 2,50 € bei organischen Installationen je nach Ziel eben auch immer schon ein Sümmchen aus. Und neben den von anderen Produktformen gewohnten Mechanismen des Online- und Social-Media-Marketing hat sich nicht ohne Grund die “App-Store-Optimization” als eigenständige Marketing-Disziplin entwickelt.

Unser Klassiker „Wie vermarktet man Apps?“ ist auch nach vier Jahren noch in allen Punkten gültig. Als Ergänzung bieten sich die Checkliste von Essential Designs oder Sean Bowens sechs Empfehlungen an, die ebenfalls die Konzeption und Vermarktung zusammen denken:

  1. Performance ist alles, denn die Kunden wollen nicht warten.
    Vergiss dieses Handwerk nicht, auch wenn es lästig ist.
  2. Mach es einfach.
    Die Welt ist kompliziert genug und weniger ist mehr.
  3. Gib dem Kunden ein Erlebnis, egal ob auf dem Tablet, Phablet oder Smartphone.
    Verwirre ihn nicht mit unterschiedlichen Funktionen, nur weil die Geräte andere sind.
  4. Sei kein Vampir.
    Deine App soll sparsam sein bei Strom und Daten.
  5. Gib dem Kunden auch das, was ihm wirklich wichtig ist.
    Denn sonst beschwert er sich und ist weg.
  6. Spiel mit den anderen Apps.
    Und lass den Kunden deren Funktionen nutzen, wenn er will.

 

 

Alles Mobile? Deutschland im weltweiten Vergleich

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Germany – two points. Man fühlt sich an den Eurovision Song Contest erinnert, wenn man den Stand der Nutzung mobiler Geräte in Deutschland im internationalen Vergleich sieht. Dabei sollte man aber auch nicht den üblichen Katzenjammer anstimmen und als schuldbewusste Deutsche nur das Schlechte sehen. Licht und Schatten sind wie überall zu finden. Interessant ist der internationale Vergleich deshalb, weil er Rückschlüsse zulässt auf die Entwicklungen hierzulande. Als Exportweltmeister in einer globalen, vernetzten Welt hat sich die deutsche Wirtschaft wie kaum eine andere flexibel und innovativ gezeigt. Sonst stünde sie nicht dort, wo sie ist. Diese Tatsache erhöht den Druck auf die Anpassung an internationale Entwicklungen. In der Medienindustrie können die Mitarbeiter die dauernden Vergleiche mit Amazon und Google schon nicht mehr hören, so präsent sind sie. Trotzdem gehört es zum Handwerk, darauf zu achten. Die weltweite Tendenz, “mobile first” zu denken, hinterlässt auch hier ihre Spuren. Hier ein Blick auf den “Global Mobile Report” von comScore.

Länder mit einer gut ausgebauten Infrastruktur wie Deutschland oder die USA sind im internationalen Vergleich bei der Nutzung mobiler Endgeräte nicht an vorderster Stelle. Es fällt auf, dass der Zugang zum Internet über mobile Geräte dort überproportional hoch ist, wo andere Strukturen an ihre Grenzen gekommen sind. Die Organisation des Alltags erfolgt in diesen Ländern immer stärker über digitale Medien. So sind in Indien 70% der digitalen Nutzer Mobile-Only-User und in Brasilien ist der Anteil der Mobile-Only-Nutzer innerhalb des letzten Jahres von 22% auf 29% gestiegen. Weltweit sind mehr als 25% der user “Mobile-Only-Nutzer”, mit steigender Tendenz

Weitere zentrale Erkenntnisse aus dem Bericht sind:

  • Lateinamerika ist weltweit führend in der Menge der durchschnittlichen mobilen Minuten pro Nutzer.
  • Apps dominieren die mobile Nutzung und machen über 80% der mobilen Nutzungszeit aus. Damit scheint aber auch das Plateau erreicht, denn nur Spanien verzeichnet hier noch Steigerungen.
  • Instant Messaging und Social Media machen in den betrachteten Ländern mehr als ein Viertel aller mobilen Minuten aus. Die Marktführer ändern sich von Land zu Land und heißen wie bekannt Facebook Messenger, WhatsApp und WeChat.
  • Nur in Indien sind mehr Männer als Frauen “Mobile-Only”-Nutzer.
  • Die Deutschen sind verspielter als angenommen: Zumindest im Vergleich zu Instant Messenger werden mehr Minuten pro Nutzer generiert. Insgesamt dominieren wie gewohnt bei den Apps die Spiele, weltweit.
  • Die mobile Nutzung der Kategorien Banking und Handel entspricht fast der Desktop-Nutzung, wobei in Deutschland der Desktop noch Trumpf ist. In der Kategorie Handel ist Deutschland im Vergleich Schlusslicht bei der mobilen Nutzung (36% mobile im Vergleich zur Desktop-Nutzung).

Mittlerweile lässt sich auch nicht mehr von einem Generationenunterschied sprechen. Zumindest bis zur Kategorie 45+ ist der Unterschied zu den sogenannten “digital natives” zu vernachlässigen.

 

 

Wichtig ist, dass “mobile first nicht gleich mobile first ist. Es gibt je nach Thema und Land doch noch erhebliche Unterschiede.

Vor allem in Deutschland liegen die Themenbereiche Nachrichten, Reise, Bekleidung, Banking, Immobilien oder “Portale” meistens noch in der Reichweite des Desktops. “My home is my castle” und von dort aus bewegen sich viele in die Welt hinaus, bequem vom Laptop aus.

Wie schon in vorangegangenen Untersuchungen zum Appmarkt bestätigt sich die Tendenz, dass nur wenige Apps mit einer hohen Reichweite dominieren. Dazu kommt, dass über die Hälfte der Nutzer keine neuen Apps herunterlädt. Naturgemäß sind auch hier die Jüngeren (bis 34) neugieriger. Die Hürde für die Etablierung neuer Apps ist entsprechend hoch.

Bedenkt man die Fülle an Apps in den Stores (wir rechnen mit über 2 Millionen bei Apple und Google), so verblüfft die niedrige Anzahl wirklich relevanter Apps immer wieder. Die Top 30 Apps generieren in allen Ländern mehr als 40% der mobilen Nutzungszeit und davon entfällt wiederum 95% auf die Top 10 Apps.

Der globale Markt wird auch in Deutschland das Thema “mobile first” forcieren. Die hier gezeigten Statistiken sind kein Beleg für Rückschrittlichkeit in Deutschland, auch wenn es beim Zugang zum Netz, in der Bildung und vielen anderen Bereichen viel zu tun gibt. Nur als kleiner Abschluss sei auch ein anderes Bild erlaubt, z.B. dass Bosch bei der Anmeldung digitaler Patente zum autonomen Fahren weltweit führend ist. Das Bild vom deutschen Dornröschen ist nicht ganz stimmig.

Eine der wenigen Statistiken, in denen deutsche Unternehmen sehr weit vorne stehen. Patente sind noch nicht die Garantie für wettbewerbsfähige Produkte, aber eine Voraussetzung. Man könnte zwar vermuten, Tesla und Google seien hier schon weiter, aber man kann der deutschen Wirtschaft nicht vorwerfen, untätig zu sein.

 

Was muss ein minimal viable product (MVP) umfassen?

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Jason Cohen will seinen Kunden keine MVPs (minimal viable products) mehr anbieten. Das Prinzip “fake it till you make it” führt nicht nur zu Irritationen, sondern auch zu verärgerten Kunden, verbrannter Erde, sozusagen. In Zukunft sollen nur noch SLCs (simple, lovable, complete) auf den Markt kommen, das sind Produkte, die der Kunde liebt, weil sie einfach sind und in ihrer Einfachheit vollständig. Klingt gut, klingt einfach – und ist wie immer nur die halbe Wahrheit:

Cohen nennt selbst die einleuchtenden Gründe für ein MVP: Kleine Produkte kann man einfach und günstig testen, man ist schneller und lernt durch den realen Gebrauch der Kunden und man erkennt das Potenzial. Der Hauptgrund liegt jedoch in der Verknüpfung von Technologie und Globalisierung: Durch digitale Technologien ist die Welt noch enger zusammengerückt und Entwicklungen im Silicon Valley verändern Gewohnheiten in Rosenheim und Tokyo und Alibaba ist den meisten nicht mehr als arabischer Märchenheld bekannt, sondern als Zeichen für chinesische Ökosysteme. Schnelligkeit und Investitionskraft sind in diesem Markt bedeutender geworden. Und sie betreffen auch kleinere Produkte und Angebote, denn alleine die Schnittstellen zu neu aufkommenden sozialen Netzwerken oder Rezeptionsgewohnheiten auf Tablets und mal größeren oder kleineren Smartphones verändern das Angebot und den Aufwand. Man kann also gar nicht mehr monatelang entwickeln, sondern muss zügig auf den Markt und dort mit dem Kunden das Produkt entwickeln.

Das minimal viable product erinnert an die Bananenstrategie (“das Produkt reift beim Kunden”) unzuverlässiger Anbieter. Und doch führt kein Weg vorbei an der Tatsache, dass jedes neue Produkt ohne Veränderung kaum Überlebenschancen hat.

Das MVP ist die Antwort auf drei Probleme:

  1. Geschwindigkeit: Der globale Markt bringt laufend Neuerungen hervor und die großen Ökosysteme kaufen ebenso schnell Neuerungen auf oder entwickeln sie selber. Die Taktgeber für die Marktentwicklung sitzen leider im Silicon Valley oder Shenzhen und kaum jemand kann sich dem entziehen.
  2. Komplexe Technologie: Die vielfach unfassbaren Potenziale der Digitalisierung und die vielfältige Abhängigkeit der Technologien untereinander sowie der Schnittstellen zum Kunden machen Produkte am Reißbrett schwer planbar. Viele Szenarien lernt man erst durch den Gebrauch kennen und kann dann reagieren. Außer es gibt irgendwann einmal einen KI-gesteuerten Portfolioentwickler.
  3. Kundennähe: Die Kunden haben mehr Anbieter zur Auswahl, können leichter vergleichen und beziehen und ihren Unmut vielen kundtun. Zudem buhlen hungrige Start-ups auch um Zeit und Geld bei denselben Kunden. Es gibt also genug Gründe, die Kundennähe ernst zu nehmen und den Kunden immer wieder zu befragen, was er wirklich braucht und haben will.

Co-creation ist deshalb auch kein Werkzeug für eine F&E-Einheit, sondern eigentlich eine Haltung für die gesamte Portfolioentwicklung. Das MVP ist der erste Schritt.
Aber wie soll dieser beschaffen sein?
Es sollte, und deshalb lohnt sich der Blick auf Cohens SLC, den Kunden nicht vor den Kopf stoßen, sondern ihn begeistern, einfach sein und vollständig. Das Problem an dieser Formulierung ist, dass sie schon ein fertiges Produkt fordert. Denn Begeisterung und Vollständigkeit widerspricht allen Erfahrungen der Co-creation. Denn je besser ich meinen Kunden auch in die Entwicklung mit einbeziehe, desto enger binde ich auch meine Kunden an mich.
Deshalb sollte man eher darauf achten, wie den ein MVP sinnvoll gestaltet sein sollte, als gleich ein neues Kürzel auf den Markt zu werfen. Denn “viable” lässt sich vielseitig interpretieren, von “machbar” über “lebensfähig” bis hin zu “wachstumsfähig”.

Es sind deshalb zwei Dinge, die hier zu berücksichtigen sind.

  1. Ich brauche eine Antwort auf die folgende Frage: Was bringt meinen Kunden dazu, mir bei der Entwicklung von neuen Angeboten zu helfen? Worin liegt sein Interesse begründet?
    Wenn ich das weiß, kann ich ihn sinnvoll auch mit noch nicht “vollständigen” Produkten konfrontieren. Mit der Hilfe der limbic map kann ein geschulter Blick z.B. schnell erkennen, was für seine Kunden eine Belohnung darstellt. Diese kann nämlich von der exklusiven Teilhabe an einem besonderen Event über die vertrauensvolle, familiäre Atmoshpäre bis zur kreativen Anregung reichen. Sie muss kein “vollständiges” Produkt sein.
  2. Ich muss wissen, mit welchen Merkmalen ich mein Angebot in drei Jahren ausstatten will, um davon auch abzuleiten, was ich im ersten Schritt zu tun habe. Es klingt paradox, aber nur wenn ich die Summe der Möglichkeiten jetzt schon formuliere, dann kann ich auch meinen Kunden mögliche erste Schritte vorstellen und diese dann weiterentwickeln. Das ist deshalb von Bedeutung, da ich technologisch gesehen Weichenstellungen jetzt im Blick haben muss, um nicht früh schon auf das falsche Gleis zu gelangen. Denn ob beispielsweise mein Kunde Veterinärmediziner von mir per App oder Webseite oder Newsletter informiert werden will, das kann ich zwar austesten, aber noch besser wäre es, einen Fahrplan mit Erweiterungen zu haben, der mir sagt, mit was ich beginnen soll. Und bei Fragen wie “soll ich meinem Kunden künftig neben Informationen auch andere Produkte anbieten” wird deutlich, dass sich hier Investitionen in ein neues Portfolio, Logistik und Lagerhaltung bis zu Know-how verbergen, die schnell hochschnellen können.

In dem Zusammenhang sei der Beitrag von Andrew Askins von Crew empfohlen, in dem er fünf Schritte bei der Entwicklung des mvp einer App vorschlägt. Er entsteht aus der Not, dass man nie genug Geld und Zeit hat, um alle Produktmerkmale zum Start umzusetzen.

  1. Alle Funktionen und Produktmerkmale auflisten, die man für sein Produkt wollen könnte: Hier darf man “ich wünsche mir” spielen – und vor allem sollte man hier alle möglichen Wünsche der Kunden auflisten. Mark Zuckerberg macht es auch nicht anders, wenn er seine Strategie formuliert für die nächsten zehn Jahre.
  2. Alle Funktionen und Produktmerkmale in eine Planungsliste 2 überführen, die man nicht sofort braucht.
    (Wir gehen immer den umgekehrten Weg, indem wir die Prioritäten der Kunden zuerst in den Blick nehmen. Der Effekt ist derselbe.)
  3. Alle Funktionen und Produktmerkmale auf der Startliste markieren, die auch händisch gelöst werden können.
  4. (Schritt 2 und 3 wiederholen)
  5. Jede Bildschirmseite skribbeln und sicherstellen, dass nichts vergessen wurde.

(Siehe hierzu auch unsere Beiträge zur Appentwicklung oder dem Appmarkt.)

 

TikTok (2) — die Entwicklung der customer value proposition

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Die Entwicklung und Bedeutung des Slogans von Douyin und TikTok

Im letzten Beitrag wurde die Entwicklung des Geschäftsmodells von Douyin anhand des Wachstums der Benutzerzahl in drei Phasen untergliedert. Mit dem Wachstum der MAU (Monthly Active User) und der DAU (Daily Active User) geht die Entwicklung des Slogans von Douyin einher. Der Slogan von Douyin wurde mehrmals geändert. Ein Slogan spiegelt das Image eines Unternehmens beim ersten Kontakt mit dem Kunden wider. Tatje (2014) stellt auf, dass „ein guter Slogan ein emotionaler Kurzappell an den Rezipienten [ist]: Komm zu uns, wir sprechen Deine Sprache, wir wissen, was du brauchst.“ 

Tabelle 1: Die Slogans von Douyin in ihrer zeitlichen Abfolge

Wie in der Tabelle 1 ersichtlich, passt die Entwicklung des Slogans von Douyin zu den drei Entwicklungsphasen. Bis zur Version 1.5.2 gaben die Slogans das Kernmerkmal von Douyin wieder: „Eine Community für das Musik-Kurzvideo“. Ab dieser Version bis zu der Version 1.7.9 betonten die Slogans die Reichweite und bezogen sich auf bekannte Marken: 2017 hat Douyin berühmte TV-Varietéshows in China wie ‚Hip-Hop in China‘ und ‚Happy Camp‘ gesponsert. Später hat Douyin vor dem chinesischen Neujahr 2018 ein Live-Quizspiel ‚Millionär Held‘ für die Nutzer lanciert. Letztere können das Quiz direkt auf Douyin beantworten und ein stolzes Preisgeld gewinnen. Die Slogans bezogen sich direkt auf die Werbekampagnen, um die Aufmerksamkeit der Zielgruppe auf sich zu ziehen. In der Version 1.7.9 hat Douyin einen neuen Slogan „Zeichne das schöne Leben auf“ getestet, der bis heute beibehalten wird. Nicht nur Clips mit unterschiedlicher Musik oder populärem Content werden auf Douyin gezeigt. Nutzer können dem Slogan gemäß Momente „schönen Lebens“ auf Douyin entdecken und das eigene ‚schöne Leben‘ mit anderen teilen.

Der Slogan „Zeichne das schöne Leben auf“ wurde unter anderem im März 2018 auf einer Pressekonferenz vorgestellt. Dieser Slogan bezieht sich auf die damals führende Kurzvideo-App auf dem chinesischen Markt—Kuaishou (快手).  Der ehemalige Slogan von Kuaishou im Jahr 2018 lautete „Zeichne das Leben, und dich selbst auf (记录生活记录你)“. Douyin hat einfach vermutet, dass Kuaishou die Kundenbedürfnisse erfasst hat und war sich sicher, das bessere Angebot zu bieten. Bis Ende April 2018 überholte Douyin hinsichtlich der Zahl der DAU und MAU Kuaishou (快手).

Tabelle 2: Die Slogans von TikTok in Deutschland

Von Juni 2018 bis heute entwickelt sich auch der Slogan von TikTok in Deutschland (Tabelle 2). Dabei ist man wohl immer der Auffassung gewesen, dass man mit einer englischen Version die Zielgruppen besser ansprechen kann. Die Beschreibung im App-Store erläutert den Slogan treffend:

 „We make it easy for you to discover and make your own awesome videos by capturing funny and memorable moments to share with the world. Take your videos to the next level with special effects, filters, fun stickers, music, and more. Life’s moving fast, so make every second count and show the world what you got! “ (App-Beschreibung von TikTok, 22.07.2020 —Version 9.5.0)
TikTok vereinfacht die kreative Erstellung von Kurzvideos und fördert UGC (User Generated Content) mit vielfältigen Tools: Jede Sekunde im Leben kann so zu einem erinnerungsreichen Erlebnis gestaltet werden, das der Welt die eigene Leistung zeigt.

„It’s not YT, it’s not IG, it’s not photoshopped.“ (App-Beschreibung von TikTok, 22.07.2020—Version 9.4.0) „It’s raw, real, and without boundaries—whether you’re brushing your teeth at 7:45 a.m. or you’re making breakfast at 7:45 p.m. It’s from the gut, ‚come as you are‘ storytelling told in 15 seconds.“ (App-Beschreibung von TikTok, 22.07.2020 — Version 9.5.0)
TikTok stellt eine Bühne für die Nutzer bereit, auf der sie sich selbst ungeschminkt zeigen können. Die Videos und die Plattform werden demnach als “real” und “authentisch” bezeichnet, obwohl sie natürlich mediale Artefakte sind.

„On TikTok, short-form videos are exciting, spontaneous, and genuine. […], there’s something for everyone on TikTok.[…]From your morning coffee to your afternoon errands, TikTok has the videos that are guaranteed to make your day.“ (App-Beschreibung von TikTok, 22.07.2020 —Version 12.4.0)
Die Vielfalt der Clips lädt zum Stöbern und Amüsieren ein. Mitunter empfindet der Nutzer ein stückweit Glück und Ablenkung vom Alltag.

Die drei Slogans verdeutlichen auch die Features, die Produktmerkmale und das Nutzenversprechen von TikTok. Die Unterschiede zu YouTube und Instagram werden dabei unterstrichen. TikTok bemüht sich, „sich vollständig davon [zu verabschieden], Überschneidungen mit dem sozialen Umfeld seiner Nutzer im realen Leben zu forcieren“. TikTok ermöglicht das Auffinden einer neuen peer-group, unabhängig von der sozialen Herkunft. Der ehemalige globale Marketingchef, Stefan Heinrich (2019),  formulierte das wie folgt

„Deshalb spielt es bei TikTok eigentlich auch keine Rolle, wie viele Follower jemand hat, denn die Inhalte werden primär nach Interessen ausgespielt. Der User sieht, was ihn bewegt beziehungsweise was gerade im Trend ist, und das ist nicht zwangsläufig der Content desjenigen, dem er folgt. Die Plattform unterliegt also einer ganz anderen Logik als beispielsweise Instagram.“ 

TikTok ist kein Duplikat der analogen Welt. Es bietet vielmehr um die Vorlieben der Nutzer herum einen ganz eigenen Kosmos, der geprägt ist von deren Fantasien und Kreativität.

Im Vergleich zum letzten Slogan von Douyin ‚Zeichne das schöne Leben auf‘ enthält ‚Make your day‘ keinen besonderen Aufruf zum Kreieren eines Kurzvideos. TikTok positioniert sich auf dem deutschen Markt nicht als ein Tool für Videobearbeitung, sondern als eine Plattform und Community des Contents, in die ein Nutzer mit geringeren Hindernissen eintreten kann. 

Welche Bedürfnisse der Zielgruppen spricht TikTok eigentlich an?

Um für Kunden und Anwender einen Nutzen stiften zu können, muss TikTok sie verstehen und ihre Bedürfnisse befriedigen. Die meisten Nutzer auf TikTok in Deutschland gehören zur sogenannten Generation Z. Schmidt (2020) stellt fest, dass „fast Dreiviertel aller deutschen User zwischen 13 und 24 Jahre alt [sind].“ Stefan Heinrich (2019) sieht das ähnlich: „Unsere Zielgruppe ist und bleibt die Gen Z, deren älteste Mitglieder inzwischen fast 25 sind“.

Das Hobby spielt laut Heinrich (2019) eine entscheidende Rolle bei der Generation Z: „Die Gen Z ist sehr stark in Sub-Communities untergliedert, die ganz bestimmte Nischen-Interessen haben. Dabei geht es nicht um Musik oder Sport im Allgemeinen, sondern beispielsweise um spezielle Epic Games, Cosplay und ähnliche Themen.“ 

Im Vergleich neigt diese Generation dazu, all die unterschiedlichen, sogar widersprüchlichen, Facetten des Selbst im Internet der Welt zu zeigen. Elizabeth Weil (2019) charakterisiert die typischen TikTok-Nutzer wie folgt: „We are, all of us, deeply, inalienably contradictory and chaotic. In the practical world, we pretend it’s not true. […] Teenagers who, as such, spend their days feeling like 10 different people at once and believe they can, and should, express them all. We all contain multitudes. The kids seem to know that’s all right.“ Statt eines Ventils für die im wirklichen Leben unterdrückten Gefühle suchen die Angehörigen dieser Generation nach einem Portal, auf dem sie ihre Talente zeigen, die widersprüchlichen und chaotischen Facetten des Selbst anerkennen und weitgehend künstlerisch darstellen können.

Das Kundensegment und Zielgruppe von TikTok in Deutschland sind ähnlich denen von Douyin in der ersten Entwicklungsphase. In der ersten Phase gehörten hauptsächlich die Jugendlichen zu den Kunden der chinesischen Plattform. Einer Statistik nach waren 68 % der Nutzer im Zeitraum von März 2017 bis Mai 2017 unter 25 Jahren. Auf Douyin war in diesem Zeitraum nur ein geringer Teil von Nutzern über 35 Jahre alt.

Hauptsächlich verwenden die chinesischen Jugendlichen, die sog. ‚Nach-95er-Generation‘, das Internet zur Unterhaltung. Chatten, Gaming, Videos und Musik sind für sie die häufigsten Beschäftigungen. Viele der Jugendlichen dieser Generation machen das, was Jugendlich eben so machen: Sie suchen nach unterhaltsamem Content, diskutieren über Hobbys und versuchen neue Kontakte zu knüpfen. Der jeweilige Freundeskreis übt einen maßgeblichen Einfluss darauf aus, welche Apps die Jugendlichen herunterladen und verwenden. Es liegt auf der Hand, dass eine App gesucht wird, die all das ermöglicht und von vielen genutzt wird. Die schnelle und intensive Interaktion über verwandte Themen in einer großen Community sind die einfachen, aber basalen Merkmale. 

Für die Nach-95er-Generation in China sind daher Content und die soziale Kommunikation nicht voneinander zu trennen. Auf Douyin können die jungen Menschen eine Reihe von Clips mit unterschiedlichen Themen finden. Musik und Hashtags spielen dabei eine entscheidende Rolle, sodass die jungen Nutzer dadurch Gleichgesinnte entdecken können. Viele Features erleichtern die Kommunikation über andere sozialen Netzwerken und sind von großer Bedeutung.
Zudem besteht ein großes Interesse daran, sich zu zeigen und für Neuerungen ist man immer zu haben. Hier gilt also nicht, dass man Neuerungen langsam und bedächtig wie bei Updates von Microsoft mit den Kunden abstimmen muss. Der Vollbildmodus bei Videos, unterschiedliche Tools zur Videoaufnahme und -bearbeitung, insbesondere die bunten Filter, Effekte und Sticker machen Douyin zu einer attraktiven Plattform für Jugendliche. Als junge und gebildete Menschen bevorzugen sie Content mit einem Schuß Kreativität und ‚Coolness‘: „Da die Musikdatenbank [auf Douyin] hauptsächlich aus elektronischer Musik und Tanzmusik besteht, überwiegen starke und eingängige Beats. Das gibt den Usern von Douyin das Gefühl, ‚cool‘ und Trendsetter zu sein. (2018: 4; eigene Übersetzung).

Es ist wahrscheinlich, dass TikTok in Deutschland die Strategie von Douyin übernimmt: TikTok beginnt zuerst mit der Akquise der jungen Nutzer, die sich nach den Erfahrungen in China höchstwahrscheinlich für das neuartige Produkt interessieren. Unterhaltsamer Content und gemeinsame Hobbys führen zu neuen „Freundschaften“ und fördern den Aufbau einer Community mit Fremden im gleichen Alter. Durch den Aufkauf von Musical.ly werden viele jugendliche Nutzer direkt auf TikTok geleitet. Zusätzlich wurde seit 2019 das Portal intensiv in sozialen Medien, wie z.B. Facebook, Instagram oder auch Snapchat beworben.

Welche Funktionalitäten machen eigentlich den Unterschied aus von TikTok?

TikTok macht das Ansehen von Videos durch den Vollbildmodus und die hochauflösende Bildqualität einzigartig. Im Gegensatz zu anderen sozialen Medien wie Instagram und YouTube braucht der Nutzer zum Abspielen weder im Video-Feed zu scrollen, noch das gewünschte Video in der Suche einzugeben. Ein Kurzvideo spielt sich auf TikTok automatisch ab, sobald der Nutzer die App geöffnet hat (Abb.1). Icons auf dem Videobildschirm (der Avatar des Creators, ein Herz für Likes, eine Sprechblase für Kommentare, ein Pfeil für das Teilen und ein drehender Kreis mit einem Titelbild der Hintergrundmusik) befinden sich rechts unten auf dem Bildschirm in der Sidebar. Die Caption (Bildunterschrift), Hashtags und der Name der Hintergrundmusik stehen unten auf dem Bildschirm in einer relativ kleinen Schriftgröße. Das Layout ist dafür verantwortlich, dass das abspielende Kurzvideo fast den ganzen Bildschirm ausfüllt und dadurch die Aufmerksamkeit des Nutzers auf sich zieht. 

Abb.1 TikTok Homepage (Screenshot, 20.02.2021, München, iOS 14)

Mit der Funktion ‚Auto-Play‘ endet das abzuspielende Video nicht automatisch, sondern wiederholt sich in einer Schleife, solange der Nutzer nicht reagiert. Dies wiederum fordert und fördert die Aufmerksamkeit des Nutzers.

Auf dem Bildschirm gibt es keine Icons für ‚Wiedergabe/Pause‘, ‚Vorwärtsspringen‘ oder ‚Zurückspringen‘. Die Steuerung ist auf TikTok unkompliziert und intuitiv. Gewöhnlich ist nur eine Bewegung – das Streichen mit dem Finger – erforderlich, damit der Nutzer sich ununterbrochen neue Kurzvideos anschauen kann. Allgemeine Funktionalitäten auf sozialen Medien wie das Setzen von ‚Likes‘, das Schreiben von Kommentaren und das Teilen von Videos lassen sich auf der gleichen Seite vornehmen, ohne das abspielende Video unterbrechen zu müssen. Um anderen zu folgen, kann der Nutzer das rote Pluszeichen unter dem Avatar des Creators anklicken. Alle Designs bei der Videobetrachtung bilden eine geschlossene Schleife und zielen darauf ab, dass der Nutzer vollständig in die Welt des Kurvideos eintaucht. Seine Aufmerksamkeit bleibt damit über eine längere Zeit bei TikTok. 

Die verschiedenen Tools zur Videoaufnahme und -bearbeitung fördern die Partizipation der Nutzer und bieten anregende Ideen für die Gestaltung der eigenen Clips. Durch wenige Klicks lassen sich solche Tools im Clip einsetzen. Durch das Angebot der Filter, Sticker und Effekte sowie durch deren Präsenz in anderen Clips werden die Nutzer dazu motiviert, eigene Videos zu kreieren.

Innovative Features wie Gesichtserkennung und Image-Tracking werden mit den Tools der Videoaufnahme und -bearbeitung verknüpft (Abb.2). Z. B. können 3D- und Hintergrund-Sticker ein paar virtuelle rosa Hasenohren auf den Kopf des Nutzers setzen und alle Bewegungen mitmachen. Dabei können die Nutzer auch den Hintergrund beliebig einstellen, sodass die Handlung des Clips in einem Kaiserpalast oder im Weltraum stattfinden kann. 

Abb.2 Ein TikTok Effekt (Screenshot, 20.02.2021, München, iOS 14)

Wie bereits erwähnt spielt auf TikTok die Musik eine entscheidende Rolle. Jeder Clip auf der Plattform wird mit einem Soundtrack gepaart. Vor der Aufnahme kann der Nutzer auf einen Link am oberen Bildschirmrand klicken, um einen Soundtrack für die Hintergrundmusik zu wählen, z. B. kann er einen Musikschnipsel in der Musikdatenbank auswählen und lippensynchron mitsingen oder eine Choreografie vorführen. Mit der entsprechenden Musik kann auch ein eigens kreierter Sketch untermalt werden.

Ein spezielles Merkmal von TikTok ist das sog. ‚Riff-On‘ (Abb. 3). Dabei kann der Nutzer auf den sich drehenden Kreis in der rechten unteren Ecke des Bildschirms klicken, sodass ausführliche Informationen zum Soundtrack und allen Clips, die diesen als Hintergrundmusik verwenden, gezeigt werden. Durch das Klicken auf ‚Sound benutzen‘ kann mit demselben Soundtrack ein eigener Clip kreiert oder nachgemacht werden. Der Soundtrack kann entweder ein Musikschnipsel in der Musikdatenbank oder ein Originalton eines Creators sein.

Abb.3 Musik „Riff On“ (Screenshot, 20.02.2021, München, iOS 14)

Ähnlich wie die vielfältigen Filter, Sticker und Effekte fördert auch die Hintergrundmusik die Erstellung von UGC. Außerdem kann der Nutzer durch Features wie ‚Riff-On‘ andere Nutzer auf TikTok entdecken, die die gleiche Musik mögen. Kommunikation zwischen Nutzern wird so gefördert, was zur Entwicklung der Community beiträgt.

Ein soziales Medium kann heutzutage ohne Hashtags schwerlich funktionieren. Auf TikTok sind Hashtags von hoher Bedeutung (siehe Abb.1). Diese erscheinen zusammen mit dem Titel des Clips. Sie sind anklickbar, sodass alle Clips mit demselben Hashtag auf einer Seite aufgezeigt werden. Ähnlich wie auf Instagram kategorisieren Hashtags auf TikTok den Content. 

Eine exklusive Anwendungsform des Hashtags auf TikTok ist die sog. Hashtag-Challenge (Abb.4). Nutzer, in den meisten Fällen berühmte Persönlichkeiten oder Influencer, können eine unterhaltsame und kreative Idee verfilmen und auf TikTok posten. Wie die ‚Ice Bucket Challenge‘ im Jahr 2014 auf Facebook werden solche Ideen auch auf TikTok als ‚Challenge‘ bezeichnet. Ein Clip wird mit einem Hashtag versehen, der zugleich auch  der jeweiligen Challenge den Namen gibt. Genauso wie mit Musik können andere Nutzer mit einem Hashtag ein ‚Riff-On‘ kreieren. Eine Challenge kann von den Anderen nachgemacht und mit Kreativität weiter interpretiert werden. Ein Hashtag verbreitet sich daher in hoher Geschwindigkeit auf TikTok.

Abb.4 Hashtag-Challenge (Screenshot, 20.02.2021, München, iOS 14)

Mithilfe einer attraktiven Hashtag-Challenge bekommen die Creators einen Zuwachs an Followern und vergrößern derart ihre Reichweite. Wenn sich mehr Creators, Influencer und auch Prominente an einer Challenge beteiligen, ergibt sich für diese die Möglichkeit der Viralität. Das temporeiche Wachstum von TikTok ist größtenteils auf die neuen und exklusiven Challenges zurückzuführen.
Der Clou ist also die geschickte Kombination von Hashtag und Video, um Botschaften zu verbreiten. TikTok hat erkannt, dass darin die neue Wertschöpfung liegt. Text, Musik und Bewegtbild gehen eine neue Mischform ein.

Die ‚Hashtag-Challenge‘ gilt auch als ein wichtiges Werbemittel für Unternehmen. Auf der Plattform kann eine Marke den Anstoß zu einer Hashtag-Challenge geben, indem sie ein Hashtag kreiert und sponsert. Die sog. ‚Branded Hashtag-Challege‘ ist daher nutzbringend für eine Marke, da die von Nutzern nachgemachten Clips sich wieder im ‚Für dich‘- oder ‚Folge ich‘-Feed verbreiten können. Die Unternehmen erhalten nicht nur Reichweite, VV (Video Views) oder das Engagement von anderen Nutzern, sondern sie tragen eigene Nutzenversprechen und Wertangebote systematisch und kontinuierlich in die TikTok-Community hinein. 

TikTok (3) — eine Blaupause für erfolgreiche Apps?

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Welche Erfolgsfaktoren lassen sich am Beispiel von TikTok erkennen? 

„Alles ruft – ja schreit – nach unserer Aufmerksamkeit.“ (Kreutzer, 2020: 4)  Die Digitalisierung hat zur Folge, dass wir die vielfältigen und zahlreichen Informationen in einer hohen Geschwindigkeit verarbeiten müssen. Die Aufmerksamkeit ist das Nadelöhr.
Im Vergleich zu anderen Medien wie Bild und Text zieht das Video mit den bewegten Bildern die Aufmerksamkeit der Menschen schneller auf sich. Im Zusammenhang mit einer Analyse von LinkedIn spricht Kreutzer (ebd.: 4) davon, dass „auch im beruflichen Umfeld Video vor Foto und Foto vor Text eine höhere ‚Vergütung‘ in den Social-Media-Währungen Likes, Applaus, Weiterleitung etc. erhält.“
Das Kurzvideo weist bei einer Länge von meist 15 Sekunden mehrere Vorteile auf. In nur 15 Sekunden können Nutzer Unterhaltung sowie Wissen aus einem Kurzvideo beziehen – und dies direkt von ihrem Smartphone aus. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis scheint dabei optimal zu sein (vgl. ebd.: 5).

Douyin/TikTok ist nicht die erste App für Kurzvideos. Auf dem chinesischen Markt war lange Kuaishou (快手)  seit November 2014 die führende Plattform für Kurzvideos und global gesehen gibt es ja eine Reihe von Konkurrenten. Warum ist TikTok für viele junge Menschen attraktiv und mehr als nur ein Werkzeug zur Videobearbeitung? Der Produktmanager von Douyin, Xiaowei Wang, fordert 2017: „[…] Es sollte ein auf die chinesische Jugend ausgerichtetes Produkt für die Community des Musik-Kurzvideos geben. Junge Leute spielen gerne. Sie können sich damit leicht ausdrücken und sich zeigen. Das Produkt muss interessant sein“ (eigene Übersetzung). Die Rolle der Musik wird hierbei betont, da Musik laut Wang (vgl. ebd.) die Selbstdarstellung und die Verbindungen zwischen den Menschen fördern kann. Mit Popmusik ist das Kurzvideo nicht nur ein Werkzeug zur Videobearbeitung, sondern trägt als ein Meme zur Verbreitung einer Kultur bei.

Mackenzie und Nicols (2020) verweisen auf die subversive Kraft von TikTok. „Rather, we are concerned with examples of the ‚D.I.Y.‘ character and rebellious spirit of TikTok’s content.“ (ebd.: 289) In der Musikdatenbank von TikTok können verschiedene Clips alter Lieder oder Filme aufgefunden werden. Damit bietet TikTok den Nutzern die Möglichkeit, mit Kreativität die „conventional ideas, myths and values“ (ebd.) erneut, meistens lustig, zu interpretieren. Zuschauer der Kurzvideos sind in den meisten Fällen auch mit dem Kontext und dem Liedtext der Musik vertraut. Die Kreativität und das Talent der Creators rücken deswegen in den Mittelpunkt und es wird ein Spielraum für simple und oft bizarre Interpretationen geschaffen. Kreativität zeigt sich hier im Bezug zu Vorlagen und die Einbettung in die eigene Lebenswirklichkeit.

Außerdem ermöglicht TikTok mit der Lipsync-Funktion auch musikalischen Amateuren einen professionellen Anstrich (vgl. ebd.: 292 ff., siehe Clip 1 & 2) . „Everyone is joining in on an activity, and producing their own interpretation, in some instances merely the creation of their own version distinguishable from others primarily because they are doing it.“ (ebd: 292) TikTok ist eine Plattform für Experimente, die Räume schafft für „anyone wishing to inhabit a counterculture“ (ebd.: 297).

@perri.kiely

This ones too jokes! 🤣 @majesticonline came through with the remix 😎🔥 DC: me #rasputin #fyp

♬ Rasputin – Majestic & Boney M.
Clip 1: Tanz mit dem beliebten Musik „Rasputin“ auf TikTok von @perri.kiely
[Abgerufen: 09.03.2021]
@marianne_rb

Rasputin version 2 dc: @perri.kiely #fyp

♬ Rasputin – Majestic & Boney M.
Clip 2: Tanz mit dem beliebten Musik „Rasputin“ auf TikTok von @marianne_rb
[Abgerufen: 09.03.2021]

Mit TikTok kann man endlich Luftgitarre spielen, Balletstar werden oder Sängerin, Kinoheld oder Talkmaster. TikTok liefert die perfekte Umgebung für ein Karaoke mit digitaler Reichweite.

Die Dauer der Videos auf TikTok liegt meistens bei 15 Sekunden. Eine eher traditionelle, narrative Struktur von Videos mit drei Teilen (Einführung, Höhepunkt, Auflösung), steht hier wie bei der Cannes-Rolle und besonderen Werbevideos eher die Pointe im Mittelpunkt. „TikTok videos are thrilling with a beginning and surprise end; a rise and a fall.“ (Bresnick, 2019: 7) TikTok ist dadurch eher einer Runde zu vergleichen, in der sich alle Beteiligten Witze erzählen.

Die Zufälligkeit bei der Auswahl der nächsten Videos verstärkt diesen Effekt. Man weiß nie, welcher Witz als nächster erzählt wird: „[…]and several swipes can bring up an astounding variety of content that can be described as sincere, ironic, cringy, wholesome, offensive, makebelieve, authentic, ridiculous, confusing and everything in between.“ (Anderson, 2020: 8, siehe auch Bresnick, 2019; Zeh, 2020, Weil, 2019) Und die Witze können natürlich nacherzählt, garniert, verbessert werden. Nachdem Creators Clips oder Challenges veröffentlicht haben, wissen sie nicht, ob diese Clips z.B. durch ‚Riff-On‘ nachgemacht werden oder ‚viral‘ gehen können.

Der Algorithmus für das Zuspielen von Videos unterscheidet sich zudem von denen bei Facebook und Instagram (vgl. Zeh, 2020: 12). Die Follower spielen eine geringere Rolle als die Vorlieben der Zuschauer. Selbst wenn ein Creator wenige Follower hat, kann sein Videos schnell in die Feeds anderer Benutzer gelangen und einem großen Publikum zugespielt werden (vgl. Anderson, 2020: 8). TikTok wird damit unberechenbarer und das erwartet man auch von einem Witz (vgl. Weil, 2019).

Und wenn ein Clip langweilig erscheint, ist der nächste mit einem Wischen schon da. Facebook folgt mit seinem “thumbs up” noch der Geste im Kolosseum im alten Rom und ist dem großen Bildschirm und dem Click auf ein Symbol verhaftet. TikTok ist schon in der mobilen Welt entstanden und seinen Gesten bei der Nutzung von Smartphones. Das Wischen ist nicht anstrengend, leicht auszuführen und aktiviert doch Befriedigung bei einer Ablehnung von Clips. Der Nutzer ist ihnen nicht ausgeliefert, sondern kann sich mit einer Geste befreien, sich wie bei Tinder von ihnen verabschieden. In der realen Welt wären solche Gesten meist verletzend, auf keinen Fall “politically correct”. Man würde auf die Frage, wie gefällt Dir mein Video meistens versuchen, diplomatisch und höflich zu antworten. Hier muss man das nicht. Das befreit, befriedigt. Die kathartische Wirkung solcher Gesten ist ein weiterer Puzzlestein im Blick auf TikTok.

Die Lokalisierung von Content und Tools

Die kulturellen Unterschiede machen natürlich Anpassungen nötig. Auch wenn es eine Binsenweisheit ist: “so viel Standardisierung wie möglich, so viel Spezialisierung wie nötig“ (Koch, 2016: 81) ist und bleibt ein Gebot.

Die grundlegenden Tools wie etwa die Soundtracks, Filter, Sticker, Effekte und Hashtags müssen sich an die kulturellen und sozialen Merkmale der Zielländer und Zielgruppen anpassen.  

„Die Unterschiede liegen vor allem in dem, [wenn es um die TikTok-Nutzung geht,] was das Publikum in unterschiedlichen Ländern aktuell bewegt. Wir hören unseren Usern sehr genau zu und versuchen, auf deren Bedürfnisse einzugehen.“ (Heinrich, 2019, zitiert nach Unckrich, 2019) TikTok hatte bereits in den anderen Ländern mit der Anpassung an die lokalen Marktbedürfnisse Erfolg. Z. B. werden die Soundtracks „für jeden Markt sowohl geschmacklich als auch sprachlich angepasst“ (Wun, 2019).

In Japan bietet TikTok Soundtracks an, die speziell zum Geschmack der Nutzer passen, und hat lokalisierte Hashtag-Challenges entworfen. Die japanischen Nutzer sind vergleichsweise „schüchterner und weniger körperlich ausdrucksstark“ (ebd.). Tanzbewegungen in den Beispielvideos sind deswegen vereinfacht, um die Partizipation zu fördern. Außerdem hat TikTok in Japan mehr Gruppen-Hashtag-Challenges lanciert, sodass das Gemeinschaftserlebnis im Vordergrund steht. Die feinen Filter und vielfältigen Make-Up-Effekte auf dem japanischen Markt kommen dem Kundenbedürfnis entgegen, in den Videos “niedlich” aufzutreten.  

Im jeweiligen Zielland werden lokale Teams aufgebaut, die die Märkte mit ihren Eigenheiten kennen. In Berlin hat ByteDance im Winter 2018 die erste Niederlassung in Deutschland eröffnet. Das lokale Team beschäftigt sich mit maßgeschneiderten Inhalten. In Deutschland wurde z.B. im September 2020 der Hashtag #oktoberfest in Form des Bannerbilds auf der ‚Entdecken‘ Seite auf TikTok angezeigt. Unter der Caption „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!“  können die Nutzer trotz der Corona-Regeln den Oktoberfest online auf TikTok feiern (siehe Clip 3). Unter #CreatorsForDiversity werden Fördergelder ausgelobt und die Kunstszene wird direkt angesprochen, hier weitere Inhalte zu liefern. Es ist eine Win-Win-Situation in der Pandemie, in der die einen Fördergelder erhalten und die anderen Content und eine höhere Reichweite in einer relevanten Zielgruppe.
Das TikTok-Team in Singapur überwacht „posts on other platforms, like Facebook and Instagram, to spot upcoming trends, taking into account the local context“ (Moh, 2019). In Australien bekommen die ausgewählten Creators vorher Informationen über einige bevorstehende Hashtag-Challenges und Trends aus dem TikTok-Team und dem zuständigen Manager (vgl. Mackenzie & Nichols, 2020: 287). Konkrete Vorschläge werden ebenfalls gegeben, sodass die Creators mit Hinweisen auf erfolgreiche Narrative Clips erstellen können und weitergehend von TikTok empfohlen werden. 

Clip 3: FC BayernBasketballer wird Schuhplattler auf TikTok [Abgerufen: 08.03.2021]

„The medium is the message.“

Diese Sentenz von Marshall McLuhan zeigt sich hier besonders deutlich.
TikTok als ein neues Medium, das innerhalb weniger Jahre zahlreiche Nutzer angelockt hat und eine immer wichtigere Rolle im Alltagsleben einiger Nutzer spielt, ist selbst die Botschaft. Diese Botschaft vereint Inhalt und Technologie.

Kann man Erfolgsfaktoren von TikTok erkennen, als Zusammenfassung der drei Artikel hier sozusagen?

  • TikTok ist eine Produktionsumgebung und ein soziales Netzwerk zugleich, ein Film- und Musikstudio inklusive Bühnenauftritt vor großem Publikum. Das gab es noch nie.
  • Musik ist Trumpf. Und man muss nicht musikalisch sein, um mitmachen zu können. Rhythm is it und kombiniert selbst erbärmlichen Unsinn mit professioneller Gestaltung.
  • Die Narrative weisen Parallelen zu Witzen und kreativen Werbespots auf. Die Pointe und eine schnell zu erfassende Botschaft sind zentral.
  • Die Funktionalitäten werden rasch und kontinuierlich entwickelt und erweitert. Sie unterstützen die oben genannten Möglichkeiten. Und sie ermöglichen die Verbreitung von Vorlagen, Vorbildern und Beispielen unter anderen Vorzeichen, das Kopieren des Erfolgreichen mit eigenem Anstrich.
  • Influencer und Profis werden gefördert. Sie verleihen der Plattform Qualität. Und jeder kann sich dieser nachahmend bedienen.
  • Die Lokalisierung in Bezug auf den Content und die Steuerung von Influencern ist wichtig.
  • Jeder kann vom Tellerwäscher zum Millionär werden, jeder kann potenziell plötzlich vor ein großes Publikum treten. Der Algorithmus reagiert schnell auf Trends und neue Hashtags eröffnen plötzlich neue Welten.

„TikTok though is the towering stick falling far and fast, not caring to wait to evolve through a wriggling, cumbersome social phase, but instead asking: Why not just start showing people things and see what they do about it? Why not just ask people to start making things and see what happens? If engagement is how success is measured, why not just design the app where taking up time is the entire point? There’s no rule, in apps or elsewhere, against engagement for engagement’s sake. Let the creature grow tall and fall upon us all.“ (Herrman, 2019)


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